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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Prolog

1.

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3.

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5.

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7.

8.

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10.

11.

12.

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 1765

 

Der Imprint-Faktor

 

Es sind acht Containerwelten – für Millionen Süchtige die letzte Hoffnung

 

von Susan Schwartz

 

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Wie ein Heuschreckenschwarm sind Millionen von Galaktikern in der Galaxis Hirdobaan eingefallen, rund 118 Millionen Lichtjahre von der Milchstraße entfernt. Ihr einziges Ziel: Sie wollen Imprint-Waren kaufen, wollen den »Zauber der Hamamesch« wieder spüren. Doch in Hirdobaan, so scheint es, weiß niemand etwas davon.

Als die BASIS im Sommer 1220 Neuer Galaktischer Zeitrechnung unter dem Kommando von Perry Rhodan vor der kleinen Galaxis eintrifft, werden auch Rhodan und seine Freunde mit dieser ungewohnten Situation konfrontiert.

Bei der BASIS sammeln sich in der Folge Hunderte von galaktischen Raumschiffen, deren Besatzungen sich von Perry Rhodan Hilfe erhoffen. Andere Imprint-Outlaws durchstöbern auf eigene Faust die Galaxis.

Doch dann strahlen die Hamamesch – oder wer auch immer – einen Funkspruch aus; alle Galaktiker in Hirdobaan können ihn empfangen. Sein Inhalt: »Es gibt Imprint-Waren für alle – kommt zu den Containerwelten.« Tausende von Raumschiffen machen sich erneut auf den Weg – sie starten zu acht Containerwelten.

Bei dieser neuen Jagd geht es letztlich um den IMPRINT-FAKTOR ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Die Sucht nach dem Imprint hat ihm einige der besten Freunde genommen.

Gucky – Der Mausbiber ist erneut auf Spionage-Einsatz bei den Fermyyd.

Ralf Barjom, Hagen Fejk, Felia Horn – Drei Terraner stöbern auf Roenderveen herum.

Florence Bordemoore – Kommandantin eines Hospitalschiffes.

Schiller – Ein merkwürdiger Imprint-Süchtiger.

Prolog

Der Moment der Glückseligkeit

 

Und dann, auf einen Schlag, waren alle Leiden vorüber.

Alle Schmerzen, alle Grausamkeiten, die aufgestaute Wut, lang gehegter Hass und Neid waren vergessen, als die Süchtigen endlich von ihrer Qual erlöst wurden. Stille und Frieden breiteten sich auf über 10.000 Schiffen aus, als hätte es nie Streit, Gewalttätigkeit oder gar Mord gegeben.

Das schier Unglaubliche war eingetreten: Die Hamamesch hatten Wort gehalten und den süchtigen Galaktikern die Imprint-Waren übergeben, nach denen sie sich mehr als nach allem anderen gesehnt hatten.

Jeder der Süchtigen war inzwischen im Endstadium des körperlichen und seelischen Entzugs angekommen, sodass er alles dafür getan hätte, sogar sein eigenes Leben angeboten, nur um von der Seelenqual befreit zu werden. Die Selbstmordrate war dramatisch angestiegen; mancher Süchtiger würde vermutlich nicht mehr lange leben.

Jeder war zum Feind des anderen geworden; obwohl sie alle unter demselben Entzug litten, hatten sich keine Leidensgemeinschaften oder gegenseitiges Verständnis gebildet. Das Gegenteil war der Fall gewesen: Jeder hatte sich auf sich allein gestellt gefühlt, hatte geglaubt, keinem trauen zu können, und unaufhörlich den anderen belauert, wartend auf ein Zeichen von Schwäche.

Wer sich und seine Tauschwaren nicht mehr verteidigen konnte, war den anderen hilflos ausgeliefert und sein Leben keinen Pfifferling mehr wert gewesen. Gelegentlich hatten sich Bündnispartner zum Schein zusammengetan, um einen Dritten zu überwältigen, bevor sie sich anschließend gegenseitig an die Kehle gegangen waren.

Die Kommandanten hatten dabei die meisten Vorteile auf ihrer Seite gehabt, da sie die Schiffe unter ihrer Kontrolle hielten und sorgfältig darauf achteten, diesen Vorsprung auch zu halten. Manche, wie die akonische Admiralin Stomal Zystaan, hatten sich zusätzliche Vorteile verschafft, indem sie ihre »Verbündeten« von sich abhängig machten – wie in Zystaans Fall durch ein tödliches Gift.

Doch all diese Bemühungen waren völlig sinnlos geworden, als die Imprint-Waren übergeben wurden: Ganz gleichgültig, wie viel ein Süchtiger an sich gerafft und eifersüchtig bewacht hatte, er erhielt genauso viel wie diejenigen, die außer ihrem Leben gar nichts mehr besaßen! Jeder der Imprint-Outlaws erhielt genau ein einziges Warenstück.

Keiner wurde ausgelassen; es spielte keine Rolle, ob er bildlich gesprochen ganz vorne in der Reihe stand oder zurückgedrängt wurde. Die Proteste der »Vermögenden«, die mehr Imprint-Waren für ihre wertvollen Tauschmittel verlangten, wurden völlig ignoriert.

Die Galaktiker waren betrogen worden, doch das wurde den Süchtigen selbst zunächst nicht so sehr bewusst; sie wollten nur Erlösung von ihrer Pein.

Die erste, größere Enttäuschung kam auf, als die frisch eingetroffenen, sehnlich erwarteten Waren in Empfang genommen werden durften: Es waren einfache, unscheinbare Würfel.

Die Imprint-Würfel hatten eine Kantenlänge von etwa zwölf Zentimetern und bestanden aus einer unbekannten Metalllegierung. Je nach Lichteinfall konnte die Farbtönung in allen Nuancen von Rot bis Gelb schwanken. Obwohl die Würfelflächen völlig undurchsichtig waren, schien aus dem Inneren heraus eine schwache Lichtquelle zu glimmen – eine reine Materialeigenschaft. Diese äußerlich wenig darstellenden, rein pragmatischen Würfel boten einen krassen Gegensatz zu den in den Basaren der Milchstraße feilgebotenen, farbenprächtigen (wenngleich auch wenig nutzbringenden) Waren, sodass die erste Enttäuschung auf den Gesichtern der erwartungsvollen Imprint-Outlaws nur allzu verständlich war.

Doch dieser Moment herrschte nur ganz kurz vor, womöglich nicht einmal eine Sekunde. Die wenigen Immunen, etwa die Blues, konnten beobachten, wie sich der Ausdruck auf den Gesichtern der Imprint-Outlaws innerhalb eines Augenblicks völlig wandelte. Aus Enttäuschung, Frustration und Zorn wurde selige Zufriedenheit. Die Würfel mussten ihren Reiz wie mit einem Keulenschlag entfaltet haben und sofort eine unglaubliche Wirkung auf die Süchtigen ausüben.

Von einer Sekunde zur anderen herrschte Frieden auf sämtlichen Galaktiker-Schiffen. Kein Imprint-Outlaw dachte mehr daran, wie er an weitere psionische Würfel kommen könnte; keiner neidete dem anderen seinen Besitz. Mit einem sprichwörtlichen Schlag waren alle von ihren Entzugserscheinungen befreit.

Zufrieden und glücklich drückten sie die Würfel an sich, zärtlich und behutsam wie eine sehr kostbare, zerbrechliche Rarität. Die ehemals Süchtigen hatten alle Sorgen und Ängste vergessen, und sie zerstreuten sich auf den Schiffen in die entferntesten Winkel, um ihr Glück allein zu genießen.

Keiner von ihnen wäre mehr in der Lage gewesen, eine drohende Gefahr zu erkennen oder ihr zu begegnen.

Keiner von ihnen hätte mehr bewusst jenen plötzlichen Aufschrei vernehmen können, selbst wenn er auf allen Schiffen über Bordfunk in voller Lautstärke übertragen worden wäre – doch er war da, ein schriller Schrei voller Not und Verzweiflung:

»Nein, Bully! Nicht du!«

1.

Der Schiller von Gombar

 

Ich misstraute der Nachricht, als sie geradezu frohlockend über den Bordfunk verbreitet wurde: »Wir haben es geschafft! Es gibt Imprint-Waren für alle!«

Mein Misstrauen legte sich auch nicht, als wir die Mitteilung erhielten, uns umgehend in Hangar soundso einzufinden, um mit einem BASIS-Kreuzer zum Torresch-System zu fliegen und dort die Waren in Empfang zu nehmen. Den Namen des Kreuzers vergaß ich ebenso schnell wie die Hangar-Nummer, und eigentlich wollte ich mich nicht darum kümmern. Seit Tagen hatte ich unerträgliche Kopfschmerzen und wollte in erster Linie schlafen, daher wurde ich durch die Störung des laut kreischenden Funks nur gereizter.

Doch ich sollte nicht mehr zur Ruhe kommen. Josch rannte in meine Kabine, packte mich und zerrte mich aus dem Bett (eigentlich hob er mich aus dem Bett und schleuderte mich wie ein welkes Blatt durch die Luft).

»Was ist los mit dir, hast du die Nachricht verschlafen?«, rief er laut.

Ich hielt mir schmerzgepeinigt die Ohren zu. »Brüll hier nicht herum!«, herrschte ich ihn an. »Du weißt genau, dass ich das nicht ertragen kann!«

»Ja, schon gut«, sagte er gedämpft.

Ich tat ihm unrecht, doch das kümmerte mich wenig. Mein Gehör ist sehr empfindlich, und wenn ich Kopfschmerzen habe, ist der Aufprall einer Feder auf eine Metallplatte unerträglich laut.

Josch konnte nichts für sein Organ, er war ebenso groß wie stimmgewaltig mit seinem mächtigen Brustkorb. Darüber hinaus war er sehr gutmütig, und nur aus diesem Grund duldete ich ihn in meiner Nähe. Er hatte einen Narren an mir gefressen, weiß Hurg der Regenreiche, weshalb. Abgesehen davon natürlich, dass ich anfangs zur Entwicklung seiner freundschaftlichen Gefühle ein wenig nachgeholfen habe, aber das fällt kaum ins Gewicht.

»Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren«, fügte Josch wispernd hinzu.

Er hatte mir einmal erzählt, dass er von einer Welt stammte, die von Humanoiden, die sich Ertruser oder so ähnlich nannten, besiedelt worden war. So war das bei mir auch. Auch wenn an mir äußerlich eine Menge verändert sein mochte, war ich ebenso humanoid wie Josch. Bedingt durch die Umwelt auf Gombar sind wir sehr stark mutiert; darüber rede ich allerdings nicht, denn das ist nur Schiller-Angelegenheit.

Immerhin kann ich das Verhalten der »echten« Humanoiden richtig verstehen, es ist mir in manchem ähnlich, und ich kann sehr gut mit ihnen kommunizieren und Gedanken austauschen.

Was mich an Josch besonders interessiert, ist seine bedingungslose Loyalität mir gegenüber. Mit ihm legt sich keiner an, und so habe auch ich meine Ruhe. Ich bin von meinem extrem zartgliedrigen Körperbau her den meisten anderen unterlegen, meine Glieder sind viel zu unbeweglich und meine Reaktionsfähigkeit viel zu langsam, um entsprechend ausweichen oder gar zurückschlagen zu können.

»Hör auf mit dem dummen Geschwafel«, fiel ich Josch ins Wort. »Die wollen uns nur wieder verlegen, verstehst du? Sie haben uns auf die BASIS geholt, um uns aus dem Verkehr zu ziehen und unter Kontrolle zu halten. Uns gegenüber haben sie behauptet, dass sie uns behandeln und angeblich heilen wollten. Und jetzt, wo sie tatsächlich nicht mehr weiterwissen, schieben sie uns einfach wieder ab!«

»Aber es ist wahr!«, behauptete Josch eigensinnig. Er achtete nicht auf meine Proteste, sondern schob mich einfach den Gang entlang. »Es ist kein Trick oder sonst etwas, außerdem kann es uns völlig egal sein, wohin sie uns bringen!«

»Uns kann alles völlig egal sein«, stimmte ich ihm zu.

Ich sah ein, dass es keinen Sinn hatte, hierbleiben zu wollen. Also folgte ich diesem schwerfälligen, großen Menschen; eine andere Wahl hatte ich nicht.

 

*

 

Ich war froh, als wir endlich an Bord des Kreuzers waren, denn ich war ziemlich ausgepumpt. Gleich darauf wünschte ich mir, doch auf der BASIS geblieben zu sein. Zusammengepfercht hockten wir auf dem Aufenthaltsdeck, unter strenger Bewachung, damit keiner von uns jetzt noch etwas anstellen konnte. Angeblich waren die registrierten Besitztümer mit an Bord, aber keiner durfte das überprüfen.

»Es ist sinnlos, dass du mich mitgeschleppt hast«, sagte ich zu Josch. »Seitdem Gur und Drakkan mich ausgeraubt haben, besitze ich nichts mehr.«

»Das spielt doch gar keine Rolle«, widersprach der sanftmütige Riese. »Sie sagen, dass es Waren für jeden gibt, ganz egal, ob er etwas besitzt oder nicht.«

Als Mensch wie Josch hätte ich jetzt wahrscheinlich sarkastisch gelacht. In mir steckt noch viel Erbe humanoiden Verhaltens, aber ich bemühe mich, es zu unterdrücken. Ich möchte nicht als echter Humanoider bezeichnet werden.

Daher sagte ich nur: »Verlier dich nicht immer in deinen Träumen, Josch, sonst wirst du eines Tages das Erwachen unerträglich finden.«

Ich wartete nicht ab, ob er etwas erwidern würde, sondern stand auf. Möglicherweise fand ich bei der Essensausgabe etwas, das meine Kopfschmerzen lindern konnte. Ich war inzwischen schon fast blind vor Schmerz und nicht mehr sehr sicher auf den Beinen.

»He, Schiller!«, rief mir ein hagerer, sehr hellhäutiger Mensch nach.

Ich blieb stehen, drehte mich zu ihm um und erkannte jetzt erst, dass es ein Arkonide war. Diese Humanoiden kann ich nicht besonders leiden, weil sie meist so arrogant sind.

»Was willst du, Mensch?«, fragte ich provozierend.

»Ich bin kein Mensch, sondern Arkonide!«, fuhr der Angesprochene auf.

»Siehst du, und ich heiße nicht Schiller«, konterte ich gelassen. »Ich bin einer vom Volk der Schiller und stamme von Gombar.«

Ich drehte mich um und ging so schnell weiter, wie meine schwachen, steifen Beine es noch schafften.

»Ich brech ihm die langen dünnen Beine, das wird ihn von seinem Podest herunterholen, auf das er sich selbst erhoben hat!«, zischte der Arkonide.

Obwohl ich schon ein gutes Stück entfernt war, konnte ich ihn sehr gut von all den anderen schwirrenden Stimmen im Raum unterscheiden.

»Lass ihn in Ruhe«, sagte leise ein Mann, der neben ihm saß.

Ich spürte seinen Blick in meinem Rücken. Aber es drohte keine Gefahr, und ich lauschte aufmerksam, während ich weiter auf die Essensausgabe zustrebte.

»Du weißt wohl nicht, was er vor einiger Zeit getan hat!«, schnaubte der Arkonide. »Zwei miese Typen haben ihn überfallen, als sein dicker Freund gerade mal unterwegs war. Sie haben ihn ausgeraubt, ohne dass er sich zur Wehr gesetzt hätte. Aber kurz darauf sind sie unter merkwürdigen Umständen umgekommen. Selbstmord, heißt es, aber daran glaube ich nicht. Weder seine noch deren Sachen hat man je gefunden. Ich glaube, dass der Kerl uns alle übervorteilen wird!«

»Ich habe ganz andere Sachen über ihn gehört«, fügte der andere hinzu. »Er soll merkwürdige Dinge mit Leuten anstellen, die ihm zu nahe kommen.«

»Du meinst seinen beschränkten Leibwächter?«

»Nein. Andere Sachen. Und nichts Gutes. Halt dich fern von ihm und provoziere ihn nicht.«

Ich lockerte meine Konzentration, der Schmerz wurde durch die Anstrengung noch schlimmer. Außerdem erfuhr ich nichts Neues. Es stimmte, dass Gur und Drakkan kurz nach dem Raub starben, aber sie alle wussten natürlich nicht, was tatsächlich Sache war.

Und ich halte mich bestimmt nicht für besser als die anderen. Ich möchte nur nicht zu viel mit ihnen zu tun haben, sondern lieber als Außenstehender beobachten. Denn trotz eines gemeinsamen alten Erbes bin ich sehr fremd. Andererseits hatte mich gerade das von Gombar fortgetrieben ...

Auch nach der langen Zeit ist es für mich immer noch sehr verwirrend, was ich wirklich fühlte und dachte. Allerdings wusste ich genau, was ich wollte: Ich hatte mich so sehr nach den Sternen gesehnt ...

Daran wollte ich jetzt nicht denken, ich brauchte unbedingt Nahrung. Das war der einzige Glücksfall gewesen, seitdem ich zu einem Süchtigen geworden war: Auf der BASIS gab es für jeden Bedürftigen etwas, ohne dass viele Fragen gestellt worden wären.

Sie hatten alle viel zu viel Kummer mit der sich wie eine Seuche ausbreitenden Sucht; sie war ein riesiges Hospital.

Glücklicherweise unterschied sich der Kreuzer in der Nahrungsvielfalt nicht von der BASIS. Ich erstand einen großen Teller eines süßen, klebrigen Breis, der sich aus bestimmten, von mir angegebenen Komponenten zusammensetzte und nahezu denselben Nährwert bildete wie das Essen auf Gombar.

Ich war so gierig und ausgehungert, dass ich mich, noch bevor ich mir ein ruhiges Plätzchen gesucht hatte, über den Brei hermachte. Ich fuhr meine Röhrenzunge aus, die empfindlichen Geschmacksorgane an den beiden Enden der gespaltenen Spitze tasteten vorsichtig über den Brei. Verzückt schloss ich die Augen und begann zu saugen.

»Na, schmeckt's denn wenigstens?«, erklang plötzlich eine Stimme, und ich fuhr unwillkürlich zusammen und riss die Augen auf.