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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

Epilog

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2585

 

Der Tanz der Vatrox

 

Er durchlebt die Qual der Unsterblichkeit – ein Vatrox kämpft gegen den Tod

 

Frank Borsch

 

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In der Milchstraße schreibt man das Jahr 1463 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – das entspricht dem Jahr 5050 christlicher Zeitrechnung. Seit einiger Zeit tobt der Kampf um die Polyport-Höfe, der mehrere Galaxien umspannt.

Die sogenannten Polyport-Höfe sind Zeugnisse einer längst vergangenen Zeit, mit denen sich gigantische Entfernungen überbrücken lassen. Als die Frequenz-Monarchie aus einem jahrtausendelangen Ruheschlaf erwacht, beanspruchen ihre Herren, die Vatrox, sofort die Herrschaft über das Transportsystem und mehrere Galaxien.

Die Terraner und ihre Verbündeten wehren sich erbittert – und sie entdecken die Achillesferse der Vatrox. Rasch gelingen ihnen entscheidende Schläge in der Milchstraße sowie in Andromeda. Allerdings sind damit nicht alle Gefahren beseitigt. Mit den Vatrox hängen zwei rivalisierende Geisteswesen zusammen, die weitaus bedrohlicher für die Menschheit sind.

Gleichzeitig droht eine weit schlimmere Gefahr: der Tod von ES, jener Superintelligenz, mit der Perry Rhodan und die Menschheit auf vielfältige Weise verbunden sind. Rhodan muss anscheinend das PARALOX-ARSENAL finden, um ES helfen zu können – aber dazu gibt es bisher keine verwertbare Spur. Gleichzeitig entbrennt unter den Gegnern der Terraner ein interner Streit – und es beginnt DER TANZ DER VATROX …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Sinnafoch – Der Frequenzfolger erwartet die Beichte seines Gegners.

Vastrear – Der Vatrox offenbart die Geheimnisse seiner Leben.

Equarma – Die Vatrox schätzt ihre Freiheit höher als ihr Leben.

Prolog

Satwa

 

»Du bist ein Monstrum, Vastrear!«, brüllte Sinnafoch.

Er saß breitbeinig auf dem am Boden liegenden Vatrox und drückte ihn mit seinem Gewicht gegen den Boden des Gen-Labors. Die Waffe Sinnafochs war entsichert, eine bloße Handbreit trennte die Mündung des Laufs vom Gesicht Vastrears.

Sie hatten keine Chance, Vastrear zu retten.

Nicht der Genetiker Lashan, der zu dem ermordeten Klon gerannt war und fassungslos über der Leiche seiner Schöpfung kniete.

Nicht Bhustrin, Vastrears Kriegsordonnanz. Das semitransparente Wesen war schneller als ein Roboter, aber selbst Bhustrin konnte seinen Herrn nicht erreichen, bevor Sinnafoch abdrückte.

Nicht Satwa, die den beiden Vatrox am nächsten stand, denn sie war wie betäubt. Keineswegs wegen der Morde an Kruuper und dem Klon, deren sie Zeuge geworden war, sie war nichts anderes von den Vatrox gewohnt. Sondern wegen des Schmerzes, den Sinnafoch und Vastrear empfanden.

Vatrox kannten kein Mitgefühl.

Eigentlich.

Aber die Trauer um Kruuper, einen plumpen Okrivar mit Sprachfehler, hatte eine rasende Wut in Sinnafoch entflammt.

Und Vastrear trauerte um einen misslungenen Klon. Ein Kunstwesen ohne Wert, jederzeit millionenfach reproduzierbar.

»Kannst du mir einen Grund nennen, weshalb ich dich am Leben lassen soll?«, verlangte Sinnafoch.

Der Lauf des Strahlers zitterte bei diesen Worten.

Vastrear sah in die Mündung der Waffe. In seinem Blick lag ein verträumter Ausdruck, als betrachte er selbstvergessen ein Kunstwerk, gäbe sich seiner Schönheit hin. Als habe er vergessen, dass er dem Tod ins Auge blickte – einem Tod ohne Wiederauferstehung. Kein Klon-Körper würde darauf warten, Vastrears Vamu aufzufangen.

»Equarma«, sagte der Vatrox. Leise und voller Wehmut.

»Ein Klon?« Sinnafoch ruckte mit dem Kopf herum, deutete auf die Stelle, an der die Leiche des Klons in seinem Blut lag. »Ein toter Klon? Du musst dir schon einen besseren Grund einfallen lassen, Vastrear.«

Die Entgegnung kam ohne Zögern. »Dann schieß! Mach ein Ende! Ich habe keinen besseren Grund zu bieten.«

Sinnafoch straffte sich. Er streckte den linken Arm aus, umfasste den Strahler mit beiden Händen, als fürchte er, er könne das Ziel verfehlen. Er beugte sich vor, drückte den Lauf gegen die Stirn Vastrears und sagte: »Nein, so einfach kommst du mir nicht davon. Erzähl mir von Equarma!«

Vastrears Augen weiteten sich, sein Blick fixierte kurz Sinnafoch. Dann löste er sich, ging in die Ferne – und Vastrear erzählte …

1.

Galaxis Bra-Nok-Zo,

9,79 Millionen Jahre zuvor

 

»Was ist los, Lough? Was soll ich hier unten?«

Der Sand Voidurs knirschte unter Frequenzanwärter Vastrears Sohlen, als er aus der Schleuse des Schlachtlichts trat.

»Ich will dir etwas zeigen«, antwortete die Ordonnanz.

»Hier?« Vastrear drehte sich langsam auf dem Absatz. Das Landefeld des Raumhafens war eben, der Beton schimmerte grünlich im Licht der Sonne. Die Fläche war verlassen. »Ich sehe nicht, was es hier zu sehen geben könnte. Und selbst wenn, wieso holst du mich aus der Zentrale? Wozu gibt es Kameras?«

»Du würdest den Bildern nicht trauen.«

»Du hast es nicht versucht. Außerdem ist dein Bericht überfällig.«

»Den werde ich dir auf der Fahrt geben.« Die Ordonnanz klopfte mit der flachen Hand gegen den Rumpf des Bodenfahrzeugs, an das sie sich lehnte. Lässig. Beinahe herausfordernd. Und unpassend zu seiner Erscheinung.

»Schrumpf-Vatrox« hatten die Frequenzanwärter auf der Akademie sie abfällig genannt. Die Ordonnanzen sahen aus, als hätte man einen Vatrox genommen, ihn ausgetrocknet, bis der letzte Tropfen Wasser aus ihm geschwunden und er auf die Größe eines Kleinkinds geschrumpft war. Anschließend schien man ihn in ein Säurebecken gelegt zu haben, das ihn zwar wieder wässerte, aber dafür die Farbe seines Körpers ausgeblichen hatte, bis sie beinahe durchsichtig wurde.

Es war ein Scherz gewesen, ein Ausdruck des Unbehagens der jungen Vatrox mit den Begleitern, die man ihnen zugeteilt hatte, doch nicht so weit von der Wahrheit entfernt, wie man hätte vermuten sollen.

»Wohin fahren wir?«, fragte Vastrear.

»Das wirst du auf der Fahrt sehen.«

Eine unmögliche Antwort. Er, Frequenzanwärter Vastrear, war der Herr. Lough, die Ordonnanz, war sein Diener. Auch wenn dem Jungspund Vastrear die Erfahrung fehlte, wie Lough nicht müde wurde zu betonen.

Darauf kannst du lange warten!, wollte der Vatrox versetzen, aber seine Induktivzelle hielt ihn zurück.

Steig ein!, riet ihm der Freund, der in seinen Gedanken wohnte und ihn niemals im Stich ließ. Etwas stimmt hier nicht. Und Lough hat die Erfahrung, die dir noch fehlt.

Aber er ist anmaßend!, protestierte Vastrear. Er missachtet mich!

Ja. Aber das wird nicht von Dauer sein. Du wirst Gelegenheit bekommen, ihn in seine Schranken zu weisen.

Vastrear gab sich einen Ruck, überwand seinen Trotz. »In Ordnung. Fahren wir.«

Der Vatrox stieg ein. Das Fahrzeug war ein einfacher Bodengleiter. Zivilversion. Keine Bewaffnung, und sein Prallschirm hielt nur festen Objekten stand. Voidular-Strahler würden ihn durchschlagen.

Die Ordonnanz schien es nicht zu kümmern.

Vastrear beschloss, dass es ihn ebenfalls nicht kümmerte.

Lough fuhr an. Das Fahrzeug glitt über das Landefeld, der Stadt der Voidular entgegen, die sich am Horizont abzeichnete. In ihrer Spur stieg eine Schleppe aufgewirbelten Staubs in den Himmel, was auch dem begriffsstutzigsten Voidular ihre Annäherung unmissverständlich mitteilen würde.

Wäre Vastrear in einem der Simulations-Manöver auf der Akademie derart fahrlässig vorgegangen, man hätte ihn ausgeschlossen.

»Dein Bericht?«, verlangte Vastrear.

»Das Voidur-System ist in unserer Hand. Die Flotte der Voidular ist vor unserem Verband geflohen, ohne sich zu widersetzen. Wir haben keine Verluste.«

»Gut.« Und Vastrear bereits bekannt. Wieso also diese Fahrt? Ihre Aufgabe war doch erledigt. Das hieß: beinahe. »Wo ist ihr Anführer? Fahren wir zu ihm?«

»Nicht direkt.«

»Was soll das heißen? Wie …«

»Sieh dich um!«

Vastrear tat, wie die Ordonnanz ihm befahl, und ärgerte sich gleichzeitig darüber. Wer gab hier die Befehle?

Sie hatten ungefähr den halben Weg zur Stadt zurückgelegt. Ihre Silhouette war wenig beeindruckend, eine Ansammlung niedriger Kuppeln. Das Landefeld selbst war leer. Bis auf die KAPHSURN, das Flaggschiff des Verbands, der Vastrears erstes Kommando darstellte, und einen Voidular-Raumer, der einsam auf dem Beton verrottete. Er war ein Wrack, ein ausgeschlachtetes Gerippe.

Das war alles. Auf einem Landefeld, ausgelegt für Hunderte von Schiffen.

»Die Führung der Voidular hat sich abgesetzt?«, riet Vastrear.

»Möglich«, antwortete Lough, ohne den Frequenzanwärter anzusehen. »Wahrscheinlich. Es scheint eine Konstante des Universums zu sein, dass sich die Oberen als Erste aus dem Staub machen, wenn ein Schiff sinkt.«

»Und wenn! Die Anführer der Voidular haben sich mit ihrer Flucht selbst diskreditiert. Wir finden neue Anführer und verhandeln mit ihnen. Sie werden einsichtig sein.«

»Das übliche Verfahren.«

»Ja. Was soll daran falsch sein?«

»Es geht hier nicht.«

»Wieso?«

»Das eben will ich dir zeigen.«

Der Gleiter ließ das Landefeld hinter sich, drang in die Ausläufer der Voidular-Stadt ein. Die Kuppeln erwiesen sich aus der Nähe als Ansammlungen von Hügeln. Lehm, vermutete Vastrear. Mit Wasser vermengter Sand, in diesem merkwürdig fahlen, aber doch starken grünen Sonnenschein gebacken und zusammengefügt.

Über die Hügel verteilt waren Löcher. Ihre Anordnung folgte keinem offensichtlichen Prinzip, keiner Planung. Gemeinsam hatten sie nur ihren geringen Umfang. Lough hätte wohl in eines kriechen können. Was sich selbst anging, hatte Vastrear Zweifel. Die Löcher – Fenster? Zugänge? Oder beides in einem? – lagen teilweise in beträchtlicher Höhe. Vastrear konnte weder Treppen noch Leitern noch andere Vorrichtungen erkennen, die dazu gedient hätten, die Öffnungen zu erreichen.

Antigravvorichtungen? Möglich, aber unwahrscheinlich. Den Voidular war ein gewisser Stand der Technik nicht abzustreiten, aber er ließ sich in keiner Weise mit dem der Frequenz-Monarchie messen.

Die Lösung mochte ganz einfach sein: Die Voidular mussten aus eigener Kraft an die Öffnungen gelangen. Es wäre Vastrear ein Leichtes gewesen, seine Vermutung zu überprüfen, wenn er endlich einen Voidular zu Gesicht bekäme … aber das geschah nicht. Die Stadt war ebenso verlassen wie das Landefeld.

»Sie haben sich verkrochen«, stellte der Vatrox fest.

»So ist es«, bestätigte Lough.

»Dann holen wir sie eben aus ihren Löchern.«

»Das haben wir bereits versucht. Die Voidular bringen sich um, sobald sie einen Darturka sehen. Wie, können wir bislang nicht sagen, aber wir vermuten, dass sie ihr Leben willentlich beenden können.«

»Wozu sollte das gut sein?«

Lough gab keine Antwort. Die Ordonnanz steuerte den Gleiter tiefer in die Hügel-Stadt. Nirgends war eine Bewegung auszumachen.

Vastrear dachte nach. Was jetzt? Voidular gehörte ihnen. Sie konnten damit anstellen, was sie wollten. Nur: Deshalb waren sie nicht hier. Sie waren weder als Eroberer noch als Zerstörer gekommen. Sie hatten kein Interesse an Voidur selbst, die Frequenz-Monarchie brauchte die Voidular. Was aber, wenn ein Volk sich dem Kontakt verwehrte?

Lough hielt auf einem großen Platz an. Mehrere miteinander verbundene Hügel säumten seinen Rand; die größten, die Vastrear bisher gesehen hatte. Ein Verwaltungszentrum, vielleicht sogar der Regierungssitz. Er würde ebenso verlassen sein wie der Rest der Stadt.

Lass dich nicht beirren!, meldete sich Vastrears Gedankenfreund. Du musst die Voidular eben zu ihrem Glück zwingen!

Wie das, wenn ich nicht einmal einen einzigen zu Augen bekomme?

Nur weil wir die Voidular nicht sehen, heißt das nicht, dass sie uns nicht sehen.

Und?

Zwing sie aus ihren Verstecken. Stell ihnen ein Ultimatum. Gib ihnen einen Tag, sich zu zeigen. Weigern sie sich, vernichte den äußersten Planeten des Systems. Weigern sie sich weiter, den zweitäußersten … und so weiter.

Aber … aber das wäre Mord!

Dazu wird es nicht kommen. Die Voidular werden nachgeben, du wirst sehen.

Und wenn nicht?

Wirst du tun, was du tun musst. Andere Völker werden genau registrieren, was geschieht. Sie werden einsichtiger sein als die Voidular. Auf lange Sicht wirst du damit unzählige Leben retten.

Vastrear vertraute seinem Gedankenfreund. Sein Urteil war so sicher wie das Loughs, aber die Induktivzelle war nie anmaßend zu ihm wie die Ordonnanz. Ja, ein Ultimatum war die Lösung. Die einzige Lösung. Er durfte sich nicht von kleinlichen moralischen Erwägungen in seiner Entscheidungsfreiheit einschränken lassen. Die Flotte setzte große Erwartungen in ihn, Vastrear. Er durfte sie nicht enttäuschen.

»Lough?«

»Ja?«

»Wir stellen den Voidular ein Ultimatum. Sie haben einen Tag, sich zu zeigen, dann …«

Eine Stimme unterbrach ihn. »Ich glaube, das wird nicht nötig sein.«

Sie gehörte nicht der Ordonnanz.

Vastrear fuhr herum und sah zum ersten Mal Equarma Inalter.

 

*

 

Sie war eine Vatrox.

Sie leuchtete.

Die Frau trug einen Overall. Er lag eng an wie eine zweite Haut. Und er war durchsichtig wie die Haut der Ordonnanz. Doch die Haut der Frau war tiefschwarz.

Sie glänzte.

Über die Haut zogen sich Muster. Die Wirbel leuchteten sanft, wie die fernen Sterneninseln, die Vastrear manchmal vom Observatorium der KAPHSURN aus betrachtete und sich ausmalte, welche wundersamen Lebewesen sie wohl bevölkern mochten.

»Wer bist du?« Lough brüllte es.

Mit einem Satz war er zwischen Vastrear und der Frau, versperrte ihr den Weg zu dem Frequenzanwärter. Er hielt den Strahler auf sie gerichtet. Die Spitze des Laufs glühte rot. Die Waffe war entsichert.

»Equarma Inalter«, sagte die Frau. Ruhig, als bemerke sie die Bedrohung nicht.

Vielleicht war es so. Ihr Blick war fest auf Vastrear gerichtet. Ihre Augen waren groß und orange wie flammende Sonnen.

»Und wie kommst du hierher?«, brüllte Lough noch lauter. Die Ruhe Equarmas irritierte ihn zweifellos. Er war es gewohnt, dass man ihn fürchtete. Er war eine Ordonnanz. Manchmal, wenn er glaubte, dass Vastrear es nicht hörte, nannte er sich sogar stolz Kriegsordonnanz.

»Wie ihr. Mit einem Raumschiff. Nur einige Flüge vor euch, vermute ich.«

»Das ist unmöglich! Unser Verband ist der erste, der in das Voidur-System vorgestoßen ist!«

»Der erste der Frequenz-Monarchie«, entgegnete Equarma. »Die Voidular praktizieren bereits seit einigen Jahrzehnten die interstellare Raumfahrt. Ich bin mit einem ihrer Schiffe gekommen.«

Lough zielte weiter auf ihren Kopf. »Was machst du hier?«

»Ich lebe seit zwei Jahren auf Voidur – und was macht ihr hier?«

Die Ordonnanz ignorierte die Frage. »In den Aufzeichnungen der Flotte ist von keinen Vatrox auf Voidur die Rede!«

»Und?« Equarma neigte den Kopf, sah zum ersten Mal die Ordonnanz an. »Glaubst du etwa, in den Aufzeichnungen der Flotte alle Geheimnisse des Universums zu finden?«

»Du … du …!« Der Lauf der Waffe schwankte, als Lough vor Wut erbebte.

Vastrear beugte sich vor und legte eine Hand auf die Schulter der Ordonnanz. »Es ist gut. Steck den Strahler weg!«

Lough gehorchte. Sein Arm bewegte sich langsam, als traue die Ordonnanz ihren eigenen Sinnen nicht, aber ohne Widerspruch. Ohne eine Bemerkung zu machen.

Eine Kleinigkeit, doch Vastrear spürte, dass ihre Beziehung sich verändert hatte. Er, Vastrear, der unerfahrene Frequenzanwärter, hatte die Ruhe bewahrt. Lough, der erfahrene Veteran, hatte gebrüllt, mit der Waffe herumgefuchtelt.

Vastrear wandte sich an Equarma. »Du hast gesagt, ein Ultimatum sei unnötig?«

»Ja. Sogar schädlich. Die Voidular werden auf kein Ultimatum eingehen.«

»Wieso bist du dir so sicher? Sie scheinen nicht besonders mutig zu sein.« Vastrear holte mit dem Arm aus, umfasste in einer Geste die verlassene Stadt.

»Mut ist eine Frage der Definition, der kulturellen Prägung. Ich habe zwei Jahre unter den Voidular gelebt. Sie sind so mutig wie der mutigste Vatrox, aber das hat nichts mit einem Ultimatum zu tun. Die Voidular werden sich keinem Ultimatum beugen, weil sie es nicht können. Bestehst du darauf, wird Blut an deinen Händen kleben – und du wirst nichts dafür vorweisen können.«

»Du kennst einen besseren Weg?«

»Ja, du musst mit den Voidular sprechen.«

»Nichts lieber als das. Aber wie? Sie verstecken sich vor uns.«

»Ich kann dich zu den Voidular führen.«

Lough sprang hoch und rief: »Das ist unmöglich! Die Voidular bringen sich um, sobald sie unsere Soldaten sehen!«

»Wenn man ihnen Angst macht, ja«, sagte Equarma. »Es ist ein Schutzmechanismus, der ihnen über Jahrzehntausende gute Dienste geleistet hat. Die Voidular haben die Fähigkeit, sich selbst zu vergiften. Ein Räuber hat keine lange Freude an seiner Beute. Die Konzentration des Gifts in der Voidular-Leiche ist so hoch, dass er seine Mahlzeit nur wenige Minuten überlebt.«

»Und wie schaffen wir es, dass dieser Mechanismus nicht greift?«, fragte Vastrear, obwohl er die Antwort bereits ahnte.

»Wir dürfen den Voidular nicht als Bedrohung erscheinen.« Equarma streckte den Arm aus. Sie zeigte auf eines der vielen Löcher, mit denen der Platz übersät war. »Du und ich, wir gehen zu zweit. Unbewaffnet.«

»Nein! Völlig unmöglich!« Vastrears Ordonnanz und Gedankenbruder schrien gleichzeitig auf.

Vastrear tastete nach dem Strahler im Holster – er wollte den Blick nicht von Equarma abwenden –, zog ihn und gab ihn Lough.

»Worauf warten wir noch?«, fragte er die Vatrox.

Equarmas Augen leuchteten anerkennend auf. »Komm mit!« Sie führte ihn zu einem der Löcher und stieg in die Dunkelheit.

Vastrear folgte ihr ohne Zögern.

Er wäre dieser Frau überallhin gefolgt, selbst in den Tod.

2.

 

Eine enge Röhre führte in die Tiefe.

Vastrear kroch auf allen vieren, trotzdem rieb er sich an den rauen, harten Wänden.

Es war still. In der Röhre – und in Vastrear. Er horchte in sich hinein, aber die Induktivzelle schwieg. Sie kannte ihn. Sie wusste, wie sie ihn am härtesten traf: mit vorwurfsvollem Schweigen.

Vastrear brach es nicht. Er spürte keine Reue. Der Frequenzanwärter wäre um den halben Planeten gekrochen, so lange er nur in der Nähe dieser Frau geblieben wäre.

Einige Hundert Meter genügten. Die Röhre mündete in einen breiteren Tunnel, groß genug, dass die Vatrox aufrecht stehen konnten.

»Du kennst dich hier aus?«, fragte Vastrear.

Es war nicht viel zu sehen. Der Korridor verlor sich zu beiden Seiten in dem Dämmerlicht, das diese Unterwelt erhellte. Es war grün wie das der Sonne, aber viel schwächer, und schien von den Wänden selbst auszugehen. Immerhin, es genügte, Umrisse wahrzunehmen, sich zu orientieren.

»So gut, wie es für unsereins möglich ist«, antwortete Equarma.

»Wo verstecken sich die Anführer?«

»Hier entlang.« Equarma ging in die Richtung los, die weiter nach unten führte.

Vastrear beeilte sich, sie einzuholen. Aber nicht zu sehr. Fasziniert beobachtete er das Spiel ihrer Muskeln. Bewegung erweckte die Muster auf Equarmas Haut zum Leben. Vastrear schienen sie wie Vogelschwärme, die über den Himmel zogen, nein, tanzten, sich trennten und wieder vereinigten, trennten und wieder neue Schwärme bildeten. Sie verwandelten Equarmas Gang in einen Tanz, jede ihrer Bewegungen war ein Feuerwerk.

»Die Voidular haben sich aus Nagetieren entwickelt«, sagte Equarma. Sie bemerkte nicht, dass er sie anstarrte, oder falls doch, ließ sie es sich nicht anmerken. »Vor einer Million Jahren war ein ausgewachsener Voidular nicht länger als ein Unterarm. Es waren außergewöhnlich fruchtbare Tiere, ein Wurf konnte auf bis zu dreißig Säuglinge kommen. Es war eine bittere Notwendigkeit: Viele Räuber hatten Appetit auf die kleinen Nager.«