cover.jpg

 

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

img1.jpg

 

Nr. 2520

 

Grenzgängerin des Schleiers

 

Sie erforschen Far Away – Kristallschiffe stoßen in den Sternhaufen vor

 

Hubert Haensel

 

img2.jpg

 

Auf der Erde und den zahlreichen Planeten in der Milchstraße, auf denen Menschen leben, schreibt man das Jahr 1463 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – das entspricht dem Jahr 5050 christlicher Zeitrechnung. Seit über hundert Jahren herrscht in der Galaxis weitestgehend Frieden: Die Sternenreiche arbeiten zusammen daran, eine gemeinsame Zukunft zu schaffen. Die Konflikte der Vergangenheit scheinen verschwunden zu sein.

Vor allem die Liga Freier Terraner (LFT), in der Perry Rhodan das Amt eines Terranischen Residenten trägt, hat sich auf Forschung und Wissenschaft konzentriert. Sogenannte Polyport-Höfe stellen eine neue, geheimnisvolle Transport-Technologie zur Verfügung. Gerade als man diese zu entschlüsseln beginnt, dringt die Frequenz-Monarchie über den Polyport-Hof in die Milchstraße vor. Zum Glück kann der Angriff zumindest zeitweilig zurückgeschlagen werden.

Perry Rhodan folgt unterdessen einem Hilferuf der Terraner in das in unbekannter Weite liegende Stardust-System. Auch dort existiert ein Polyport-Hof und wird von der Frequenz-Monarchie bedroht; zugleich droht der Stardust-Menschheit eine andere Gefahr: Der schützende Kokon um ihre neue Heimat löst sich auf. Dies beobachtet unter anderem die GRENZGÄNGERIN DES SCHLEIERS ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Timber F. Whistler – Der Administrator muss sich in einer schweren Krise bewähren und kann dabei auf erfahrene Hilfe bauen.

Perry Rhodan – Der Terraner bringt offenbar die Ereignisse in Bewegung.

Conail Skali – Die Grenzgängerin des Sextadim-Schleiers wird mit einer neuen Bedrohung konfrontiert.

Dr. Kom Agonis – Der epsalische Mineraloge, Grabungstechniker und Kosmo-Historiker stößt auf gefährliche Edelsteine.

Makron – Ein Unither wird Zeuge einer gefährlichen Materialisation.

1.

Grenzgängerstation Sionis

 

Die Sterne waren da.

Conail Skali blinzelte, doch das Bild blieb. Das Ortungsholo zeigte Milliarden Sonnen, und mit jeder Sekunde wurden es mehr – ein ganzes Universum, wie es prächtiger kaum sein konnte.

Skali genoss das Bild der Sterne.

Bisher war ihre Welt sehr überschaubar gewesen: die Sonne Stardust mit zweiundzwanzig Planeten und die Sterne von Far Away. Darüber hinaus – nichts. Der Rand des Kugelsternhaufens zugleich das Ende dieser kleinen Welt.

Endlich stand der Stardust-Menschheit das Universum offen.

Conail Skali, die Grenzgängerin, war mittendrin.

Ihr Herzschlag raste, ein flaues Gefühl breitete sich in ihrer Magengegend aus. Sie blinzelte gegen den Schweiß an, der in ihren Augen brannte.

Ungläubig und fasziniert zugleich schüttelte sie den Kopf.

Schrei, Conail! Verschaff dir endlich Luft! Lass es dieses Universum hören, dass du da bist!

Die Abgeschiedenheit von Far Away endete. Die unheimliche Barriere löste sich auf und ein neues Zeitalter brach herein ...

Der Frau, die Zeugin all dessen wurde, kam nicht einmal ein Krächzen über die Lippen.

Dicht gedrängt standen die fremden Sonnen. Zwischen ihnen brodelten die Emissionen von ionisiertem Wasserstoff.

Eine riesige Galaxis, erkannte die Grenzgängerin. Die Frage ist nur: Wo liegt dieses Meer aus Sternen?

Endlich zeigten die Holos intergalaktischen Leerraum. Und sofort wieder junge Sonnen und verklumpte Strukturen, die für Sternentstehungsgebiete typisch waren.

Hat ES uns tief in die Vergangenheit geführt? In eine Zeit, als die Galaxien noch jung ...? Skali erschrak. Nicht weiterdenken! Das sind verrückte Spekulationen.

 

*

 

»Die Ortung wird deutlicher ...«

»Sie zeigt einen Ring aus Sternen. Das müssen einige hundert Milliarden Sonnenmassen sein.«

Die Stimmen hinter den Aggregaten, nur wenige Meter von Skali entfernt, verstummten wieder.

Der markante Bass gehörte Bertom Snookes, dem Astrophysiker. Und die andere? Sie war unschwer als jene Wake DaFurs zu identifizieren, dessen Berufung der eher abstrakte Fachbereich der Sextadim-Theorie war und der sich in seinen sonstigen Ansichten ebenso abstrakt präsentierte. In den letzten Wochen hatte Skali eine gewisse Geschicklichkeit entwickelt, DaFur aus dem Weg zu gehen. Ihre Zusammentreffen arteten regelmäßig zu Streitgesprächen aus, und sie schätzte das ganz und gar nicht.

Skali ignorierte die Nähe der beiden Männer. Allein, nur mit der Positronik als Partner, arbeitete sie effektiv. Das hatte sie mit DaFur gemeinsam; in dieser Hinsicht waren sie einander sehr ähnlich. Nur ihre Ansichten liefen konträr. Der Theoretiker behauptete seit jeher, jenseits der Schleier-Barriere müsse ein unüberschaubares Sternenmeer liegen, erfüllt von pulsierendem, überraschend fremdartigem Leben.

Achtunddreißig Wissenschaftler und Hilfskräfte arbeiteten derzeit in der Station auf Sionis, nur dreieinhalb Lichtwochen von der Barriere entfernt. Dreizehn Frauen, fünfundzwanzig Männer, darunter zwei Jülziish. Die Einsamkeit am Ende der bisherigen Welt war allgegenwärtig.

»Eine Ringgalaxis! Sieh dir das an, Bertom – es kann gar nicht anders sein.«

DaFur wusste wieder einmal alles. Jedes Detail kannte er wie üblich im Voraus, oder er bildete sich wenigstens ein, es zu kennen. Skali versuchte, seine Stimme zu ignorieren. Allerdings ertappte sie sich dabei, dass sie plötzlich sogar angespannt lauschte.

»Die Wiedergabe ist eindeutig«, behauptete DaFur. »Far Away befindet sich knapp am Rand der Ringstruktur, aus unserer Sicht unterhalb der galaktischen Hauptebene.«

Die Positronik blendete Falschfarben ein, um die räumliche Darstellung zu verbessern.

»Offenbar bereitet die Unterscheidung zwischen dem Ring als solchem und einzelnen Hintergrundobjekten noch Schwierigkeiten«, sagte Snookes in seinem sonoren Tonfall. »Ich vermute, dass viele bisherige Messungen Fehler aufweisen. Mag sein, dass die Barriere zwar zusammenbricht, aber noch nicht in jeder Hinsicht durchlässig ist. Dadurch werden die Ortungen beeinflusst, Materie kann womöglich erst später passieren.«

»Trotzdem werden wir die Position von Far Away bald berechnen können.«

»Eine Ringgalaxis ...«, dozierte der Astrophysiker. »Sonderfall nach einer Kollision, wenn eine Spiralgalaxis zentrumsnah von einer anderen durchstoßen wurde. Die Schwerkraft beider Zentrumsbereiche addiert sich und übt eine starke Anziehung auf die äußere Materie aus. Sobald sich der Eindringling nach der Kollision ausreichend weit entfernt hat, erlischt die zum Mittelpunkt hin gerichtete zusätzliche Kraft. Doch alle beschleunigten Masseanteile – Sonnensysteme, Nebel, Wolken – sind für ihre bisherigen Umlaufbahnen zu schnell geworden. Zwangsläufige Folge ist eine nach außen gerichtete Verdichtungswelle.«

Conail Skali kaute auf ihrer Unterlippe. Ein Ring aus Sternen also, irgendwo im All. Sie fragte sich, wie viele solcher Objekte in den terranischen Katalogen aufgeführt sein mochten.

»Der Ring weitet sich konzentrisch aus«, hörte sie Snookes reden. »Dabei geht die Verdichtung des interstellaren Gases einher mit verstärkter Neubildung von Sternen. Die Ausdehnung endet erst, sobald der Bewegungsimpuls durch die Schwerkraftwirkung aufgezehrt wird. Dieser Prozess nimmt im Allgemeinen Hunderte von Jahrmillionen in Anspruch.«

Ein Hinweis? Womöglich. Aber wollte Skali die Antwort wirklich erfahren? Sie wandte sich wieder dem Hyperkom zu. Was immer im Randbereich von Far Away geschah, die Administration und das Parlament mussten davon erfahren.

Bislang gab es keinen Funkkontakt nach Stardust City. Die nächstgelegenen Stationen der Hyperfunk-Relaisbrücke reagierten nicht. Von der Barriere ausgehende Störfronten mochten die Ursache sein.

Vielleicht wurde die Meldung trotzdem empfangen.

Skali stutzte. Hatte sie Snookes eben von Schwerkraftexplosionen reden hören? Sie versteifte sich.

»Es sind starke energetische Entladungen!« DaFurs Ruf hallte durch die Zentrale. »Gerichtete Schwerkraftfronten. Die Peaks sind charakteristisch.«

»Gravitationswaffen ... oder vergleichbare Systeme«, behauptete eine dritte Stimme. Skali erkannte den Analytiker Sörenssen. »Jemand versucht, mit gerichtetem Vernichtungsvektor einen Aufriss in der Barriere zu erzeugen.«

»Und wozu ein solcher Aufwand, wenn der Schleier ohnehin zusammenbricht?«

»Weil Materie die Grenzschicht vielleicht noch nicht überwinden kann.«

»Demnach hat es jemand verdammt eilig, in den Sternhaufen vorzustoßen.«

»Die Entfernung beträgt wenig mehr als zwei Lichtjahre.«

»Können wir Einzelheiten erkennen?«

»Nur die wechselnden Schwerkraftfronten.«

Conail Skali kannte die jüngste galaktische Geschichte nur aus den Datenbanken. Als Kind von knapp zehn Jahren hatte sie miterlebt, wie die Verbindung zur Heimat zusammengebrochen war. Nun war sie 126 Jahre alt. An ihre frühe Kindheit erinnerte sie sich bestenfalls vage, die Sonne Sol und ihre Planeten bedeuteten ihr kaum etwas. Nicht einmal Terra selbst.

Trotzdem hatte sich die Furcht in ihre Erinnerung eingebrannt. Für das Mädchen Conail waren die Angreifer der Terminalen Kolonne damals gesichtslos geblieben, aber ihre stetig wiederholten Attacken auf den systemumspannenden Schutzschirm waren nicht spurlos an ihr vorbeigegangen.

Hunderttausende Raumschiffe ... schwerste Waffensysteme ... Stand nun wiederum ein Angriff bevor?

Skali widmete sich dem Hyperkom. Innerlich bebend versuchte sie, eine Verbindung ins Stardust-System herzustellen.

Endlich Kontakt. Ein rotbärtiges Gesicht blickte sie an. Der Springer redete, aber nicht ein Ton war zu hören. Nach wenigen Sekunden floss das Gesicht auseinander.

Dann kam der Ton. »Empfang mit Stör... Grenz... ionis, bitte wiederhol...«

2.

17. Januar 1463 NGZ, 14.25 Uhr

Polyport-Hof NEO-OLYMP

 

Die Situation hatte etwas Unwirkliches. Whistler reizte sein teils robotisches Sehvermögen bis zum Äußersten aus. Er fixierte die beiden unterschiedlichen Wesen, die den Obelisken verlassen hatten.

»Das muss ein Haluter sein!«, hörte er einen der Soldaten sagen, die entlang des Transportkamins in Stellung gegangen waren. »Icho Tolot, oder? Und der andere ... ein Terraner?«

Nicht einfach nur ein Terraner. Der Administrator der Stardust-Union wusste es besser. Der andere war Perry Rhodan!

Rhodan trug einen SERUN. Noch hatte er den Helm geschlossen. Aber Whistler sah das Gesicht hinter der kugelförmig aufgeblähten Folie lächeln. Die Lippen wirkten ein wenig spröde und schlecht durchblutet.

Als hätte er sie eben noch vor Anspannung fest aufeinandergepresst.

Natürlich. Rhodan konnte nicht gewusst haben, was ihn bei seiner Ankunft erwartete. Womöglich hatte er befürchtet, NEO-OLYMP von den Angreifern überrannt vorzufinden.

Die winzige Narbe an seinem rechten Nasenflügel zeichnete sich hell von der gebräunten Haut ab. Und Rhodans blaugraue Augen ... für einen Moment hatte Whistler den Eindruck, dass der Aktivatorträger seinen forschenden Blick erwiderte.

Sie kannten einander von mehreren Empfängen in der Solaren Residenz in Terrania und von Symposien auf Olymp. Aber das war vor dem Einfall der Terminalen Kolonne in die Milchstraße gewesen und lag lange zurück. Rhodan musste sich fragen, wieso er, Whistler, überhaupt noch lebte. Ein Alter von 237 Jahren in vergleichbarer Verfassung wie er zu erleben war keineswegs der Regelfall.

Interessierten den Terraner solche Nebensächlichkeiten überhaupt?

Whistlers Überlegungen jagten einander.

Es sieht nicht danach aus, als sei Terra der Terminalen Kolonne zum Opfer gefallen! Er spürte deshalb Erleichterung, dennoch wurde seine Besorgnis nicht kleiner. Aber es gibt wohl nirgendwo »das Paradies«, in dem wir unbehelligt leben können.

Rhodan öffnete den Helm und schob ihn in den Nacken zurück. Der Terraner entspannte sich merklich.

Sein Blick schweifte in die Runde. Allerdings galt er nicht einen Moment lang der Einrichtung von NEO-OLYMP, sondern er ruhte auf den Raumsoldaten und den Kampfrobotern. Ein leichtes zufriedenes Nicken war Rhodans einzige Reaktion.

Er kennt das Transportsystem der Höfe!, erkannte Whistler.

Der Administrator ging den beiden Ankömmlingen entgegen. Er fragte sich, ob sie direkt aus der Milchstraße gekommen waren oder auf dem Umweg über andere Höfe.

Vielleicht wäre es besser, sie zurückzuschicken. Was auch geschehen sein mag, wir müssen Stardust aus diesen Auseinandersetzungen heraushalten. Terra zieht Bedrohungen an wie ein Magnet Eisenspäne. Das war immer so.

Eine späte Einsicht. Whistler wusste das nur zu gut. Und egal, welches Unheil sich über den Siedlern zusammenbraute, sie hatten wahrscheinlich nie die Chance gehabt, dem zu entgehen. Die Bedrohung durch die Frequenz-Monarchie war ihnen erst durch die Aktivierung des Polyport-Hofes bekannt geworden, den Sean Legrange im Eis des Zeus-Mondes Krian entdeckt hatte.

Whistler fragte sich, was ES davon wusste.

Vielleicht mehr, als wir bislang glauben wollten. Die Bitterkeit dieser Erkenntnis brach mit voller Wucht in ihm auf.

Vorbei der Traum vom schönen Utopia?

Die Niederungen des Lebens hatten die Stardust-Menschheit endgültig eingeholt.

 

*

 

Der Obelisk, der in drei Teilen durch den Transferkamin gekommen war und sich scheinbar selbsttätig zusammengefügt hatte, war offensichtlich ein Raumschiff. Timber F. Whistler schätzte, dass die Seitenlänge des Objekts an der Basis gut dreißig Meter betrug. Die Gesamthöhe lag zwischen siebzig und achtzig Metern. Tolot, der sich nur wenige Schritte von der offenen Bodenschleuse entfernt hatte, bot dem Administrator einen guten Größenvergleich.

Whistler ging an den Soldaten vorbei. Er ignorierte Legranges Geste, die ihn zur Vorsicht mahnte. Hatte denn außer ihm noch niemand Rhodan erkannt?

Die Soldaten waren im Stardust-System geboren, ebenso Vizeadmiral Lexa und Verteidigungsminister Legrange. Sie kannten die Liga Freier Terraner und den Residenten nur aus den Geschichtsarchiven. Vor allem waren sie in der festen Überzeugung aufgewachsen, niemals mit den Menschen der Milchstraße konfrontiert zu werden.

Niemals ... So schnell veränderten sich Gegebenheiten. Whistler ignorierte seine aufkommende Bitterkeit.

Rhodan hielt inzwischen ein flaches elfenbeinfarbenes Gerät auf der linken Handfläche. Mit zwei Fingern berührte er das an den Ecken abgerundete Gebilde. Eine Holoprojektion baute sich darüber auf.

Whistler nickte Tolot zu und wandte sich an den Terraner. »Resident, ich bin überrascht. Niemand hätte für möglich gehalten ...«

Rhodan verzog die Mundwinkel. Ohne von dem sich verändernden kleinen Holo aufzusehen, winkte er heftig mit der Rechten ab. Mit dem ausgestreckten Zeigefinger tippte er in das Display.

Weitere Darstellungen entstanden in rascher Folge, veränderten sich und erloschen. Whistler vermutete, dass er die Bestätigung von Schaltvorgängen sah und dass diese mit dem Transferkamin im Zusammenhang standen.

Verfügte Rhodan über ein Steuergerät für den Polyport-Hof?

Fragend schaute der Administrator zu Tolot auf. Der vierarmige Riese mit der schwarzen Haut und dem roten Kampfanzug überragte ihn um mehr als eineinhalb Meter. Tolot entblößte seine Kegelzähne zu einem vieldeutigen Grinsen.

»In Ordnung«, sagte Rhodan, und Whistler hörte deutlich, dass Erleichterung in seiner Stimme mitschwang. »Jetzt können wir uns unterhalten. Ich habe den Transporthof gesperrt.«

»Du hast ...« Whistler verstummte sofort wieder. Er hatte sich also nicht getäuscht. Rhodan beherrschte die Funktionen von NEO-OLYMP.

Der Terraner ließ das kleine Gerät in einer Außentasche seines SERUNS verschwinden. Lächelnd streckte er Whistler die Hand entgegen und kniff die Brauen ein wenig zusammen. Es war ein forschender Blick, mit dem er sein Gegenüber nun musterte, aber auch Besorgnis drückte sich darin aus.

»Administrator Whistler, nehme ich an. Timber F. Whistler. Ich entsinne mich – wir sind uns mehrmals begegnet. Doch das liegt lange zurück.«

»In der Tat.«

Der Administrator ergriff die ihm dargebotene Hand. Er ärgerte sich über seine Bemerkung. Sie war seinem Zwiespalt entsprungen. Mit Rhodans Anwesenheit kehrten die Geister der Vergangenheit zurück. Viele Fragen brannten ihm auf der Zunge, doch er sprach sie nicht aus. Erst galt es, das Naheliegende zu klären.

Rhodans Händedruck dauerte vielleicht ein klein wenig zu lange. Als gälte es für ihn, eine Schuld abzutragen.

»Dein Notruf wurde im Solsystem empfangen. ›Im Auftrag von Administrator Whistler ...‹ Ich war mir nicht schlüssig, ob ich dich oder einen deiner Nachkommen zu sehen bekommen würde. Offenbar trägst du einen der von ES verheißenen Zellaktivatoren. Und das schon seit den ersten Jahren. Gratula...«

»Keiner der Aktivatoren wurde bislang gefunden«, unterbrach Whistler entschieden. »Ich gehöre allerdings zu jenen, die das Glück hatten, vom goldenen Funkenregen getroffen zu werden.«

»Vom goldenen Funkenregen?« Rhodan zog die Stirn in Falten.

»Diese Erscheinung hält den Alterungsprozess an.«

»Vielleicht eine Art Zelldusche? Hat ES damit zu tun? Wir sollten rasch alle Informationen austauschen.«

Rhodan merkte offenbar, dass Whistler seinerseits auch zu Fragen ansetzte. Die Menschen im Stardust-System interessierte ein Überblick über die jüngste Geschichte der Milchstraße.

»Die Negasphäre in Hangay konnte verhindert werden«, berichtete der Unsterbliche. »Die Retroversion erfolgte schon ein Jahr nach dem Exodus der Stardust-Siedler. Terra und das Solsystem wurden von den Angreifern nicht überrannt. In der Milchstraße hat eine neue Epoche der Zusammenarbeit begonnen; es gibt wieder ein Galaktikum, das diesen Namen auch verdient.«

Whistler nickte knapp. Er war erleichtert, das zu hören. »Die Terminale Kolonne ...?«

»TRAITOR hat das Interesse an uns damals sehr schnell verloren.«

Whistler wandte sich um. Seine geschärften Sinne verrieten ihm, dass Legrange und Lexa zu ihm aufschlossen. Er machte die beiden mit Rhodan und dem Haluter bekannt.

»Weiß Terra mehr über die Frequenz-Monarchie?«, fragte Legrange. »Immerhin haben wir es bislang nicht geschafft, das Transportsystem in Betrieb zu nehmen.«

»An Bord von MIKRU-JON können wir alles besprechen«, sagte Tolot in einer Lautstärke, die Whistler schmerzhaft das Gesicht verziehen ließ.

 

*

 

Kaum hatte er die Bodenschleuse des Obeliskschiffs betreten, fühlte Whistler sich beobachtet. Es war ein eigenartiges Gefühl, das er sich nicht erklären konnte. Zugleich empfand er eine wohlige Geborgenheit, als sei ihm dieses Schiff längst vertraut.

Wie beiläufig streifte er mit den Fingern über die Wand, während er neben Rhodan im zentralen Antigravschacht in die Höhe schwebte. Warm fühlte sie sich an und irgendwie weich, völlig anders als an Bord eines Kugelraumers. An seinen Empfindungen änderte diese Feststellung nichts.