Gunter Pirntke (Herausgeber)
Alexandre Dumas
Robin Hood
Impressum
Covergestaltung: Alexandra Paul
Digitalisierung: Gunter Pirntke
2012 andersseitig.de
ISBN: 9783955011123
andersseitig Verlag
Dresden
www.andersseitig.de
info@new-ebooks.de
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Inhalt
1 Ein unverhofftes Wiedersehen mit einem bereits verloren Geglaubten
2 Eine versuchte Ermordung und eine verhinderte Hinrichtung
3 Die Enttäuschung des Barons und die Hochzeit unserer drei Freunde
4 Robin Hood und seine Freunde helfen einem unverschuldet in Not Geratenen
5 Wie der Bischof von Hereford zu einem köstlichen Mahl geladen wurde
6 Wie Robin Hood drei seiner Männer vor dem Galgen rettete
7 Wie der ehrenwerte Richard de la Plaine seine Schuld bei Robin Hood beglich
8 Wie Sir Guy de Gisborne Robin Hood zu einem Zweikampf forderte
9 Das Bogenschießen als Falle für Robin Hood und wie Sir Richard ins Elend geriet
10 Wie König Richard nach dem Wald von Sherwood reiste und die Verbannten begnadigte
11 Die Abreise König Richards zu einem Feldzug und die Rache der Normannen
12 Jahre der Trauer um Lady Marianne und Rückkehr in den Wald von Sherwood
Früh am Morgen wanderte Robin Hood einsam auf einem schmalen Pfad im Wald von Sherwood. Es war ein schöner Augusttag, so konnte er es sich nicht verkneifen, fröhlich vor sich hin zu singen. Plötzlich ertönte eine laute Stimme, die Robin Hoods Liebesballade wiederholte. Diese Interpretation war von erschreckender Falschheit. »Heilige Mutter Gottes«, murmelte der junge Mann und lauschte aufmerksam auf den Gesang des Unbekannten. »Seltsam, keiner außer mir kann diesen Text kennen. Er stammt ja aus meiner Feder!« Stutzig schlich Robin hinter einen Baumstamm, um den Fremden zu beobachten. Kurz darauf erschien dieser. Vor der Eiche, hinter der Robin kauerte, blieb er stehen und starrte in die Tiefe des Waldes.
»Aha«, sagte der Unbekannte, als er im Dickicht eine Herde prächtiger Damhirsche entdeckte, »da sind ja schon alte Bekannte! Ob mein Auge noch so gut und meine Hand noch so flink ist wie damals? Prüfen wir es gleich nach! Heiliger Paulus! Die Freude werde ich mir gönnen, diesen kräftigen Burschen zu erlegen.«
Gesagt, getan. Der Fremde holte einen Pfeil aus seinem Köcher, spannte seinen Bogen und zielte. Der Damhirsch fiel getroffen zu Boden.
»Bravo!«, schrie eine Stimme hinter ihm und lachte schallend. »Ausgezeichneter Schuss!«
Erschreckt fuhr der Fremde zusammen und drehte sich um. »Finden Sie, mein Herr?«, fragte er, indem er Robin von Kopf bis Fuß musterte.
»Zweifellos, besonders für jemanden, der gewöhnlich keine Hirsche zu jagen pflegt.«
»Woher wollen Sie das wissen?«
»Ihre Art, den Bogen zu halten. Sie hat Sie verraten. Ich traue mich zu wetten, mein Herr, dass Sie leichter einen Mann auf dem Schlachtfeld als einen Hirsch zur Strecke bringen können.«
»Gute Antwort«, lächelte der Fremde. »Wie ist Ihr Name, wenn Sie gestatten?«
»Mein Name ist in dieser Angelegenheit völlig unwichtig, mein Herr. Meine Eigenschaft allein ist von Bedeutung. Als Hüter dieses Waldes beabsichtige ich nicht, meine Damhirsche den Angriffen von Leuten ausgeliefert zu lassen, die sie erlegen wollen. Und warum? Einzig und allein, um ihre Geschicklichkeit auf die Probe zu stellen.«
»Wen kümmern Ihre Absichten«, erwiderte der Unbekannte entschlossen. »Hirsche, Kälber, ich werde alles töten, wenn es mir beliebt!«
»Ein guter Schütze wie Sie hätte ein leichtes Spiel, wenn ich mich nicht widersetze, natürlich. Darum mache ich Ihnen einen Vorschlag, hören Sie. Ich bin der Anführer einer Gruppe von Männern. Sie sind mutig und verstehen ihr Handwerk. Sie scheinen mir auch tapfer zu sein, wenn Sie genauso rechtschaffen sind, wäre es mir eine Freude, Sie in unsere Runde aufzunehmen. Als einer der unseren könnten Sie nach Herzenslust jagen. Sollten Sie aber mein Angebot ablehnen, bitte ich Sie, den Wald zu verlassen.«
»Wahrlich, edler Waldhüter, welch hochmütiger Ton! Hören Sie mir jetzt zu. Wenn Sie nicht schnell kehrtmachen, wird Sie eine gehörige Tracht Prügel ohne Umschweife lehren, Ihre Worte zu mäßigen.«
»Ich möchte wirklich nicht böse werden, mein Herr, Sie würden es bereuen. Aber sollten Sie nicht sofort meinem Befehl Folge leisten und den Wald verlassen, könnten Sie nach einer angemessenen Bestrafung manches über Ihre Halsweite und Ihr Gewicht erfahren. Jedoch am höchsten Ast eines Baumes baumelnd.«
»Mich schlagen und mich aufhängen? Eine komische Idee, nur leider unmöglich. Aber versuchen Sie es, ich warte.«
»Ich gebe mir nicht die Mühe, alle Aufschneider, die ich treffe, eigenhändig zu verprügeln, lieber Freund. Ich habe Männer, die mir diesen sehr nützlichen Dienst erweisen. Ich rufe sie jetzt, sehen Sie dann, wie Sie mit ihnen fertig werden!«
Robin wollte gerade in sein Horn blasen, als ein heftiger Schrei hinter ihm ihn davon abhielt.
»Halt, oder ich töte Sie!« Der Fremde hatte seinen Bogen schon gespannt. Robin ließ sein Horn fallen, ergriff seinen Bogen und mit einer unglaublichen Gewandtheit stürzte er sich auf den Fremden.
»Wahnsinniger! Sie allein würden sterben. Seien Sie vernünftig und stecken Sie den Pfeil wieder in den Köcher. Da Sie unbedingt vom Stock Gebrauch machen wollen, meinetwegen, ich nehme die Herausforderung an.«
»Meinetwegen, ein Stockkampf soll mir recht sein! So soll der Geschicktere, der den anderen am Kopf trifft, nicht nur der Sieger sein, sondern auch frei über das Schicksal des Gegners verfügen können.«
»Gut«, antwortete Robin, »sehen Sie zu, dass Ihnen Ihr Vorschlag nicht zum Verhängnis wird: wenn ich Sie dazu bringe, um Gnade zu flehen, kann ich Sie dann für uns gewinnen?«
»Ja.«
»Sehr gut, möge der Bessere gewinnen.«
»Amen«, fügte der Fremde hinzu. Der Kampf begann. Die Hiebe, von beiden sehr freigebig ausgeteilt, trafen indes nur den Fremden, der kein einziges Mal Robin treffen konnte. Wütend und keuchend warf der Geprügelte seine Waffe zu Boden.
»Halt«, sagte er, »ich bin vollkommen erschöpft.«
»Geben Sie sich geschlagen?«, fragte Robin.
»Nein, aber ich gebe zu, dass Sie viel stärker sind als ich. Sie sind es gewohnt, mit dem Stock zu kämpfen. Ihr Vorteil ist zu groß. Wir müssen die Chancen so gut wie möglich ausgleichen. Können Sie fechten?«
»Ja«, antwortete Robin.
»Sind Sie gewillt, den Kampf mit dieser Waffe fortzusetzen?«
»Gewiss.« Beide griffen zum Schwert. Etwa eine Viertelstunde verging, ohne dass einer der Kämpfer den anderen verletzen konnte. Beide schienen vorzügliche Fechter zu sein.
»Halt!«, schrie plötzlich Robin.
»Sind Sie müde?«, fragte der Fremde. Ein Siegeslächeln spielte um seine Mundwinkel.
»Ja«, antwortete Robin ehrlich, »darüber hinaus finde ich wenig Gefallen an einem Gefecht. Der Stockkampf liegt mir mehr. Seine Hiebe sind weniger gefährlich, doch umso interessanter. Das Schwert hat etwas Derbes und Grausames an sich. Meine Müdigkeit besteht tatsächlich, doch ist sie nicht der wahre Grund, weshalb ich Sie um einen Waffenstillstand bitte.« Er betrachtete aufmerksam den Unbekannten, dessen Stirn unter seiner Mütze versteckt war. »Seitdem ich Ihnen gegenüberstehe, werden Kindheitserinnerungen in mir wach: der Blick Ihrer großen blauen Augen kommt mir bekannt vor; Ihre Stimme erinnert mich an die eines Freundes; mein Herz fühlt sich unwiderstehlich zu Ihnen hingezogen. Sagen Sie mir Ihren Namen! Wenn Sie der sind, den ich liebe und auf den ich mit der ganzen Ungeduld der zärtlichsten Freundschaft warte, seien Sie tausendmal willkommen! Wenn Sie ein Fremder sind, egal, dann würden Sie zumindest mit dem Leben davonkommen. Ich würde Sie Ihrer selbst wegen lieben, aber auch für alle kostbaren Erinnerungen, die Ihr Anblick in mir erweckt.«
»Ihre Güte entzückt mich, mein Herr. Doch bedaure ich sehr, Ihrer Bitte nicht Genüge tun zu können«, antwortete der Unbekannte. »Es steht mir nicht frei, meinen Namen preiszugeben. Die Vorsicht rät mir, dieses Geheimnis mit Sorgfalt zu hüten.«
»Sie haben von mir nichts zu befürchten«, sprach Robin weiter. »Außerdem könnte ich das Vertrauen eines Herzens, welches sich auf mich verlässt, nicht missbrauchen. Sagen Sie mir Ihren Namen.« Der Fremde zögerte noch einen Augenblick. »Ich werde ein Freund für Sie sein«, fügte Robin ehrlich hinzu.
»Gut, ich heiße William Gamwell«, antwortete der Fremde.
Robin stieß einen Schrei aus: »Will, Will der Rote, der liebe Will!«
»Ja.«
»Und ich bin Robin Hood!«
»Robin! Welch eine Freude!« Und schon fiel er in die Arme seines Freundes. Als das Ungestüm der ersten unsagbaren Freude nachließ, sahen sie sich überrascht und gerührt an.
»Und ich habe dir gedroht!«, sagte Robin. »Ich wollte dich töten!«, entgegnete Will.
»Ich habe dich verprügelt!«, sprach Robin weiter und lachte auf. »Ach, schon vergessen. Sag schnell, wie geht es Maude?« »Maude geht es sehr gut.«
»Ist sie .. ?«
»Immer noch das reizende Mädchen, das nur dich liebt. Sie hat dir ihr Herz geschenkt, sie wird dir auch ihre Hand geben. Als du gegangen bist, vergoss sie bittere Tränen, die Liebste. Auch du hast viel gelitten, mein armer Will. Wenn du aber die schöne, gute Maude noch liebst, wirst du glücklich werden.«
»Und ob ich sie liebe! Wie kannst du nur fragen, Robin? Keinen Augenblick habe ich aufgehört, sie zu lieben und an sie zu denken. Ihr Bild begleitete mich überall und verlieh mir Kraft. Sie gab dem Soldaten Mut auf dem Schlachtfeld, spendete dem Gefangenen Trost im Gefängnis. Maude, lieber Robin, war mein einziger Gedanke, mein Traum, meine Hoffnung, meine Zukunft. Ein Traum, den ich etwa vor einem Monat in der Normandie hatte, wird es dir beweisen. Er haftet in meinen Gedanken, so lebhaft wie damals. - Ich befand mich in einem Kerker, angekettet, die Arme gefesselt, ein paar Schritte von mir entfernt Maude, kreidebleich und blutend. Sie streckte flehend die Arme nach mir, ihre blutleeren Lippen flüsterten Wehklagen, deren Sinn ich nicht verstand. Ich konnte ihr aber ansehen, dass sie schrecklich litt und mich um Hilfe rief. Ich war ja angekettet, wie ich erzählte. Vor Ohnmacht wälzte ich mich auf dem Boden und biss in die eisernen Ketten. Mit einem Wort: ich unternahm alles Menschenmögliche, um Maude zu erreichen. Die Ketten um mich lösten sich allmählich und fielen plötzlich zu Boden. Ich sprang auf, lief zu Maude, hielt das arme Mädchen in meinen Armen und küsste ihre bleichen Wangen mit Leidenschaft. Langsam färbten sich ihre Lippen wieder rot. Sie öffnete ihre großen, dunklen Augen, und ich fühlte mich ergriffen von ihrem dankbaren und zärtlichen Blick. Mein Herz zersprang und ein Seufzer entkam meiner Brust. Leid und Glück erfüllten mich zugleich.
Doch dieser Rührung folgte jäh das Erwachen. Ich sprang aus dem Bett, fest entschlossen, nach England zurückzukehren. Ich wollte Maude wiedersehen, Maude, die sicher meine Hilfe brauchte. Sofort begab ich mich zum Hauptmann, von dem ich mir Hilfe versprach, da er einst Verwalter meines Vaters war. Ich unterbreitete ihm meinen Wunsch, nach England zurückzukehren, verschwieg aber den Grund. Er hätte sich ja nur über meine Besorgnis lustig gemacht. Schroff lehnte er meine Bitte um Urlaub ab. Doch schreckte mich dieser erste Misserfolg nicht. Ich war von der Idee, Maude wiederzusehen, besessen. So flehte ich diesen Mann an, dem ich einst Befehle gab. Ich beschwor ihn auf Knien, meiner Bitte zu willfahren. Er lachte nur über meine Schwäche, und mit einem Fußtritt warf er mich um. Darauf, Robin, stand ich auf, zog mein Schwert, und ohne zu denken oder zu zögern, brachte ich diesen niederträchtigen Kerl um. Seitdem werde ich verfolgt. Ob man meine Spur verloren hat? Ich hoffe es. Deswegen, lieber Robin, wollte ich dir meinen Namen nicht verraten. Dem Himmel sei Dank, dass er mich zu dir führte. Zurück zu Maude. Wohnt sie immer noch im Schloss von Gamwell?«
»In Gamwell? Hast du denn überhaupt nichts erfahren?«, fragte Robin. »Nichts! Aber was ist denn geschehen? Du jagst mir Angst ein.«
»Das Schloss und das Dorf von Gamwell wurden zerstört!«
»Zerstört? 0 Gott! Was ist mit meiner Mutter, Robin, meinem Vater, meinen Schwestern?«
»Keinem ist etwas passiert, beruhige dich. Deine Familie wohnt in Barnsdale. Eines sollst du noch erfahren: diese grausame Zerstörung war das Werk der Normannen. Doch es kam ihnen teuer zu stehen. Wir erledigten zwei Drittel von König Heinrichs Truppen.«
»König Heinrich schickte sie!«, rief William aus. Zögernd fügte er dann hinzu: »Du sagtest, du wärst der Hüter dieses Waldes, Robin. Demnach stehst du im Dienste des Königs, oder?«
»Nicht ganz, mein roter Vetter«, antwortete Robin lachend. »Die Normannen bezahlen meine Dienste. Die Reichen, versteht sich, von den Armen verlange ich keinen Penny. Ich bin tatsächlich Hüter dieses Waldes, jedoch zu meinem eigenen und meiner Kumpanen Nutzen. Mit einem Wort, ich bin der Herr des Waldes von Sherwood. Ich bin bereit, meine Rechte gegen jeden Herausforderer zu verteidigen.«
Robin hob sein Horn und blies hinein. Drei schrille Töne drangen tief in den Wald. Kurz darauf erschienen links und rechts aus den Büschen etwa an die hundert Männer.
Alle trugen die gleiche grüne Kleidung, ihre Gesichter hatten einen kriegerischen Ausdruck. Diese Männer, die mit Bogen und Pfeilen, Schilden und kurzen Schwertern bewaffnet waren, stellten sich um ihren Anführer auf.
»Meine Tapferen, vor euch steht ein Mann, der mich in einem Schwertkampf besiegen konnte.«
Little John, der weniger erfreut schien über Williams Geschicklichkeit als Robin, trat vor und sagte zu dem jungen Mann: »Wenn du den tapferen Robin Hood besiegen konntest, musst du wirklich von außergewöhnlicher Stärke sein. Es soll aber nicht heißen, dass du die Ehre hattest, den Anführer der fröhlichen Männer des Waldes zu besiegen, ohne von seinem Leutnant ein bisschen verprügelt zu werden. Im Stockkampf bin ich recht geschickt. Nimmst du die Herausforderung an? Wir werden schon sehen, wer ... «
»Mein lieber John«, sagte Robin, »ich wette einen Köcher gegen einen Eibenbogen, dass dieser tapfere Junge wieder siegen wird.«
»Wie, Little John«, sagte Will, als der junge Mann zum Kampf ansetzte, »wollen Sie gegen Will den Roten, wie Sie den netten William zu nennen pflegten, kämpfen?«
»0 Gott«, rief Little John und ließ den Stock fallen. »Diese Stimme! Dieser Blick! Willkommen im fröhlichen England, lieber Will, willkommen im Haus deiner Väter. Mit deiner Rückkehr werden dort auch wieder Glück, Freude und Fröhlichkeit Einzug finden. Morgen werden die Bewohner von Barnsdale einen Grund zum Feiern haben, morgen können sie den, den sie für immer verloren glaubten, an ihre Brust drücken.«
Der arme John konnte nicht weitersprechen, die Arme um Wills Schultern, fing er lautlos zu weinen an. Will war genauso gerührt wie sein Vetter. Als sich dieser erste Gefühlsausbruch gelegt hatte, schilderte Little John knapp das schreckliche Ereignis, das seine Familie von Gamwell vertrieben hatte. Danach führten ihn Robin und John zu den verschiedenen Verstecken, die sie im Wald errichtet hatten. Auf seinen Wunsch hin wurde Will sofort in die Truppe aufgenommen. Robin ernannte ihn zum Leutnant, was ihn mit Little John gleichstellte.
Am nächsten Morgen äußerte Will den Wunsch, nach Barnsdale zu gehen. Robin verstand ihn sehr gut und bot ihm an, ihn mit Little John zu begleiten. Seit zwei Tagen befanden sich Wills Brüder in Barnsdale, wo Sir Guys Geburtstag vorbereitet wurde. Wills Rückkehr würde diese Feier in ein großes Fest verwandeln.
Nachdem Robin seinen Männern Anweisungen hinterlassen hatte, brach er mit seinen beiden Freunden in Richtung Mansfeld auf, wo sie Pferde vorfinden würden. Glücklich sang Robin seine schönsten Balladen. Falsch aber fröhlich stimmte Will, der vor Freude neben ihm sprang, ein. Sogar Little John wagte manches Mal einen falschen Ton, sodass Will schallend auflachen musste. Robin teilte diese Heiterkeit.
Kurz vor Mansfeld erstarrten sie plötzlich, als drei Männer aus dem Gebüsch sprangen und Anstalten machten, ihnen mit entschlossener Miene den Weg zu versperren. Robin Hood und seine Gefährten hielten inne. Gebieterisch fragte er: »Wer seid ihr? Was wollt ihr hier?«
»Dieselben Fragen wollte ich gerade Ihnen stellen!«, antwortete einer der drei Männer, ein kräftiger, breitschultriger Kerl. Mit Stock und Dolch bewaffnet, schien er ohne weiteres im Stande zu sein, einem Angriff standzuhalten.
»Tatsächlich? Ich bin aber sehr erfreut, Ihnen diese Mühe erspart zu haben«, erwiderte Robin. »Denn hätten Sie sich solche Unverschämtheit erlaubt, würden Sie höchstwahrscheinlich ewig Ihre Kühnheit bereuen.«
»Welch Hochmut in Ihrem Ton, mein Herr«, entgegnete der Mann spöttisch. »Ich bin der Hüter dieses Waldteils, mein Gebiet erstreckt sich von Mansfeld bis zu einer Kreuzung etwa sieben Meilen von hier entfernt. Diese beiden Männer sind meine Gehilfen. Diese Aufgabe erhielt ich von König Heinrich selbst, und auf seinen Befehl hin schütze ich die Damhirsche vor Banditen eurer Sorte. Haben Sie mich verstanden?«
»Selbstverständlich, aber wenn Sie der Hüter des Waldes sind, wer bin ich dann und wer sind meine Freunde? Ich glaubte bis jetzt der Einzige zu sein, der ein Anrecht auf diesen Titel hat, obwohl er mir nicht von König Heinrich verliehen wurde. Doch mein Recht, das Faustrecht, ist hier allein gültig!«
»Du der Hüter von Sherwood?«, bemerkte Robins Gegenüber verächtlich. »Du scherzt wohl! Du bist nichts weiter als ein Halunke!«
»Dein Imponiergehabe, lieber Freund, schüchtert mich nicht ein. Du schmückst dich mit fremden Federn. Ich kenne den echten Waldhüter. Er heißt John Cockle, er ist der dicke Müller von Mansfeld.«
»Ich bin sein Sohn und heiße Much.«
»Du? Much? Ich glaube dir kein Wort.«
»Er spricht die Wahrheit, ich erkenne ihn wieder«, fügte Little John hinzu. »Er soll ein geschickter Stockfechter sein!«
»Man hat dich nicht belogen. Ich erkenne dich aber auch. Deine Größe und deine Figur sind unvergesslich.«
»Du kennst meinen Namen?«, fragte der junge Mann. »Ja, Master John.«
»Und ich bin Robin Hood.«
»Ich habe es vermutet und bin über diese Begegnung hoch erfreut. Es wird eine Belohnung geboten für den, der Sie gefangen nimmt. Diese Belohnung, eine beachtliche Summe, käme mir sehr gelegen. Heute habe ich diese Gelegenheit und ich will sie mir nicht entgehen lassen.«
»Es ist dein gutes Recht«, antwortete Robin leichthin. »Los, greif zum Schwert! Ich bin dein Mann.«
»Hört auf!«, schrie Little John. »Much ist erfahrener im Stockfechten als mit dem Schwert; kämpfen wir drei gegen drei. Ich knöpfe mir Much vor, Robin und du, William, die zwei anderen. Der Kampf ist so ausgeglichener.«
»Gut, ich nehme den Vorschlag an, damit es nicht heiße, dass Much, der Sohn des Müllers von Mansfeld, vor Robin Hood und seinen Männern geflüchtet wäre.«
»Gute Antwort«, rief Robin. »So, Little John, du nimmst dir Much vor, da du ihn zum Gegner haben wolltest. Ich nehme mir diesen kräftigen Burschen da vor. - Freust du dich, gegen mich zu kämpfen?«, fragte er den Mann, den der Zufall ihm als Gegner zugeteilt hatte.
»Sehr, tapferer Vogelfreier.«
»So fangen wir an und möge die Heilige Mutter Gottes denen, die ihre Hilfe wirklich benötigen, den Sieg bescheren.«
»Amen!«, sagte Little John. »Die Heilige Jungfrau verlässt den Schwachen nie in der Stunde der Not.«
»Sie verlässt niemanden«, entgegnete Much. »Niemanden«, sagte Robin und bekreuzigte sich.
Die Vorbereitungen feierlich getroffen, konnte der Kampf beginnen. Mit lauter Stimme gab Little John den Befehl zum Angriff. Und so wurde er in einer alten Ballade verewigt:
»Eines Tages mitten im Sommer
Waren sie am Werk entschlossen und tapfer.
Sie kämpften von acht bis Mittag,
Sie kämpften ohne Wanken, ohne Rast.
Mit Heldenmut kämpften Robin, Will und John,
Sie zu besiegen keine Chance.«
»Gnade, Little John«, flehte Much keuchend. »Schon lange hörte ich von deiner Geschicklichkeit, deiner Tapferkeit und wünschte gegen dich zu kämpfen. Nun ist mein Wunsch in Erfüllung gegangen, und du hast mich besiegt. Vielleicht lehrt mich diese Niederlage Bescheidenheit.«
»Du bist ein hervorragender Kämpfer, Freund Much«, antwortete Little John und drückte die Hand, die ihm der andere darbot. »Du verdienst deinen Ruf als tapferer Mann.«
»Ich danke für dieses Kompliment, Little John, doch scheint es mir mehr höflich denn ehrlich. Denkst du vielleicht, meine Eitelkeit hätte unter dieser Niederlage gelitten? Keineswegs, es kränkt mich nicht, von einem Mann deines Schlages besiegt zu werden.«
»Schlagfertige Antwort, tapferer Müllerssohn!«, erwiderte Robin belustigt. »Du besitzt etwas Beneidenswertes: ein gutes Herz und eine sächsische Seele. Allein ein ehrlicher Mann kann solch schmähliche Niederlage ohne jeden Groll hinnehmen. Reich mir die Hand, Much - auf unsere zukünftige Freundschaft.«
»Hier, ich reiche sie von reinem Herzen. Man hört viel Gutes über Sie. Ich weiß, dass Sie ein vogelfreier Adeliger sind und die Armen beschützen. Sie werden von allen geliebt. Ja sogar von denen, die Sie hassen müssten, den Normannen, Ihren Gegnern. Sie achten Sie, und kein Mensch missbilligte je ernsthaft Ihre Taten. Die ehrlichen Leute haben Sie in ihr Herz geschlossen, da Sie Ihrer Güter beraubt und verbannt wurden und somit das Unglück in Ihrem Hause Einzug fand.«
»Ich danke dir für die freundlichen Worte, ich werde sie nicht vergessen. Gönn mir die Freude deiner Gesellschaft bis Mansfeld.«
»Sie können mit mir rechnen«, antwortete Much.
»Und mit mir«, sagte der Mann, der gegen Robin gekämpft hatte.
»Und mit mir«, fügte Wills Gegner hinzu. Gemeinsam gingen sie plaudernd und lachend in die Stadt ...
»Lieber Much«, fragte Robin, als sie in Mansfeld eintrafen, »sind deine Freunde vorsichtig?«
»Warum diese Frage?«
»Weil von ihrer Verschwiegenheit meine Sicherheit abhängt. Wie du es dir denken kannst, ist es für mich wichtig, unerkannt zu bleiben. Ein unüberlegtes Wort, das meine Anwesenheit in einem Wirtshaus von Mansfeld verrät, und schon würden Soldaten das Haus umzingeln. Was bliebe mir dann übrig als die Flucht oder der Kampf? Heute würde ich weder am einen noch am anderen Gefallen finden; ich werde nämlich in Yorkshire erwartet, und nichts soll mich aufhalten.«
»Ich bürge für ihre Verschwiegenheit, meiner können Sie sicher sein. Jedoch glaube ich, dass Sie die Gefahr überschätzen, lieber Robin. Die Neugier der Stadtbewohner wäre eher zu befürchten. Sie würden angelaufen kommen, um mit eigenen Augen den berühmten Robin Hood zu sehen, den Held sämtlicher Balladen, die in aller Mädchen Munde sind.«
Unbemerkt kamen sie zu einem entlegenen Gasthaus und nahmen fröhlich an einem Tisch Platz. Bald stand vor ihnen ein halbes Dutzend Flaschen guten Weins, der bekanntlich die Zungen löst. Eine Flasche folgte der anderen, und das Gespräch wurde so lebhaft und vertraut, dass Much sich wünschte, es würde niemals ein Ende nehmen. So bot er Robin Hood an, sich zu seiner Truppe zu gesellen. Muchs Kameraden, begeistert von den heiteren Schilderungen eines unabhängigen Lebens in Sherwoods Wäldern, folgten bald dem Beispiel ihres Anführers und boten sich an, Robin zu begleiten. Dieser nahm das Angebot an, und Much, der auf der Stelle aufbrechen wollte, bat seinen neuen Anführer um die Erlaubnis, sich noch schnell von seiner Familie zu verabschieden. Little John sollte auf ihn warten, alle drei zu einem Versteck im Wald führen und sie dort einquartieren. Danach sollte er weiter nach Barnsdale gehen, wo er William und Robin antreffen würde.
Einige Minuten, bevor sie das Wirtshaus verließen, betraten zwei Männer den Saal, in dem sie sich befanden. Der erste warf zuerst einen flüchtigen Blick auf Robin Hood, sah Little John an, doch seine ganze Aufmerksamkeit galt Will dem Roten. Diese war so eindringlich und hartnäckig, dass der junge Mann sie bemerken musste. Will wollte diesen Neuankömmling gerade fragen, was er wolle, als dieser sich bewusst wurde, ein Gefühl der Unsicherheit erweckt zu haben und den Blick abwand. In einem Zug leerte er den Becher, den er sich bestellt hatte, und verließ mit seinem Begleiter den Raum.
Versunken in seiner Freude, seiner Hoffnung, verschwieg Will seinem Vetter den Vorfall. Sie stiegen auf die Pferde, ohne auch nur ein einziges Wort darüber verloren zu haben. Auf dem Weg unterbreitete Robin seinem Freund einen Plan: er wollte allein zum Schloss, um Wills Familie auf seine Rückkehr vorzubereiten. Doch konnte sich die Ungeduld des jungen Mannes mit diesem Vorhaben nicht zufrieden geben.
»Mein lieber Robin«, sagte er, »lass mich nicht allein. Meine Rührung ist so groß, dass ich unmöglich nur wenige Schritte von meinem Elternhaus entfernt still und ruhig sein könnte. Außerdem habe ich mich so verändert, dass die Befürchtung besteht, von meiner Mutter beim ersten Anblick nicht erkannt zu werden. Mein qualvolles Leben hat auf meinem Gesicht tiefe, unübersehbare Spuren hinterlassen. Stelle mich als einen Fremden vor, als einen Freund Wills. So könnte ich mich zumindest an der Nähe meiner Eltern erfreuen. Sind sie einmal darauf vorbereitet, kann ich mich immer noch zu erkennen geben.«
Robin gab Wills Wunsch nach und sie ritten gemeinsam zum Schloss von Barnsdale.
Sie betraten zusammen den großen Saal, in dem die ganze Familie versammelt war. Robin wurde mit offenen Armen empfangen. Der Baron verhielt sich auch gegenüber Will, den er für einen Fremden hielt, sehr freundlich.
Winifred und Barbara nahmen neben Robin Platz und überschütteten ihn mit Fragen. Er brachte den Mädchen immer Nachrichten von der Außenwelt.
Robin verspürte Erleichterung, als er die Abwesenheit von Maude und Marianne bemerkte. Nachdem er alle Fragen der Mädchen beantwortet hatte, stand er auf, drehte sich zu Sir Guy und sagte: »Mein Onkel, ich überbringe Ihnen gute Nachrichten, Nachrichten, die Sie glücklich stimmen werden.«
»Ihr Besuch allein erfreut schon mein altes Herz«, antwortete der Greis. »Robin Hood ist ein Bote des Himmels!«, rief die schöne Barbara aus und schüttelte ihr blondes Haar.
»Das nächste Mal, Barbara, werde ich ein Liebesbote sein«, sagte Robin fröhlich, »ich werde Ihnen einen Gatten vorstellen.«
»Ich werde ihn sehr freundlich zu empfangen wissen«, lachte das Mädchen.
»Sie täten gut, Kusine, denn er wird dieses freundlichen Empfanges würdig sein. Ich will ihn nicht beschreiben, doch sobald Ihre schönen Augen ihn erblicken werden, werden Sie zu Winifred sagen: »Schwester, dieser Mann ist mir bestimmt.«
»Sehr gut. Verkünden Sie uns jetzt die Nachricht, die Sie im Begriff waren, meinem Vater mitzuteilen, bevor Sie mir einen Ehemann versprachen.«
»Liebste Barbara, ich wollte meinem Onkel, meiner Tante und auch Winifred mitteilen, dass ich Nachricht bekam von einer uns allen sehr am Herzen liegenden Person.«
»Von meinem Bruder Will?«, fragte Barbara. »Ja, meine Kusine.«
»Ach, welche Freude! Und?«
»Und! Dieser junge Mann, den die Gegenwart solch eines entzückenden Mädchens verlegen macht, hat vor wenigen Tagen William gesehen.«
»Ist mein Sohn gesund?«, fragte Sir Guy mit zitternder Stimme.
»Ist er glücklich?«, fragte Lady Gamwell, die ihre Hände faltete.
»Wo ist er?«, fügte Winifred hinzu.
»Was hält ihn von uns entfernt?«, wollte Barbara wissen, ihre tränenüberströmten Augen auf Robin Hoods Begleiter gerichtet. Der arme William konnte kein einziges Wort sprechen, seine Kehle war wie zugeschnürt, sein Herz pochte wild.
Schweigen breitete sich aus.
Nachdenklich musterte Barbara immer noch den jungen Mann. Plötzlich warf sie sich in seine Arme. Schluchzend rief sie: »Will! Es ist Will! Ich erkenne ihn wieder. Oh, lieber Will, wie glücklich ich bin, dich wiederzusehen!«
Lady Gamwell, ihre Söhne und Winifred umringten den jungen Mann. Sir Guy bemühte sich, seine Ruhe zu bewahren. Bald aber ließ er sich auf einen Sessel fallen und weinte wie ein Kind.
Wills jüngere Brüder waren außer sich vor Freude, sie jubelten, drückten ihn an ihre Brust, sodass Will kaum noch atmen konnte. Robin nutzte die allgemeine Aufregung, um den Raum zu verlassen und zu Maude zu gehen. Angesichts ihrer Zerbrechlichkeit wollte Robin ihr behutsam Wills unerwartete Rückkehr ankündigen. Als er den Saal vor Maudes Gemächern durchquerte, traf er Marianne.
»Was ist im Schloss los, lieber Robin«, fragte sie ihren Verlobten. »Ich hörte gerade Stimmen, die mir sehr glücklich vorkamen.«
»Sie sind es tatsächlich, liebe Marianne. Sie preisen eine sehnsüchtig erwartete Rückkehr.«
»Wessen Rückkehr?«, fragte das Mädchen mit bebender Stimme. »Die Rückkehr meines Bruders?«
»Leider nicht, liebe Marianne.« Er nahm ihre Hand in die seine. »Nicht Allans, sondern Wills. Sie erinnern sich doch noch an Will den Roten, den lieben William?« »Sicher, und ich bin sehr glücklich darüber, dass er gesund zurückgekommen ist. Wo ist er?«
»Ich verließ den Raum, als seine Brüder ihn umarmten. Ich suche nach Maude. Ich gehe zu ihr, um das arme Kind schonend auf Williams Besuch vorzubereiten. Ich habe mir da eine schwierige Aufgabe auferlegt. Ich kenne Sherwoods Schleichwege besser als die verborgenen Winkel eines Frauenherzens«, lachte Robin.
»Spielen Sie nicht den Bescheidenen, Master Robin«, antwortete Marianne fröhlich. »Wie kein anderer wissen Sie in Frauenherzen einzudringen.«
»Sie scheinen sich mit Maude verschworen zu haben, um aus mir durch Ihre Schmeicheleien einen hochmütigen Kerl zu machen. An dem Tag, wo ich das Glück hatte, Sie zum Haus Ihres Vaters zu begleiten, verspürte ich den unwiderstehlichen Drang, Ihr Gesicht zu sehen. Indes die breite Kapuze ließ mich nur Ihre hellen Augen erblicken. Ich ging neben Ihnen her und dachte: »Wenn ihre Züge so schön sind wie ihr Blick, werde ich ihr den Hof machen.«
»Wie, Robin? Mit sechzehn dachten Sie schon daran, die Liebe einer Frau zu erobern.«
»Mein Gott, ja! Und in dem Moment, als ich mir vornahm, mein ganzes Leben Ihnen zu widmen, erschien mir Ihr Gesicht in seiner strahlenden Schönheit. Mein starrender Blick ließ Ihre Wangen erröten. Eine innere Stimme sagte mir: >Dieses Mädchen wird deine Frau!< Ich wusste, dass ich Sie lieben würde.«
Nach einem kurzen Schweigen fuhr Robin gerührt fort: »Seit diesem Tag ist diese Hoffnung auf eine glückliche Zukunft Trost und Stütze meines Lebens. Ich hoffe darauf und glaube daran.«
Ein fröhliches Gejohle stieg bis zu ihnen auf. Die Hände umschlungen, flüsterten sie sich zärtliche Worte zu.
Nun beeilen Sie sich, lieber Robin, gehen Sie zu Maude. Ich werde zu Will gehen und ihm berichten, dass Sie bei seiner Verlobten sind«, sagte Marianne und bot ihm ihre Stirn zum Kuss.
Robin fand Maude in ihren Gemächern.
Ich war mir fast sicher, das Freudengeschrei gehört zu haben, welches Ihre Ankunft verkündet, lieber Robin«, sagte sie und bot ihm Platz an. »Verzeihen Sie, dass ich nicht hinuntergekommen bin, doch fühle ich mich verlegen, fast aufdringlich in dieser fröhlichen Runde.«
»Weshalb, Maude?«
»Weil ich die Einzige bin, der Sie nie eine glückliche Nachricht zu überbringen haben.«
»Ihre Zeit wird kommen, Maude.«
»Ich habe nicht mehr den Mut zu hoffen, Robin. Ich fühle mich von einer tödlichen Traurigkeit erfüllt. Ich liebe Sie von Herzen, ich bin glücklich, Sie zu sehen, obwohl ich Ihnen meine Zuneigung und meine Freude über Ihre Anwesenheit nicht zeigen kann. Manchmal sogar versuche ich Ihnen, lieber Robin, zu entgehen.«
»Mir zu entgehen!«, schrie Robin überrascht.
»Ja, Robin. Jedesmal, wenn Sie Sir Guy Nachrichten von seinen Söhnen überbringen, Winifred die Komplimente von Little John ausrichten, Barbara eine Mitteilung ihrer Brüder übergeben, denke ich: >Ich werde jedesmal vergessen. Nur der armen Maude hat Robin nie etwas Glückliches zu verkünden.<«
»Ich muss Ihnen etwas sagen, Maude.«
»Was wollen Sie mir sagen, Robin?«
»Ich überbringe Ihnen Neuigkeiten, die Sie, dessen bin ich mir sicher, hoch erfreuen werden.«
»Also wissen Sie etwas von ... von ... «
Fragend blickte sie Robin an. Ihr Gesicht drückte zugleich Zweifel, Hoffnung und Glück aus.
»Von wem, Maude?«
»Ach, Sie machen sich über mich lustig«, sprach das arme Mädchen weiter.
»Nein, liebe Freundin, ich habe wirklich eine erfreuliche Nachricht für Sie.«
»Sagen Sie es mir. Schnell.«
»Was hielten Sie von einem Gatten?«, fragte Robin.
»Von einem Gatten? Welch sonderbare Frage.« »Überhaupt nicht, wäre dieser Gatte ... «
»Will! Will! Sie hörten von Will? Ich bitte Sie, Robin, spielen Sie nicht mit meinem Herzen. Es pocht so heftig, dass es schmerzt. Sprechen Sie schon. Geht es dem lieben Will gut?
»Zweifellos, da er daran denkt, Sie zur Frau zu nehmen.«
»Sie haben ihn gesehen? Wo ist er? Wann kommt er?«
»Ich habe ihn gesehen. Er wird bald kommen.«
»Heilige Mutter Gottes, ich danke dir!«, sagte sie und erhob ihre tränenerfüllten Augen zum Himmel. »Wie glücklich wäre ich, ihn zu sehen. Aber ... er ist es! Er ist es!«, schrie sie, ihren Blick zur Tür gerichtet, auf deren Schwelle der junge Mann stand.
Maude fiel bewusstlos in Williams Arme.
»Armes Mädchen!«, murmelte der junge Mann, »die Aufregung war zu groß, kam zu überraschend. Sie ist ohnmächtig geworden. Robin, stütze du sie, ich fühle mich so kraftlos wie ein Kind, ich kann nicht länger stehen.«
Robin setzte Maude behutsam auf einen Stuhl. William konnte seine Tränen nicht zurückhalten und schlug die Hände vors Gesicht. Als Maude wieder zu sich kam, galt ihr erster Gedanke William, ihr Blick suchte ihn. Weinend kniete er zu ihren Füßen, die Arme um ihre Taille geschlungen. Andächtig und zärtlich flüsterte er den geliebten Namen.