Vorsicht, Falschgeld!

Erzählt von Boris Pfeiffer

Mit Illustrationen von Kim Schmidt

Vignette

KOSMOS

Umschlag- und Innenillustrationen von Kim Schmidt, Dollerup

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© 2013, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

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ISBN 978-3-440-14112-0

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Hitzefrei

»Yippieh!« Jubelnd riss Peter Shaw sich das T-Shirt vom Körper und schwenkte es über dem Kopf. »Hitzefrei! Freunde, ich kann mich nicht erinnern, dass es das überhaupt schon mal gab!«

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»Gab es ja auch nicht«, lachte Bob Andrews. »Normalerweise funktioniert nämlich die Klimaanlage in der Schule. Wir haben einfach Glück, dass an dem Ding irgendwas kaputtgegangen ist.«

Auch Justus Jonas, der Dritte im Bunde und Anführer der drei ???, genoss die plötzlich gewonnene Freiheit. Die drei Freunde standen vor ihrer Schule. Wirklich herrschte um elf Uhr früh bereits eine sengende Hitze.

»Und«, rief Bob, »was machen wir jetzt mit diesem geschenkten freien Tag?«

»Ab in den Ozean!«, schlug Peter sofort vor. »Im Moment hilft nur kühles Wasser. Sogar mein Vater hat sich gestern unter den Rasensprenger gelegt.«

Doch Justus schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Peter! Ich habe Onkel Titus gestern beim Aufladen einiger Wertstoffe geholfen, die er bei einem Technikcenter gekauft hat, und mir dabei einen Sonnenbrand zugezogen. Und ich fürchte, wenn ich heute wieder in die Sonne gehe, wird das noch eine richtig schwere Verbrennung.«

Justus lebte seit seinem fünften Lebensjahr bei seinem Onkel Titus und seiner Tante Ma­thilda in Rocky Beach, weil seine Eltern damals bei einem Unfall ums Leben gekommen waren. Sein Onkel betrieb ein weit über die Grenzen des kalifornischen Küstenstädtchens hinaus bekanntes Gebrauchtwarencenter. Die Dinge, die er dort verkaufte, nannte Onkel Titus liebevoll Wertstoffe. In seinen Augen gab es nichts auf der Welt, für das sich nicht noch eine Verwendung finden ließ, selbst wenn sein ur­sprünglicher Besitzer es auf den Müll geworfen hatte.

Peter sah Justus entsetzt an. Tatsächlich war dessen Haut deutlich rötlicher als sonst. »Einmal im Leben hitzefrei und dann nicht ans Meer? Das ist ja schrecklich. Was sollen wir denn dann machen?«

Justus legte den Kopf schief. »Ich hätte eine Idee. Heute kommt doch das neue Heft von Brain Secrets raus. Ihr wisst doch, diese mysteriösen Fälle, bei denen man mitraten kann. Wir könnten es uns holen und dann zusammen den Fall in der Kaffeekanne lösen. Da ist es auch angenehm kühl. Und außerdem habe ich gestern für die Arbeit fünf Dollar von Onkel Titus bekommen. Die würde ich für das Heft spendieren und den Rest für uns alle in ausgesuchter Gehirnnahrung anlegen!«

Die Kaffeekanne war das Geheimversteck der drei ???. Die Freunde nannten es so, weil der ausgediente Wassertank für Dampflokomotiven aus der Ferne wirklich einer alten Kaffeekanne ähnelte.

»Einen mysteriösen Fall lösen und dazu Süßigkeiten futtern?« Bob schnalzte genussvoll mit der Zunge. »Denn ich nehme doch an, Just, dass du mit ausgesuchter Gehirnnahrung Süßigkeiten meinst?«

Justus nickte grinsend. »Klar! Und ich liebe Brain Secrets. Beim letzten Fall habe ich es übrigens geschafft, alle Fragen zu knacken. Und die waren wirklich nicht besonders leicht. Habt ihr sie etwa auch alle gelöst?«

Bob nickte. »Ja, ich schon. Ich habe auch gar nicht so lange gebraucht. Nur einen Nachmittag.«

Peter verdrehte die Augen. »Toll! Die Superhirne unter sich. Ich finde Brain Secrets auch nicht schlecht. Aber ich mache nur mit, wenn wir die Rätsel zusammen lösen. Ich habe nämlich keine Lust, dass ihr euch lauter kluge Dinge zuruft, und ich kann sehen, wo ich bleibe. Außerdem bestehe ich auf einer gerechten Auswahl der Süßigkeiten bei Mr Porter! Wir nehmen nicht wieder nur das, was Justus will, nur weil er angeblich mehr Gehirnarbeit leisten muss!«

Bob lachte. »Abgemacht, Peter! Jedes Rätsel wird gemeinsam durchdacht und die Gehirnnahrung gerecht aufgeteilt.«

Gehirnnahrungskunde

Wenig später standen die drei ??? in Porters Laden am Marktplatz von Rocky Beach. Hier gab es alles, von Bekleidung über Obst bis hin zu Comics und einer breiten Auswahl an Süßigkeiten. Mr Porter war gerade dabei, die Schaufensterscheibe zu putzen. Dabei lief ihm der Schweiß in Strömen über das Gesicht.

»Na, Jungs!«, rief er ihnen entgegen. »So früh? Ist denn die Schule schon aus? Wenn ihr nämlich den Unterricht schwänzt und eure Lehrerin bekommt mit, dass ihr stattdessen bei mir einkauft, bekomme ich mächtig Ärger.«

»Aber Mr Porter, was denken Sie denn von uns!« Justus öffnete seine Mappe, holte einen neuen 5-Dollar-Schein aus einem Seitenfach und legte ihn auf die Ladentheke. »Ich versichere Ihnen, dass es weder mir noch meinen Freunden in den Sinn käme, freiwillig auf Wissen und Bildung zu verzichten. Wir haben lediglich hitzefrei und suchen jetzt nach einem Ersatz für die entfallenen Schulstunden.«

Mr Porter sah Justus misstrauisch an. »Hitzefrei? Was ist denn das für ein Schnickschnack?«

»Die Klimaanlage ist ausgefallen«, rief Peter. »Bei uns im Klassenzimmer schmilzt einem bei diesen Temperaturen das Gehirn weg.«

»Und deswegen wollen wir uns jetzt an einem kühlen Ort an das neue Rätsel in Brain Secrets machen«, erklärte Bob. »Haben Sie das Heft da?«

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Mr Porter legte seinen Wischer zur Seite, strich sich mit der feuchten Hand kurz durchs Haar und holte das Heft aus einem Regal.

»Hier: Brain Secrets – Angriff der Killerviren. Macht einen Dollar und 50 Cent.« Dann sah er auf den Geldschein. »Oder hättet ihr gerne noch was dazu?«

Peter unterdrückte ein Grinsen. Wenn Mr Porter ein Geschäft witterte, konnte ihn nichts aufhalten. »Sie kennen uns einfach zu gut! Sie wissen genau, wir würden Ihren Laden nie verlassen, ohne uns etwas Süßes zu gönnen. Und zwar nehmen wir …«

»Zitronendrops«, rief Bob.

»Pfirsichtee«, sagte Justus gleichzeitig und fügte dann schnell noch hinzu: »Und drei Erdnuss-Nougat-Karamell-Riegel!«

Mr Porters Hände griffen all die Herrlichkeiten gleichzeitig. »Weiter, weiter«, rief er dröhnend. »So schnell könnt ihr gar nicht sprechen, wie ich es euch hinlege.«

Peter kicherte. »Dann noch ein paar von den Kaugummis mit Zuckerwattegeschmack.«

»Und die Milchschokolade mit der weißen Karamellfüllung«, zeigte Bob.

»Für mich die Riegel mit Marshmallow-Creme und Graham-Keks-Stückchen!« Justus leckte sich die Lippen. »Und einmal die scharfen Kaubonbons mit Zimtgeschmack!«

Mr Porter wischte sich den Schweiß von der Stirn, während er alles zusammenhäufte. »Fein, fein, fein. Das sind dann vier Dollar fünfzig. Für 50 Cent könnt ihr euch noch was aussuchen.«

»Schokoladen-Milch-Kekse!«, schrie Bob.

»Die Pfefferminzbonbons, die wie Rettungsringe aussehen!«, schlug Peter im selben Au­genblick vor.

»Erdnussbutterplättchen auf weicher Nougatcreme«, rief Justus ohne Zögern.

Mr Porter sah die Freunde an. »Für eins davon reicht es, aber für alle drei braucht ihr noch einen Dollar mehr!«

»Mehr habe ich nicht.« Justus sah fragend zu Bob und Peter.

Die beiden schüttelten die Köpfe. »Wir auch nicht.«

Mr Porter zuckte bedauernd die Schultern. »Ihr wisst ja, ich würde euch liebend gerne alles umsonst geben. Aber dann hätte ich bald kein Geld mehr, um meine Miete zu bezahlen und den Laden zu öffnen. Das wäre schlimm, nicht wahr?!«