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Impressum

ISBN eBook 978-3-359-50020-9

ISBN Print 978-3-359-02416-3

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Einleitung

»Wir haben von nichts gewusst«? Das war in den 1950ern vielleicht noch eine passable Ausrede. Heute nicht mehr. Informationen sind frei und einfach verfügbar: Jeder kann seine Handlungen so gut vergleichen und beurteilen wie nie zuvor. Das ist wichtig, denn der Nationalsozialismus ist zwar vorbei, es gibt aber noch genug, für das es sich zu rechtfertigen lohnt.

Voltaire hatte recht: »Wir sind verantwortlich für das, was wir tun, aber auch für das, was wir nicht tun.« Jeder ist mitschuld an der Misere, die sich im Weltwirtschaftssystem, in der Politik und in der Freizeitvernichtung manifestiert. Die ökonomische Krise und mit ihr die des Sinns hat alle Lebensbereiche erfasst.

Die Welt birst vor Problemen, doch die gängigen Lösungsvorschläge – von Schuldenbremsen über Energiesparverordnungen bis hin zu Privatisierungen – sind bestenfalls unzureichend, meist schlicht zynisch. Rentner sollen Großbanken gesundsparen? Energiesparlampen die Ozonschicht retten? Subventionierte Fortpflanzung das Wirtschaftssystem sichern? Arbeitslosigkeit soll abgeschafft werden? Das ist nicht nur illusorisch, es ist absurd.

Die von der Politik vorgegebenen Möglichkeiten verengen – aus Unfähigkeit oder Gier – das Denken. Eine kleine Funktionselite bereichert sich auf Kosten der Mehrheit, der das Denken im Zuge der Formung zum Konsumenten aberzogen wurde.

Das Wissen zur Rettung der Welt muss nicht erfunden werden: es ist da. Die Klimakatastrophe, Hunger, viele Krankheiten und Armut könnten von einem Tag auf den anderen verschwinden. Die Politik muss nur es anwenden und Ressourcen gerecht verteilen.

Es ist Zeit für eine neue Mentalität: weg von der von Selbstmitleid triefenden Hilflosigkeit, nur wer sich verantwortlich zeigt, kann die Kraft entwickeln, sich aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit zu erheben. Niemand möchte unterdrückt werden, und die wenigsten möchten Unterdrücker sein. Notwendig ist keins von beiden.

Die Welt ist komplizierter geworden und Begriffe sind unstet. Aber beides ist nicht postmodern unbeherrschbar, wie der Relativismus der Spaßgesellschaft nahe legt. Realer Fortschritt ist möglich, auch wenn Lösungen nie vollkommen sein werden. Es soll keine perfekte Welt erdacht und erschaffen werden, sondern eine bessere. Überhaupt anzufangen, ist die eigentliche Herausforderung.

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Mit Umwelt wirtschaften

»Der Klimawandel ist nicht nur ein Problem, er ist auch eine Chance. Er bietet uns die Gelegenheit, überall im Land neue Arbeitsplätze zu schaffen, indem wir unsere Energieversorgung umsttellen. Das stärkt unsere Wirtschaft, erhöht unsere Sicherheit, verringert unsere Abhängigkeit von ausländischem Öl und stellt sicher, dass wir in den kommenden Jahrzehnten wettbewerbsfähig sind. Und all das, während wir den Planeten retten. Wir werden diese Gelegenheit nicht verpassen.«

Barak Obama

Wir sind zutiefst ökologisch. Bis auf Ewiggestrige hat die Mehrheit erkannt, dass Umweltschutz eine zwingende Maßnahme für den Fortbestand der Menschheit auf dem Planeten darstellt. Wie gegen alles gibt es auch hier Gegenargumente. Die klimatischen Schwankungen seien ein zyklisches Naturphänomen. Das Ganze sei eine Verschwörung fieser geheimer und im Zweifelsfall kommunistischer Zirkel, die den ehrbaren Bürger nur um sein sauer Erspartes bringen wollen. Oder es sei ganz einfach nicht so schlimm. Hab dich nicht so, blöde Öko-Schwuchtel. Meist sind es Versuche, die eigenen Pfründe zu sichern oder, schlichter, eine Ausrede für Faulheit im Denken, aka Dummheit.

Im Zuge der Umweltbewegung hat sich auch Deutschland verändert. Recycelt wird seit Jahrzehnten nicht mehr nur in WGs. Plastiktüten sind auf dem Rückzug. Flaschenpfand schafft neue Wirtschaftszweige für Obdachlose. Sogar die Atomkraftwerke, die über ein halbes Jahrhundert mit hart verdientem Steuergeld gefördert und beworben wurden, werden trotz des Strampelns und Klagens der Stromversorger nach und nach abgeschaltet. Die Autoindustrie, bisher ein Bollwerk der Verschmutzung, bewegt sich. Traditionell immun gegen jedes Argument, das den stahlgewordenen Größenwahn der Blechlawine auch nur umlenken sollte, besinnt sie sich anscheinend auf Sparsamkeit und Elektromobilität.

Das alles zeigt nur, Umwelt kann nicht ohne unsere schöne Marktwirtschaft gedacht werden, denn in und mit ihr kommt die Umweltzerstörung erst richtig in Fahrt.

Im Zuge des »Green New Deal«, einem grünen Wirtschaftswunder, soll nun das Klima gerettet werden und der Kapitalismus durch einen grünen Marshallplan gleich mit. So liest es sich in Erklärungen der Regierungen und der Industrien. Obwohl im bundesdeutschen Paket nur armselige 10 Prozent in ›grüne‹ Sektoren investiert werden, geht man davon aus, dass das schon klappen wird. Was ist also das Problem?

Dass alles, was in solchen Werbebroschüren und Absichtserklärungen steht, eine gute Chance hat, bestenfalls Zeitverschwendung, meist aber Verarsche zu sein. Ziele werden definiert, die optimal erreicht werden können, sich unserer suboptimalen Restwelt aber ungern anpassen. Sie sollen Zustimmung erheischen und Sponsoren motivieren.

Am Beispiel des Autos wird das Dilemma der gegenwärtigen Umweltpolitik deutlich. Schön, dass der umweltbewusste Kunde jetzt Dreiliterauto kaufen kann. Wenn er knallhart idealistisch ist, versucht er sich mit einem Elek­tro­auto von Steckdose zu Steckdose zu retten. Im höheren Kaufpreis ist Gewissensruhe und vor allem Teilhabe an der grünen Avantgarde inbegriffen. Ein Blick auf die Zahlen zerstört die Illusion. Die Herstellung eines Autos verbraucht 1,2 Tonnen CO². Dafür könnte das alte Auto noch 11 000 Kilometer gefahren werden. Dies ist bei einer Rechnung ohne komplette Produktlinienanalyse und der Annahme, dass auch das neue Auto fahren muss, der Fall. Die Produktlinienanalyse beurteilt zusätzlich zur Ökobilanz ein Produkt hinsichtlich sämtlicher Auswirkungen der Rohstoffbeschaffung, seiner Herstellung, Transport etc. Dessen eingedenk wird deutlich, dass der Neukauf eines Autos umwelttechnisch blanke Idiotie ist. Nicht zu vergessen, dass die technischen Voraussetzungen für ein umweltfreundliches Auto schon seit langem gegeben sind. Nicht erst seit gestern gibt es Elektromotoren. Selbst wenn das Einbauen in ein Auto 100 Jahre gedauert hätte, wäre Feinstaub in den Innenstädten schon lange Geschichte. Doch ohne Verbrennungsmotoren hätten Interessengemeinschaften wie die Erdölindustrie niemals jahrzehntelang ihre immensen Gewinne einfahren und die Landschaft mit hässlichen Tankstellenufos vollknallen können. Der aktive Ausschluss progressiver Techniken geschah im Namen des Profits, des alten Schweins. Da ist er wieder, aber solange er den gleichen Mist ermöglicht, muss man ihn treten. Bis er zuckend am Boden liegt oder zumindest Platz macht für Wichtigeres.

Die vorherrschende Narrative kluger Wirtschaftswissenschaftler ist, dass man mit Investitionen in Sparsamkeit, Effizienz und grüne Technologien den Treibhauseffekt und die anderen bitterbösen Verschmutzungserscheinungen in den Griff kriegen wird. Eine naive Hoffnung, wie unlängst sogar die Briten feststellten, die in Europa immer noch die Power-Kapitalisten sind. Professor Tim Jackson von der Regierungskommission für nachhaltige Entwicklung hält sich nicht zurück: »Die Wahrheit ist, dass es bis jetzt kein glaubhaftes, sozial gerechtes, ökologisch nachhaltiges Szenario für steigende Löhne von neun Milliarden Menschen gibt. In diesem Kontext sind vereinfachende Annahmen, dass der Kapitalismus es allein durch sein Potential für Effizienz erlauben wird, das Klima zu stabilisieren und unsere Ressourcen zu schützen, nichts weniger als wahnhaft.«

Der simple Fakt ist: Die Marktwirtschaft wird des Problems nicht Herr. Denn so, wie wir, das heißt die oberen zehn Prozent der Weltgesellschaft, die Nutznießer sind, beruht die Wirtschaft auf Wachstum. Wenn versucht wird, bessere Zustände zu schaffen, was ist dann »besser«? Nichts anderes als die Relation zum Vorher oder zum Nachbarn. Wie bei Managergehältern schafft allein der Vergleich einen Anstieg. Ebenso zwingt uns die blanke Existenz des Geldes zur Einkommenssteigerung, obwohl das ab 4800 Euro monatlich keinen Unterschied mehr für die Freude machen soll. Der blaue Planet hält das aber nicht ewig aus und verwandelt sich mehr und mehr in eine stinkende braune Suppe. Wie soll das verhindert werden?

Emissionszertifikate kann man vergessen. »Man erwartet bis 2020 einen Markt für Emissionsrechte, der bis zu drei Billionen US-Dollar groß werden könnte – aus der Perspektive überakkumulierten Finanzkapitals entspricht dies genau dem, was der Doktor verschrieben hat.« Das rettet den Markt, nicht die Umwelt, ebenso wie Emmissionszertifikate schon jetzt nicht für eine CO²-Reduktion sorgen. Auch Finanzmarkttransaktionssteuern, die in grüne Technologien reinvestiert werden, sind nicht die Lösung. Denn sogar Gutmenschen wie Greenpeace sind so gefangen in der Wirtschaftslogik, dass sie die Welt nur noch in Zahlen messen und folglich wissen: »Wer zu spät kommt, den bestraft die Börse.«

Das wichtigste Faktum dabei ist, dass es weder in der Natur noch in der Wirtschaft exponentielles Wachstum gibt. Für die Natur würde das niemand behaupten, für die Wirtschaft hätte es bis vor kurzem keiner, der sein Gesicht wahren wollte, anzuzweifeln gewagt. Esoterisch formuliert: Das Leben ist Werden und Vergehen und kein ewiger Boom. Daraus folgt auch, dass immer ein Preis gezahlt werden muss. Wenn die Milch bei Aldi so lächerlich billig ist, dann nur, weil durch milliardenschwere Subventionen Millionen Liter überproduzierter Milch in Feldern versenkt werden vor den Toren hungernder Kontinente, die ihre Produkte nicht in Europa absetzen können.

Mittlerweile dämmert es vielen, dass unendliches Wachstum nicht nur nicht möglich, sondern einfach auch nicht angenehm ist. Nicht nur für die Peripheriemenschen da unten, sondern für uns alle. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung schätzt , dass bis zum Jahr 2050 Umweltschäden von bis zu 200 Billionen US-Dollar auftreten könnten. Spätestens da fängt es an, auch den größten Ignoranten weh zu tun.

Ein wirtschaftliches System, das nicht auf Wachstum basiert, ist der einzige Weg, um sicherzustellen, dass Menschen auch in zweihundert Jahren noch die Erde nerven werden. Das bedeutet aber auch, dass größere Einschnitte in die gesellschaftliche Ordnung nötig sind, als die Politik wahrhaben will. Eine demokratische Steuerung bestimmter Produktionsprozesse zum Beispiel. Oder die Vergesellschaftung wichtiger gesellschaftlicher Ressourcen wie der Energiewirtschaft oder des öffentlichen Transports. Bevor jemand Kommunismus schreit – niemand sagt, dass das mit diktatorischen Maßnahmen einhergehen muss oder dass das Leben für die Menschen schlechter wird. Im Hinblick auf die Umwelt haben wir zur Zeit die paradoxe Situation, dass die Ökonomie nicht ökonomisch ist. Sie ist nichts weniger als effizient, da sie weder für alle Wohlstand produziert noch gesellschaftliche Ressourcen – bis auf abstrahiertes unproduktives Kapital – schafft oder diese gar befähigt, an Veränderungen aktiv teilzuhaben.

Umweltschutz ist keine Frage der Technologie, es ist eine Frage der Nutzung von vorhandenen Ressourcen und der Umverteilung. Solange das nicht erkannt wird, werden sich alle Versuche der Rettung der Umwelt so traurig ausgeben wie die periodisch scheiternden und Sendezeit blockierenden Klimagipfel.

Eine Lösung könnte ein neues, ökologisch effektives Steuersystem sein, das die wahren Kosten von Produkten, ihre CO²-Bilanz einrechnend, besteuert. Auf lange Sicht muss dennoch mehr geschehen: Eine Einschränkung der Banken bei der Möglichkeit Geld zu schaffen, das wiederum Zinsen und Wachstumszwang bedingt. Dazu eine gemeinsame Nutzung der Ressourcen. Die Bibliothek ist ein jahrhundertealtes Erfolgsrezept sondergleichen. Zaghaft werden auch Carsharing-Netzwerke gegründet, und Menschen wohnen auf Zwischenmiete. Wieso hortet aber die überwiegende Mehrheit der Menschen noch immer so viel Kram, dass, wenn Asien auf die gleiche beschissene Idee kommt, die Welt endgültig hinten rüberkippt? Und wieso verdienen monopolistische Versorgungskonzerne daran, mit ihrer Netzhoheit dezentrale Energieversorgung zu blockieren? Die Kosten von Strom, Wasser und sogar Straßen sind verdeckte Steuern, mit denen ein ineffizientes System gefördert wird. Ganz nebenbei fressen sie die Lebenszeit der Menschen, die sich statt mit wirklichen Problemen mit Minder- oder Mehrverbrauchstarifen auseinandersetzen müssen.

Man kann das als eine Spielart einer Epoche ansehen, die, traumatisiert von Weltkriegen und abgelenkt vom Mediengewitter, nichts Besseres zu tun hatte. Lange leisten können wir uns das aber nicht mehr. Was den Planeten angeht, haben wir unseren Dispo schon lange überzogen.

Das Problem mit der Umweltzerstörung ist, dass sie in großem Maßstab Leid produziert, aber nicht da, wo sie verursacht wird. Solange Menschen ihre Persönlichkeit über Konsumgüter definieren, werden sie von existenzielleren Problemen – wie die Zerstörung des Planeten – abgelenkt.

Beschuldigen

Einfach

Mercedes, Merkel, Vattenfall und Co.

Immer schwer

Alle, die sie gewähren lassen, dich ganz besonders

Informieren

Leicht und Locker

http://www.taz.de/!8807/

Hart und kräftig

http://www.mpifg.de/pu/workpap/wp11-1.pdf

Handeln

Mal nebenbei

Ethisches Investment (Grüne Banken, GLS Bank, ­Umweltbank, Ethikbank)

Tut schon richtig weh

http://guynameddave.com/about-the-100-thing-challenge/

Kooperieren

Online

http://www.avaaz.org

Offline

Ab auf die Straße!

Arbeitszwang

»Aber diese Art der Selbstbedienung ist extrem ungerecht. Der Kapitalismus maximiert durch die Art seiner Kon­struk­tion immer die Erträge der bereits Reichen.«

Peter Barnes

»Gegenwärtig ist es daher notwendig, dass unsere Jugend Schwierigkeiten überwinden und die Arbeit lieben lernt, damit ihr nach Beendigung dieser Schule das Bedürfnis nach Arbeit in Fleisch und Blut übergegangen ist.«

M. I. Kalinin

Nichts frisst so viel menschliche Zeit wie das Kaufen und Verkaufen. Passiv tut jeder es unaufhörlich. Strom, Miete und Handyvertrag laufen immer weiter. Schön für den, der daran Freude hat, schlechter für den, bei dem sie nicht aufkommt. Sicher ist aber, noch nie ging es den Menschen so gut wie heute. Das haben wir dem Kapitalismus, oder besser, der freien, aber sozialen Marktwirtschaft zu verdanken. O Wunder: Wohlstand wurde aus dem Nichts geschaffen. Klingt gut, ist aber Unsinn.

Denn besser geht es nur einem kleinen Teil der Menschheit, der westlichen Welt, ein paar Golfstaaten und Teilen ­Asiens. »Während durch einen wirtschaftlichen Aufschwung in Ostasien der Anteil der Armen deutlich zurückging (in Ostasien von 58 auf 16 Prozent), hat sich in Afrika die Zahl der Ärmsten erhöht (in Afrika südlich der Sahara von 1981 bis 2001 fast verdoppelt). In Osteuropa und Zentralasien wurde eine Zunahme der extremen Armut auf 6 Prozent der Bevölkerung errechnet.«

Das ist nicht so super, aber im Vergleich zu der Massen-Verelendung, die die Industrialisierung darstellte, ist es kalter Kaffee. Nach den zwei Weltkriegen sah es aus, als hätte die Marktwirtschaft Frieden gestiftet und ihre logischen Differenzen im Wirtschaftswunder überwunden. Aber nein: Das Wirtschaftswunder war nichts als eine gigantische, staatlich initiierte Blase, finanziert durch in die Zukunft und die Dritte Welt abgeschobene Kosten. Und so setzt es sich bis heute fort. Trotz exponentiell steigender Gewinne geht es den Menschen nicht einmal mehr materiell besser, vom geistigen Ausverkauf ganz zu schweigen.

Das ist auch nicht weiter verwunderlich, denn der Kapitalismus leidet an einem Selbstwiderspruch. Mit dem Aufkommen des fordistischen Systems der Fließbandproduktion, dem Autobau, dem Aktienmarkt, den Immobilienbooms bis hin zur Dotcom-Blase erschafft der Kapitalismus tatsächlich immer neue finanzielle Potentiale, wirkt aber nicht auf eine Verteilung dieser hin, sondern lässt die Armen billigend verrecken. Einfach gesagt: Das Produkt wird durch automatische Produktion billiger, die den Menschen nicht braucht, der dann keine Arbeit und folglich nicht mal mehr Geld für die billigen Produkte hat.

Die Kosten für die Produkte werden dabei externalisiert. In der fordistischen »Revolution« der Fließbandarbeit wurde mit der Zerstörung der sozialen Systeme zugunsten der Fabrikarbeit gezahlt. Im Autobau und fast jeder anderen Boomtechnologie wird er noch heute mit ökologischen Krediten in Form von (zerstörter) Natur bezahlt, die wohl nie wieder zurückgezahlt werden können. Die Immobilienblasen, wie in Deutschland schon 1871, ziehen nicht nur Banken, sondern immer auch Kleinanleger in die Tiefe.

Das Wirtschaftssystem, das auf Wachstum basiert, produziert zwangsläufig Krisen, die – wie jetzt in Griechenland – weitere Privatisierung, also auch die Ausweitung der potentiellen Boommaterie fördern. Der »Desaster-Kapitalismus« basiert auf einer fortlaufenden Zerstörung seines Kontextes. Wichtigstes Werkzeug dafür ist die Inflation. Geld ist nichts als ein Konsens. Es hat keine Goldbindung, und selbst wenn, wäre die auch nur eine Übereinkunft. Das wäre auch nicht weiter schlimm, wären die Banken, die das Geld ausgeben, nicht Privatbanken. So kommt es zu folgender Situation: Jeder Euro oder Dollar, der geliehen wird, wird von der Zentralbank ausgegeben, mit Zinsen. Die mögen gering sein, aber durch sie ist immer mehr Geld zurückzuzahlen, als im Umlauf ist. Es muss mehr Geld geben, als es gibt. Als Folge schmilzt der Geldwert. Wer sich 1950 mit 1000 Mark monatlich noch als toller Hengst fühlte, wird 2012 nur noch müde belächelt. Dieses Wirtschaftssystem macht es für den Großteil der Menschen nötig, ständig in Bewegung zu bleiben, um nicht in Armut zu versinken. Im Gegenzug lebt die Funktionselite in Wirtschaft und Politik von diesen Zinsen. Ohne Zutun wird sie immer reicher. Unehrliche Arbeit par excellence. Das zeigt: Nichts ist unökonomischer als die »Ökonomie« selbst. Das ist nicht neu. Wieso zieht keiner die nötigen Schlüsse?

Wir leben in der paradoxen Situation, dass die technischen Voraussetzungen für ein gutes Leben für alle gegeben sind. 75 Prozent der Arbeit könnten nach einem Bericht des Massachusetts Institute of Technology mittlerweile mechanisiert werden. Das ist auch kein Wunder nach über 200 Jahren Industrialisierung. Was ist mit den restlichen Prozenten? Diese Frage beantworten die Menschen, die 60 Prozent der gesellschaftlichen Produktivität heutzutage schon ehrenamtlich »erwirtschaften«. Wenn jemand seinen Rasen jeden Tag aufs Neue frisiert, wird er gerne auch wichtigere Aufgaben wahrnehmen. Eine ganze Menge der schreienden Lebenszeitverschwendung, die Menschen vollziehen in unbewusster Sinnlosigkeit , die ihnen die Wirtschaft auch durch die Undenkbarkeit von Sinnvollem auferlegt hat, hätte sich erledigt. Nie wieder Gartenkoloniekrieg, Fönfrisur oder Briefmarkensammeln. Entgegen der landläufigen Einstellung wäre Arbeitslosigkeit nicht verwerflich, sondern der ganze Sinn und Zweck der Wirtschaft. Somit wäre die Auffassung, arbeitslose Menschen verschwenden ihr Leben, haltlos und der Arbeitslose keiner mehr, der so in der Leistungsdrucknarrative gefangen ist, dass er sich kein Leben jenseits von Arbeit vorstellen kann. Wenn man der Ansicht ist, ein Mensch ist mehr als ein Zahnrad, dann ist Arbeitslosigkeit das Beste, was einem Menschen passieren kann.

Statt dessen kacken wir uns gegenseitig mit immer neuen Produkten zu, für die nach dem »Prepare to want one«-Prinzip die Bedürfnisse erst erschaffen werden müssen. Es ist unvorstellbar, wie viele Potentiale die Menschheit dadurch verliert. Der jetzige späte Kapitalismus, zeichnet sich durch eine Abnahme der kreativen unternehmerischen Tätigkeiten hin zu den distributiven Tätigkeiten aus. Es wird nur noch Geld verschoben, nichts mehr produziert. Außer Elend natürlich.

Beschuldigen

Einfach

Gierige Funktionselite

Schwerer

Alle, die auf Marketing hereinfallen

Informieren

Leicht und Locker

The Corporation:

http://www.ustream.tv/recorded/1371416

Investition fürs Leben

Schwarzbuch Kapitalismus:

www.exit-online.org/pdf/schwarzbuch.pdf

Handeln

Mal nebenbei

Im Gespräch anderen den Kopf waschen und das Gehirn trocknen

Tut schon richtig weh

Konsumverzicht

Kooperieren

Online

http://de.indymedia.org/

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