Zitkala-Ša

Zitkala-Ša

Roter Vogel erzählt

Die Geschichten einer Dakota

Mit Illustrationen von Angel de Cora

(Hinook-Mahiwi-Kilinaka)

Aus dem Englischen

von Frank Elstner und Ulrich Grafe

Palisander

Der Verlag dankt Ulrich Grafe (Skript), Stephanie Hauptfleisch (Mezzosopran), Frank Blümel (Tenor), Marc Kirsten (Klavier), Mechthild Winkler (Violine), Katrin Decker (Sprecherin) und Uta Millner (Schnitt) für die Erstellung der Videodokumentation zur »Sonnentanzoper«.

Deutsche Erstausgabe

1. Auflage November 2015

Originaltitel:

- American Indian Stories

- Old Indian Legends

- Dreams and Thunder © University of Nebraska Press 2001

Deutsch von Frank Elstner und Ulrich Grafe

© 2015 by Palisander Verlag, Chemnitz

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Schutzumschlaggestaltung: Anja Elstner, unter Verwendung von zwei Fotografien Zitkala-Šas von Gertrude Käsebier, 1898, und des Bildes »Red Wing« von Melinda Fawver (USA)

Einbandgestaltung: Anja Elstner, unter Verwendung des Originalcovers von American Indian Stories (Muster einer Navajo-Decke)

Lektorat: Palisander Verlag

Redaktion & Layout: Palisander Verlag

1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2016

ISBN 978-3-938305-89-8

www.palisander-verlag.de

Inhaltsverzeichnis

Cover

Titel

Impressum

Einleitung

Die »Sonnentanzoper«

I Indianische Erzählungen

Eine indianische Kindheit

Schultage eines Indianermädchens

Als indianische Lehrerin unter Indianern

Der Große Geist

Der sanftmütige Sioux

Der Weg der Prüfung

Die Tochter eines Kriegers

Ein Traum vom Großvater

Das weitverbreitete Rätsel um Blue-Star Woman

Die Liebe einer Sioux-Frau für ihr Enkelkind

Das tanzende Kind Pi-Yeh-Kah-Nump, verwandelt

Die Suche nach Bear Claws, dem vermissten Schuljungen

Gebet von Pe-Šnija – Shriveled-Top

Die Krönung von Häuptling Powhatan, neu erzählt

II Mythen, Märchen und Legenden

Vorwort

Iktomi und die Enten

Iktomis Decke

Iktomi und der Bisam

Iktomi und der Kojote

Iktomi und das Hirschkalb

Der Dachs und der Bär

Der an den Baum Gefesselte

Der rote Adler wird geschossen

Iktomi und die Schildkröte

Tanz in einem Büffelschädel

Die Kröte und der Junge

Iya, der Dorfverschlinger

Manštin, das Kaninchen

Die kriegerischen Sieben

Die Büffelfrau

Als die Büffelherde westwärts zog

Bussardbalg und die Wasserungeheuer

Die Falkenfrau

Der Junge und der Regenbogen

Der Steinknabe

Die Erschaffung eines Donnerwesens

Zicha, das Hörnchen, und Iktomi

Die Hexen-Frau

Der Hörnchen-Mann und sein Doppelgänger

III Vorträge und Essays

Seite an Seite

Ein Protest gegen die Abschaffung des indianischen Tanzes

Die Geschenke des Indianers für den zivilisierten Menschen

Amerika, Heimat des Roten Mannes

Das Gebet eines Indianers auf einem Berg

Amerikanisiert den ersten Amerikaner

Amerikas Indianerproblem

Eine Dakota-Ode an Washington

Bei den Indianern Kaliforniens

1. Pfade und Gebetsbäume der kalifornischen Indianer

2. Die verlorenen Verträge der kalifornischen Indianer

3. Die kalifornischen Indianer von heute

4. Ein Vortrag vor Freunden

Träume

Das Jahr, das das Leben erneuert

Anhang

Die Tochter von Grauer Wolf (von Angel de Cora)

Das kranke Kind (von Angel de Cora)

Eine autobiographische Skizze (von Angel de Cora)

Quellen

Weitere Bücher

Fußnoten

Einleitung

Zitkala-Ša wurde 1876 auf der Yankton-Sioux-Reservation in South Dakota geboren. Sie war die Tochter der Yankton-Dakota Táte I Yohin Win (Reaches for the Wind), der Missionare den Taufnamen Ellen Simmons gegeben hatten, und eines weißen Händlers namens William Felker, welcher die Familie jedoch schon vor ihrer Geburt verließ.

Zitkala-Šas Taufname lautete Gertie Eveline Felker. Später nannte sie sich Gertrud Simmons. Erst mit über 20 Jahren wählte sie für sich den Namen Zitkala-Ša – Roter Vogel. Ihre Muttersprache war wahrscheinlich Nakota (der bei den Yankton-Sioux gebräuchlichste Dialekt); für ihre Korrespondenz mit Stammesmitgliedern verwendete sie allerdings den Dakota-Dialekt, und sie bezeichnete sich selbst als eine Dakota. Zitkala-Ša hingegen ist ein Lakota-Name, das heißt, ein Begriff aus dem meistverbreiteten unter den drei Sioux-Dialekten. Unter diesem Namen, mit dem sie ihre indianische Identität hervorheben wollte, veröffentlichte sie ihre Texte in Büchern und Zeitschriften. Für ihre politischen Aktivitäten verwendete sie vorrangig den Namen Gertrud (Simmons) Bonnin (sie heiratete 1902 den Yankton-Sioux Raymond Bonnin).

Gertie wuchs bei ihrer Mutter und ihrem Bruder David (Dawée) auf und genoss eine traditionelle indianische Erziehung. Das bedeutete auch, dass sie von den Alten des Stammes viele der überlieferten Märchen und Legenden ihres Volkes kennenlernte, von denen sie später etliche schriftlich aufzeichnen sollte. 1884, im Alter von acht Jahren, wurde sie in eine von Quäkern geführte Boarding School (White’s Manual Labor Institute in Wabash, Indiana) gebracht, einer Internatsschule für indianische, aber auch für arme schwarze und weiße Kinder. Nach einigen Unterbrechungen – sie kehrte für einige Zeit zu ihrer Mutter zurück und ging zeitweise auf eine andere Schule – erhielt sie 1895 ihr Schulabschlussdiplom am White’s Manual Labor Institute.

Von 1895 bis 1897 studierte sie am Earlham College in Indiana, wo sie ihre englischen Sprachkenntnisse perfektionierte; sie musste ihr Studium allerdings aufgrund einer Erkrankung kurz vor dem Abschluss abbrechen. 1896 vertrat sie das College beim Rednerwettbewerb von Indiana, wo sie mit ihrem Vortrag »Seite an Seite« (siehe Seite 327) den zweiten Preis errang. Von 1897 bis 1899 war sie als Lehrerin an der berühmten Carlisle-Indianerschule tätig.

Des Weiteren lernte sie bereits auf der Internatsschule Klavier und Violine spielen. Nach ihrer Zeit an der Carlisle-Schule ging sie ans New Conservatory of Music in Boston, um dort bis zum Sommer 1901 Violine zu studieren. In diese Zeit fällt auch ihr beginnender literarischer Ruhm. Ihre autobiographischen Texte, die den Anfang des vorliegenden Buches bilden, erschienen im renommierten Magazin Atlantic Monthly, weitere Schriften im einflussreichen Harper’s Monthly Magazine. Sie sammelte indianische Legenden, von denen ein Teil 1901 in ihrem ersten Buch »Old Indian Legends« veröffentlicht wurde, das von der Winnebago-Indianerin Hinook-Mahiwi-Kilinaka (Angel de Cora)1 illustriert wurde. 1921 brachte sie das Buch »American Indian Stories« heraus, das die autobiographischen Texte und andere Geschichten enthielt. Eine umfangreiche Sammlung weiterer Erzählungen und Legenden aus ihrer Feder wurde erst in den 1990er Jahren von Professor Jane Hafen in ihrem Nachlass entdeckt und erstmals 2001 veröffentlicht.

Zitkala-Ša beherrschte die englische Sprache meisterhaft, was nicht nur in ihren Erzählungen zum Ausdruck kommt. Ihre darauf beruhende brillante Rhetorik war ihre Waffe, um den Interessen der Indianer Gehör zu verschaffen. Ihr politisches Denken war panindianisch geprägt, das heißt, sie kämpfte darum, die Lebensbedingungen der nordamerikanischen Ureinwohner, unabhängig von ihrer Stammeszugehörigkeit, zu verbessern, ihnen eine Stimme zu verschaffen, sie zu vollwertigen Bürgern des Landes, dessen erste Bewohner sie waren, werden zu lassen.

Zitkala-Ša war ab 1916 Generalsekretärin der panindianischen Vereinigung Society of American Indians, die von 1911 bis 1923 existierte und unter anderem für die Anerkennung der US-amerikanischen Staatsangehörigkeit der Indianer kämpfte. Von 1918 bis 1919 gab sie auch deren Zeitschrift, das American Indian Magazine, heraus. 1926 gründete sie den National Council of American Indians, der sich für die Bürgerrechte der Indianer, mehr Bildungsmöglichkeiten, ein besseres Gesundheitswesen und kulturelle Anerkennung einsetzte. Sie war eine scharfe Kritikerin der Politik des Bureau of Indian Affairs (Behörde für Indianerangelegenheiten), welches unter anderem dafür verantwortlich war, dass es indianischen Kindern strengstens verboten war, sich an den Schulen in ihren Muttersprachen zu unterhalten.

Von 1902 bis 1916 lebte Zitkala-Ša in Utah, wo ihr Mann eine Verwaltungsstelle auf einer Ute-Reservation bekommen hatte. 1903 wurde ihr einziges Kind Raymond Ohiya geboren.

1916 zog das Ehepaar nach Washington, wo Zitkala-Ša ihre »Lobbyarbeit« zugunsten der Ureinwohner des Landes noch intensivierte – unermüdlich reiste sie durchs Land, hielt Vorträge und verschaffte sich Einblicke in die konkreten Probleme der einzelnen Stämme. Sie war auch Mitglied der Frauenorganisation General Federation of Women’s Clubs und versuchte in deren Rahmen, die Aufmerksamkeit der amerikanischen Frauenrechtlerinnen auf die Situation der Indianer zu lenken.

In der Presse wurde Zitkala-Ša oft als (leibliche) Enkeltochter Sitting Bulls bezeichnet. Sie hat dem nie widersprochen; tatsächlich kann sie zu Recht als geistige Enkelin des großen Häuptlings angesehen werden, dessen Kampf um die Freiheit seines Stammes sie mit ihrer Waffe, dem geschliffenen Wort, fortsetzte.

Zitkala-Ša starb 1938 in Washington.

Frank Elstner, September 2015

Die »Sonnentanzoper«

1908 begegnete Zitkala-Ša in Fort Duchesne, Utah, dem Musiklehrer und Mormonen William Frederick Hanson. Dieser plante bereits damals, Elemente des Bärentanzes der Ute-Indianer in einer Oper zu verarbeiten und so indianische Musik einem weißen Publikum nahezubringen. Zitkala-Ša überzeugte ihn davon, statt des Bärentanzes den hochreligiösen Sonnentanz zu thematisieren.

Im Jahr 1910 wohnten beide einem Sonnentanz der Ute-Indianer bei. Hanson nahm Ute-Gesänge mit einem Phonographen auf, um musikalisches Material für die Oper zu sammeln. Zitkala-Ša wiederum spielte ihm traditionelle Sioux-Melodien auf der Violine vor, und sie arbeitete mit am Libretto, einer romantischen Liebesgeschichte vor dem Hintergrund des Themas des Sonnentanzes.

Die Uraufführung von »The Sun Dance Opera« in Vernal, Utah, im Februar 1913 war ein überwältigender Erfolg, was zu einem großen Teil der Tatsache zu verdanken war, dass eine Gruppe ortsansässiger Ute-Indianer an der Produktion beteiligt war. Unter Leitung des hundertjährigen Lakota Old Sioux führten sie an bestimmten Stellen der Oper traditionelle Tänze und Gesänge auf, die in der Partitur nicht niedergeschrieben waren. Die Darsteller der Hauptfiguren allerdings waren ausgebildete weiße Opernsänger, und in den von ihnen gesungenen Arien und Duetten kommen auch die indianischen Melodien vor, die Hanson und Zitkala-Ša zuvor gesammelt hatten.

Die »Sonnentanzoper« gilt als erste Oper, an deren Entstehung eine nordamerikanische Ureinwohnerin maßgeblich beteiligt gewesen ist.

Unter dem folgenden Internetlink finden Sie eine Videodokumentation über die »Sonnentanzoper«:

www.palisander-verlag.de/​videos (Zitkala-Ša)

Ulrich Grafe, September 2015

Teil I

Indianische Erzählungen

Eine indianische Kindheit

I – Meine Mutter

Am Fuße von Hügeln mit unregelmäßig geformten Hängen stand ein Tipi aus Leinwand, die das Wetter fleckig hatte werden lassen. Ein Pfad schlängelte sich sanft durch das abschüssige Gelände, hinunter zu den weiten Flussauen. Von beiden Seiten neigte sich hohes Sumpfrispengras über den schmalen Weg, der am Ufer des Missouri endete.

Am Morgen, am Mittag und am Abend eines jeden Tages ging meine Mutter hier entlang, um Wasser für den Haushalt zu holen. Immer, wenn sie sich auf den Weg zum Fluss machte, unterbrach ich mein Spiel, um neben ihr herzurennen.

Meine Mutter war von mittlerem Wuchs. Oft war sie traurig und still, und dann wurden ihre sonst schön geschwungenen Lippen zu harten, bitteren Strichen, und unter ihren schwarzen Augen lagen Schatten. Ich umklammerte dann immer ihre Hand und bettelte darum, dass sie mir den Grund für ihre Tränen nannte.

Sie aber sagte: »Pst! Meine kleine Tochter darf nicht von meinen Tränen sprechen.« Sie lächelte mich unter Tränen an, tätschelte mir den Kopf und rief: »Und nun zeig mir, wie schnell du heute rennen kannst!« Daraufhin schoss ich, so schnell ich nur konnte, davon, und mein langes, schwarzes Haar flog im Wind.

Ich war ein wildes kleines Mädchen von sieben Jahren. Mit einem weiten Rock aus Wildleder gekleidet und an den Füßen ein Paar weicher Mokassins, war ich frei und flink wie der Wind, der mein Haar flattern ließ, und nicht weniger temperamentvoll als ein springender Hirsch. Das war es, worauf meine Mutter stolz war: meine wilde Freiheit und mein Überschwang. Sie lehrte mich, nichts zu fürchten außer mich jemandem aufzudrängen.

Nachdem ich ihr ein ganzes Stück vorausgeeilt war, hielt ich inne, rang keuchend um Atem und lachte glücklich, als ich sah, dass meine Mutter jede meiner Bewegungen aufmerksam verfolgte. Ich war mir nicht nur meiner selbst vollkommen bewusst, sondern ich fühlte mich auch belebt wie von einem inneren Feuer. Es war, als wäre ich die Lebhaftigkeit schlechthin und als wären meine Hände und Füße nichts weiter als Werkzeuge meines Geistes, durch die er wirken konnte.

Auf dem Rückweg vom Fluss trottete ich neben meiner Mutter her, mit einer Hand am Eimer, vollkommen überzeugt davon, dass ich es war, die ihn trug. Ich erinnere mich an ein Gespräch, das wir bei solch einer Gelegenheit führten. Meine bereits herangewachsene Cousine Warča-Ziwin (Sonnenblume), die siebzehn Jahre alt war, ging stets allein zum Fluss, um Wasser für ihre Mutter zu holen. Ihr Tipi war nicht weit von unserem entfernt, und so sah ich jeden Tag, wie sie zum Fluss ging und wieder zurückkehrte. Ich bewunderte meine Cousine sehr. Deshalb sagte ich: »Mutter, wenn ich so groß wie meine Cousine Warča-Ziwin bin, musst du nicht mehr Wasser holen gehen. Ich werde das für dich tun.«

Mit einem sonderbaren Beben in der Stimme, dessen Ursache ich nicht verstand, antwortete sie: »Wenn das Bleichgesicht uns nicht den Fluss, aus dem wir trinken, wegnimmt.«

»Mutter, wer ist dieses böse Bleichgesicht?«, fragte ich.

»Meine kleine Tochter, es ist ein Betrüger, ein blasshäutiger Betrüger! Der bronzefarbene Dakota ist der einzige echte Mensch.«

Ich blickte zu meiner Mutter auf, während sie so sprach. Ich sah, wie sie sich auf die Lippen biss, und begriff, dass sie unglücklich war. Das weckte Rachegelüste in meiner kleinen Seele. Ich stampfte mit dem Fuß auf und schrie: »Ich hasse das Bleichgesicht, das meine Mutter zum Weinen bringt!«

Meine Mutter stellte den Wassereimer auf den Boden, beugte sich herab und legte mir den rechten Arm um die Schultern. Mit der linken Hand wies sie auf den Hügel, wo mein Onkel und meine einzige Schwester begraben lagen.

»Das ist es, was das Bleichgesicht getan hat! Und später ist auch dein Vater begraben worden, auf einem Hügel weiter in Richtung der aufgehenden Sonne. – Einst waren wir sehr glücklich. Doch das Bleichgesicht hat uns unser Land gestohlen und uns hierher getrieben. Betrogen hat er uns um unser Land und uns so gezwungen fortzugehen.

An dem Tag, als wir das Lager verlegten, waren deine Schwester und dein Onkel beide sehr krank. Auch viele andere waren krank, aber es gab keine Möglichkeit, ihnen zu helfen. Wir waren viele Tage und Nächte unterwegs, aber nicht auf die großartige und fröhliche Weise, wie es der Fall war, als ich noch ein kleines Mädchen war. Getrieben wurden wir, wie eine Herde Vieh. Bei jedem Schritt schrie deine kleine Schwester, die kleiner war als du es heute bist, voll Qual auf, bis sie vom Schreien heiser war. Ihr Fieber stieg und stieg. Ihre kleinen Hände und Wangen glühten. Ihre Lippen waren trocken, aber sie wollte das Wasser, das ich ihr reichte, nicht trinken. Da bemerkte ich, dass ihre Kehle rot und geschwollen war. Mein armes Kind, wie habe ich mit ihr geweint, weil der Große Geist uns vergessen hatte!

Als wir schließlich in diesem westlichen Landstrich angekommen waren, starb deine Schwester in der ersten Nacht vor Erschöpfung. Und bald darauf starb auch dein Onkel und ließ eine Witwe und eine Waisentochter, deine Cousine Warča-Ziwin, zurück. Deine Schwester und dein Onkel, sie beide würden heute glücklich mit uns zusammenleben, wäre da nicht das herzlose Bleichgesicht gewesen.«

Den Rest des Weges zu unserem Tipi schwieg meine Mutter. Ich sah keine Tränen in ihren Augen, aber ich wusste, dass das nur daran lag, dass ich bei ihr war. Sie weinte nur selten vor mir.

II – Zeit für Legenden

In der Sommerzeit pflegte meine Mutter ihr Feuer im Schatten unseres Tipis zu machen.

Am frühen Morgen breitete sie unser einfaches Frühstück an der von der Sonne abgewandten Seite des Tipis im Gras aus. Am äußersten Rand des Schattens saß meine Mutter neben dem Feuer und röstete ein köstliches Stück getrockneten Fleisches. Ich hockte neben ihr auf den Fersen, aß mein Trockenfleisch mit ungesäuertem Brot und trank starken, schwarzen Kaffee.

Die morgendliche Mahlzeit war unsere ruhigste Stunde, in der wir beide ganz allein waren. Mittags blieben immer verschiedene Leute, die zufällig vorbeikamen, um gemeinsam mit uns zu essen, da sie sich unserer Gastfreundschaft gewiss sein konnten.

Mein Onkel, dessen Tod meine Mutter immer wieder beklagte, war einst einer der tapfersten Krieger unseres Volkes gewesen. Sprachen die alten Männer von Heldentaten, so nannten sie stets auch seinen Namen, und auch die jungen Männer redeten von ihm, wenn es um Tapferkeit ging. Alte Frauen priesen ihn ob seiner Freundlichkeit ihnen gegenüber, und junge Frauen führten ihn als ein Vorbild für ihre Liebsten an. Alle hatten ihn geliebt, und meine Mutter ehrte sein Andenken. Und so geschah es, dass selbst Fremde in unserer Hütte willkommen geheißen wurden, wenn sie eingedenk unseres Onkels um einen Gefallen baten.

Obwohl ich von diesen Wandersleuten viele seltsame Dinge hörte, liebte ich doch am meisten das Abendessen, denn das war die Zeit, in der die alten Legenden erzählt wurden. Ich war immer froh, wenn die Sonne tief am westlichen Himmel stand, denn dann sandte meine Mutter mich aus, um die alten Männer und Frauen aus der Nachbarschaft einzuladen, gemeinsam mit uns zu Abend zu essen. Ich rannte den ganzen Weg zu den Tipis und blieb dann schüchtern am Eingang stehen. Manchmal stand ich lange da, ohne ein Wort zu sagen. Es war nicht Furcht, die mich stumm bleiben ließ, wenn ich mich auf diesen frohen Botengängen befand, und es lag auch nicht daran, dass ich die Einladung nicht aussprechen wollte; es bedeutete nur, dass ich ein Schweigen beibehielt, das vollkommen angemessen war. Denn zunächst wollte ich die Stimmung, die herrschte, einfangen, um mich zu vergewissern, dass ich nicht etwa anderen Vorhaben im Weg stehen würde. Immer, wenn ich im Begriff war, loszuspringen, um die alten Leute einzuladen, sagte meine Mutter: »Warte einen Augenblick, bevor du jemanden einlädst. Wenn gerade andere Pläne besprochen werden, dann misch dich nicht ein, sondern geh woanders hin.«

Die Alten wussten, warum ich so lange zögerte, und oft ermunterten sie mich, indem sie fragten: »Was möchtest du denn, kleine Enkeltochter?«

»Meine Mutter sagt, dass du heute Abend zu unserem Tipi kommen sollst«, schoss es sofort aus mir heraus, und danach konnte ich wieder freier atmen.

»Aber ja, sehr gern, ich komme sehr gern!«, antwortete ein jeder, erhob sich sogleich und legte sich die Decke über eine Schulter. Aus ihren Tipis kamen sie nun alle und gingen gemächlichen Schrittes zu unserer Behausung.

Nachdem ich meine Aufgabe erfüllt hatte, eilte ich zurück, hüpfend und springend vor Vergnügen. Noch ganz außer Atem wiederholte ich meiner Mutter fast wortwörtlich, was sie auf meine Einladung hin gesagt hatten. Oft fragte sie: »Was taten sie gerade, als du in ihr Tipi gekommen bist?« Dies lehrte mich, mir alles, was ich sah, mit einem einzigen Blick einzuprägen. Häufig erzählte ich meiner Mutter von dem, was ich wahrgenommen hatte, auch ohne dass sie mich danach fragte.

Manchmal, wenn ich in einem der Tipis in der Nachbarschaft war, fragte mich eine alte Indianerin: »Was macht deine Mutter denn gerade?« Hatte meine Mutter mich nicht vorher gebeten, darüber zu schweigen, pflegte ich auf diese Frage offen und ehrlich zu antworten.

Wenn unsere Gäste eintrafen, saß ich direkt neben meiner Mutter und wich ihr nicht von der Seite, ohne sie um Erlaubnis zu bitten. Schweigend verzehrte ich mein Abendessen und lauschte geduldig auf die Gespräche der alten Leute. Die ganze Zeit hoffte ich, dass sie mit den Geschichten beginnen würden, die ich am meisten liebte. Wenn ich es schließlich nicht länger aushielt, raunte ich meiner Mutter ins Ohr: »Bitte sie, eine Iktomi-Geschichte zu erzählen, Mutter.«

Um meine Ungeduld zu besänftigen, sagte meine Mutter laut: »Meine kleine Tochter möchte unbedingt eure Legenden hören.« Zu diesem Zeitpunkt waren alle mit dem Essen fertig, und die Dämmerung brach bereits herein.

Als nun alle abwechselnd begannen, eine Legende zu erzählen, bettete ich mein Haupt auf den Schoß meiner Mutter. Ich lag auf dem Rücken und betrachtete die Sterne, die zu mir herabblickten, einen nach dem anderen. Doch nach einer Weile ergriff mich die wachsende Spannung der Geschichte, und ich setzte mich auf und lauschte eifrig auf jedes Wort. Die alten Frauen machten lustige Bemerkungen und lachten so herzlich, dass ich nicht umhin kam, in ihr Gelächter einzustimmen.

Das ferne Geheul eines Wolfsrudels oder der Schrei einer Eule vom Fluss her ängstigte mich, und ich schmiegte mich an den Schoß meiner Mutter. Sie legte einige trockene Stöcke auf das Lagerfeuer, und der Widerschein der hellen Flammen erleuchtete die Gesichter der alten Leute, die in einem weiten Kreis um das Feuer saßen.

Ich erinnere mich daran, dass an einem solchen Abend das Licht des Feuers auf den tätowierten Stern auf der Stirn eines alten Kriegers fiel, der gerade eine Geschichte zum Besten gab. Ich betrachtete neugierig seine Gesten, die er unbewusst machte. Der blaue Stern auf seiner braunen Stirn war mir ein Rätsel. Ich blickte umher und sah, dass auf dem Kinn einer der alten Frauen zwei parallele Linien zu sehen waren. Doch niemand sonst hatte eine Tätowierung. Ich sah prüfend auf das Gesicht meiner Mutter, aber auch dort war kein Zeichen zu entdecken.

Nachdem der Krieger seine Erzählung beendet hatte, fragte ich die alte Frau nach der Bedeutung der blauen Linien auf ihrem Kinn, doch immer wieder schielte ich nach dem Krieger mit dem Stern auf der Stirn. Ich hatte ein bisschen Angst, dass er mich für meine Kühnheit tadeln würde.

Doch die alte Frau sage: »Nun, meine Enkeltochter, das sind Zeichen – geheime Zeichen, deren Bedeutung ich dir nicht zu nennen wage. Ich werde dir aber eine wunderbare Geschichte über eine Frau erzählen, die auf jeder ihrer Wangen ein tätowiertes Kreuz trug.«

Es war eine lange Geschichte von einer Frau, deren magische Kraft mit den Zeichen auf ihrem Antlitz verbunden war. Ich schlief ein, bevor die Geschichte zu Ende erzählt war.

Seit jener Nacht misstraute ich tätowierten Menschen. Immer, wenn ich einen sah, warf ich einen raschen Blick auf das Zeichen und überlegte, welch schreckliche magische Kraft sich wohl dahinter verbergen mochte.

Es war selten, dass eine solch furchterregende Geschichte an dem Lagerfeuer erzählt wurde. Ihr Eindruck war so stark, dass ich das Bild noch immer klar und deutlich vor Augen habe.

III – Die Perlenstickerei

Kurz nach dem Frühstück begann meine Mutter mit ihrer Perlenstickerei. An hellen, klaren Tagen zog sie die Holzpflöcke heraus, mit denen der untere Rand unseres Tipis am Boden befestigt war und rollte die Leinwand ein Stück an dem Gestell aus schlanken Pfählen nach oben. Dann wehte der kühle Morgenwind frei durch unsere Behausung. Mitunter trug er den Duft von süßen Gräsern von der unlängst abgebrannten Prärie mit sich.

Nun band meine Mutter die langen Quastenschnüre, mit denen eine kleine wildlederne Tasche zugebunden war, auf und verteilte auf einer Matte neben sich Häufchen aus bunten Perlen, so, wie ein Künstler die Farben auf seiner Palette anordnet. Auf einem Brett, das sie sich auf den Schoß gelegt hatte, strich sie eine doppelte Lage aus weichem, weißem Wildleder glatt. Aus einer perlenbesetzten Scheide, die links an ihrem breiten Gürtel hing, zog sie ein Messer mit einer langen, schmalen Klinge. Damit schnitt sie das Leder zu. Oftmals fertigte sie kleine Mokassins für ihr Töchterchen an. Dann war ihr meine größte Aufmerksamkeit sicher. Mit stolzem, strahlendem Gesicht sah ich ihr bei der Arbeit zu. In meiner Vorstellung sah ich mich schon mit einem neuen Paar wie angegossen sitzender Mokassins umherspazieren, und ich fühlte die neidischen Blicke meiner Spielgefährtinnen auf den hübschen, roten Perlen, die meine Füße schmückten.

Ich saß gleich neben meiner Mutter auf einer dicken Wolldecke, mit einem Lederrest in einer Hand und einer Ahle in der anderen. Damit begann mein Unterricht in der Kunst der Perlenstickerei, der aus Beobachtung und Nachahmung bestand. Aus einem Strang aus fein verdrillten, silbrig schimmernden Sehnen zog meine Mutter eine einzelne Sehne heraus. Mit einer Ahle durchbohrte sie das Leder und fädelte geschickt die helle Sehne hindurch. Nun nahm sie die winzigen Perlen eine nach der anderen auf, steckte die Spitze des Fadens hindurch und verdrillte den Faden nach jedem Stich wieder sorgfältig.

Erst nach vielen Versuchen gelang es mir, meinen Sehnenfaden am Ende meines Fingers zu verknoten, wie ich es bei meiner Mutter sah. Die nächste Schwierigkeit bestand darin, den Faden steif verdrillt zu lassen, so dass ich die Perlen leicht darauf auffädeln konnte. Meine Mutter verlangte von mir, dass ich mir für meine Lektionen in der Perlenstickerei originelle Entwürfe ausdachte. Zuerst verbrachte ich manch sonnige Stunde damit, einen umständlichen Entwurf zu ersinnen. Ich lernte aber schon bald, mich davon abzuhalten, komplexe Muster zu zeichnen, indem ich mir selbst Strafen dafür auferlegte. Denn wenn ich etwas begonnen hatte, dann musste ich es auch zu Ende bringen.

Nachdem ich einige Erfahrung gewonnen hatte, zeichnete ich üblicherweise einfache Kreuze und Quadrate, die zu den gebräuchlichen Formen gehörten. Meine ersten Entwürfe waren nicht immer symmetrisch oder sie waren nicht klar genug gewesen – zwei Mängel, für die meine Mutter wenig Verständnis aufbrachte. Die Ruhe, mit der sie über mich wachte, weckte in mir ein starkes Verantwortungsgefühl und lehrte mich, mich auf mein eigenes Urteil zu verlassen. Sie behandelte mich als ein würdevolles kleines Wesen, solange ich mich gut benahm; und wie sehr schämte ich mich, wenn sie mich wegen irgendeiner Frechheit, die ich mir erlaubte, zurechtwies!

Was die Farben anging, so überließ sie mir die Wahl nach meinem Geschmack. Mir gefiel ein Umriss aus Gelb auf einem Hintergrund aus dunklem Blau, oder eine Kombination aus Rot und Myrtengrün. Eine verbreitete Farbzusammenstellung war Rot und ein bläuliches Grau. Sobald ich etwas vertrauter mit dem Entwerfen von Mustern und den verschiedenen gefälligen Farbkombinationen geworden war, erwartete mich eine schwierigere Lektion. Dabei ging es darum, statt Perlen gefärbte Borsten vom Stachelschwein aufzunähen. Diese wurden befeuchtet und dann zwischen den Nägeln von Daumen und Zeigefinger platt gedrückt. Zuvor schnitt meine Mutter die stachligen Enden ab und verbrannte sie alle auf einmal im Feuer in der Mitte unseres Tipis. Die scharfen Spitzen waren giftig und drangen in die Haut ein, wo immer sie hängen blieben. Deshalb, so erklärte mir meine Mutter, sollte ich mich nicht so sehr allein mit Stachelschweinborsten beschäftigen, bevor ich nicht so groß wie meine Cousine Warča-Ziwin wäre.

Nach derartigen anstrengenden Lektionen war ich immer besonders wild und ausgelassen, und ich entspannte mich, indem ich fröhlich im Freien herumtollte. An vielen Sommernachmittagen zog ich mit vier oder fünf meiner Spielkameradinnen über die Hügel. Jede von uns trug einen leichten, angespitzten Stock von etwa vier Fuß Länge mit sich. Mit Hilfe der Stöcke gruben wir allerlei süße Wurzeln aus dem Boden. Hatten wir sämtliche Wurzeln, auf die wir gestoßen waren, aufgegessen, schulterten wir unsere Stöcke und liefen zu Stellen, an denen Stauden wuchsen, unter deren gelben Blüten wir kleine Kristalltropfen aus Gummi fanden. Wir sammelten diese natürliche Süßigkeit Tropfen für Tropfen, bis jede von uns stolz einen Klumpen von der Größe eines kleinen Vogeleis vorweisen konnte. Doch schon bald hatten wir den holzigen Geschmack über und warfen den Gummibonbon fort, um wieder zu den süßen Wurzeln zurückzukehren.

Sehr gut erinnere ich mich daran, wie wir unsere Halsketten, unsere perlenbestickten Gürtel und manchmal sogar unsere Mokassins untereinander tauschten. Wir gaben vor, sie einander als Geschenke anzubieten. Wir hatten unsere Freude daran, unsere Mütter nachzuahmen. Wir unterhielten uns über Dinge, die wir sie in Gesprächen hatten erwähnen hören. Wir imitierten ihre verschiedenen Angewohnheiten; sogar den Tonfall ihrer Stimmen ahmten wir nach. Mitten in der Prärie hockten wir uns auf unsere Fersen, legten die Ellbogen auf die Knie, stützten unsere bemalten Wangen auf die Hände und beugten uns nach vorn, wie die alten Frauen es zu tun pflegten.

Während eine von uns von einer Heldentat berichtete, die ein naher Verwandter kürzlich vollbracht hatte, lauschten die anderen aufmerksam und riefen mit gedämpfter Stimme »Han, han!« – »Ja, ja!«, sobald die Sprecherin eine Pause machte, um Luft zu schöpfen oder manchmal auch, damit wir ihr beipflichten konnten. Wurde der Vortrag nach unseren Vorstellungen aufregender, wurden unsere Ausrufe lauter. Wenn wir unsere Eltern auf diese Weise nachahmten, ließen wir sie nur Dinge sagen, die auf allgemeines Wohlwollen stießen.

Doch wie spannend auch immer die Geschichte, die wir gerade nacherzählten, auch sein mochte, es reichte, dass der Schatten einer Wolke in der Nähe über die Landschaft zog, und schon jagten wir den großen Schatten nach, die zwischen den Hügeln ihr Spiel trieben. Wir jauchzten und schrien bei unserer Jagd, lachten und riefen einander; wir waren wie kleine sportliche Nymphen inmitten dieses Meeres der Dakota aus wogendem Grün.

Einmal geschah es, dass ich wegen eines seltsamen Einfalls den Schatten der Wolke vergaß und versuchte, meinen eigenen Schatten zu fangen. Ich stand erst aufrecht und still da und begann dann meinem Schatten nachzuschleichen, indem ich ganz vorsichtig einen Fuß vorsetzte. Doch so heimlich ich das auch tat, mein Schatten kroch mit. Ich versuchte es erneut, diesmal mit dem anderen Fuß. Doch wieder entkam mir mein Schatten. Ich begann zu rennen, und fort eilte mein Schatten, mir immer einen Schritt voraus. Ich rannte immer schneller, presste die Zähne zusammen und ballte die Fäuste, entschlossen, meinen flinken Schatten zu überholen. Doch nur umso schneller glitt er vor mir her, während ich außer Atem kam und ganz erhitzt war. Ich verlangsamte meinen Schritt, und ich war sehr verärgert, als ich sah, dass auch mein Schatten sein Tempo drosseln konnte. Ich versuchte mein Äußerstes, wie ich glaubte, und setzte mich auf einen Felsen, der im Hang des Hügels eingebettet war. Ha! Mein Schatten war so unverschämt, sich einfach neben mich zu setzen!

Endlich hatten meine Kameraden mich erreicht und wollten wissen, warum ich so schnell weggelaufen war.

»Oh, ich habe meinen Schatten gejagt! Habt ihr das noch nie gemacht?« Ich fragte sie das noch einmal, überrascht, dass sie mich nicht zu verstehen schienen.

Sie stellten sich mit ihren Mokassins auf meinen Schatten, um ihn festzuhalten, und ich erhob mich. Und wieder huschte mein Schatten fort und bewegte sich immer dann, wenn ich es tat. – Wir gaben es auf, meinen Schatten einfangen zu wollen.

Ich kann mich nicht erinnern, vor diesem besonderen Erlebnis je irgendeine bedeutende Verbindung zwischen mir und meinem Schatten festgestellt zu haben. Ich habe auch nie wieder darüber nachgedacht.

Nachdem wir einander unsere untereinander ausgeborgten Gürtel und Schmuckstücke zurückgegeben hatten, eilten wir nach Hause. Wie an anderen Abenden, so schlief ich auch an diesem über Legenden ein.

IV – Die Kaffeezubereitung

Eines Sommernachmittags ließ meine Mutter mich in unserem Tipi allein, als sie zur Hütte meiner Tante ging.

Mir gefiel es nicht sonderlich, allein im Tipi zurückzubleiben, da ich Angst vor einem großen, breitschultrigen, verrückten Mann hatte, der an die vierzig Jahre alt war und oft einfach so zwischen den Hügeln herumlief. Wiyaka-Napbina (Träger eines Federhalsbandes) war harmlos, und wenn er je zu einem Tipi kam, so geschah dies, weil sehr großer Hunger ihn dazu trieb. Abgesehen von einem roten Tuch, das er sich um die Hüften gewunden hatte, war er nackt. In einem Arm von gelblichbrauner Farbe pflegte er einen schweren Strauß wilder Sonnenblumen zu tragen, die er auf seinen ziellosen Streifzügen gesammelt hatte. Der Wind hatte sein schwarzes Haar verfilzen lassen, und die unbarmherzige Sommersonne hatte es rötlich gebrannt. Er machte große Schritte und setzte dabei einen seiner bloßen, braunen Füße genau vor den anderen. Dabei schwang sein freier, dünner Arm vor und zurück.

Oft hielt er in seinem Gang inne und starrte weit in die Richtung, aus der er gekommen war. Dabei beschattete er seine Augen mit der Hand. Er glaubte, dass ihm ein böser Geist auf den Fersen sei. Das hatte mir meine Mutter einmal erzählt, als ich spöttisch über diesen so einfältigen großen Mann lächelte. Wenn meine Mutter dabei war und Wiyaka-Napbina sich immer weiter von uns entfernte, war ich tapfer.

»Hab Mitleid mit dem Mann, mein Kind. Ich habe ihn gekannt, als er noch ein tapferer und hübscher Jugendlicher war. Eines Tages hat ihn ein boshafter Geist befallen, als er zwischen den Hügeln hin und her lief auf der Suche nach seinen Ponys. Seitdem zieht es ihn immer wieder zurück zu den Hügeln.

Der Mann in seinem Unglück tat mir leid, so dass ich zum Großen Geist betete, dass er ihn wiederherstellen möge. Doch auch, wenn ich ihn bemitleidete, wenn er fern war, so fürchtete ich ihn doch, wenn er in der Nähe unseres Tipis auftauchte.

Daher saß ich an jenem Nachmittag, als meine Mutter mich allein gelassen hatte, in ängstlicher Stimmung in unserem Tipi. Ich erinnerte mich an alles, was ich über Wiyaka-Napbina gehört hatte, und ich versuchte, mich mit dem Gedanken zu beruhigen, dass er nicht zu unserem Tipi kommen würde, selbst wenn er in der Nähe vorbeikommen sollte, da er ja draußen auf unserem Gelände kein kleines Mädchen sehen würde.

Plötzlich hob sich die Leinwand, die den Eingang bedeckte, wie von Geisterhand. Der Schatten eines Mannes fiel in das Tipi, und ein großer Fuß, der in einem groben Mokassin steckte, erschien.

Einen Augenblick lang wagte ich weder zu atmen noch mich zu rühren, denn ich dachte, dass dies niemand anders als Wiyaka-Napbina sein könne. Im nächsten Moment seufzte ich erleichtert. Es war ein alter Großvater, der mir schon oft Iktomi-Legenden erzählt hatte.

»Wo ist deine Mutter, meine kleine Enkeltochter?«, waren seine ersten Worte.

»Meine Mutter kommt bald vom Tipi meiner Tante zurück«, erwiderte ich.

»Dann werde ich ein Weilchen auf sie warten«, sagte er, stellte seine Füße über Kreuz und ließ sich auf einer Matte nieder.

Unverzüglich begann ich die Rolle einer freigebigen Gastgeberin zu spielen. Ich wandte mich dem Kaffeetopf meiner Mutter zu. Ich hob den Deckel, aber es war nur noch Kaffeesatz darin. Ich stellte den Topf auf einen Haufen aus kalter Asche in der Mitte des Tipis und füllte ihn halb mit warmem Missouri-Wasser. Während ich das tat, spürte ich, dass ich ununterbrochen beobachtet wurde. Nun brach ich ein kleines Stück ungesäuerten Brotes ab und legte es in eine Schale. Dann ging ich wieder zum Kaffeetopf, der auf einem erloschenen Feuer niemals heiß werden würde, selbst wenn ich eine Ewigkeit darauf wartete, und goss in eine Tasse etwas, das zweifellos noch schlimmer war als schlammiges, warmes Wasser. Ich trug in einer Hand die Schale und in der anderen die Tasse und reichte dem alten Krieger dieses leichte Mittagsmahl. Ich bot es ihm an und lächelte dabei sehr gastfreundlich.

»Hau, hau!«, sagte er und stellte die Schale und die Tasse auf den Boden vor seinen gekreuzten Beinen. Er knabberte am Brot und nahm ein Schlückchen von meinem Kaffee. Ich hatte mich hingesetzt, lehnte mit dem Rücken an einer Zeltstange und beobachtete ihn. Ich war stolz, es ganz allein so gut hinbekommen zu haben, einem Gast Erfrischungen zu reichen. Noch bevor der alte Krieger sein Mahl beendet hatte, erschien meine Mutter. Sie wunderte sich sogleich, woher ich Kaffee hatte, da sie wusste, dass ich noch nie welchen zubereitet hatte und dass der Kaffeetopf leer gewesen war, als sie das Tipi verlassen hatte. Als der Krieger diese Frage in ihren Augen las, bemerkte er: »Meine Enkeltochter hat mir Kaffee auf einem Haufen kalter Asche zubereitet und ihn mir gereicht, kaum, dass ich gekommen war.«

Beide lachten, und meine Mutter sagte: »Warte noch ein wenig; ich werde Feuer machen.« Sie wollte richtigen Kaffee zubereiten. Doch weder sie noch der Krieger, den unsere Bräuche gezwungen hatten, meine törichte Gastfreundschaft anzunehmen, sagten irgendetwas, das mich beschämt hätte. Sie behandelten meinen guten Willen, so einfältig er auch war, mit größtem Respekt. Erst Jahre später begriff ich, wie albern doch meine Tat gewesen war.

V – Das Pflaumenbäumchen des toten Mannes

An einem Herbstnachmittag strömten viele Leute zur Hütte unseres nächsten Nachbarn. Ihre Gesichter waren bemalt, und sie trugen breite, weiße, mit Hirschzähnen besetzte Brustteile. Sie eilten den schmalen Pfad zu Haraka Wambdis Tipi hinunter. Junge Mütter hielten ihre Kinder an der Hand und zogen sie eilig hinter sich her. Sie holten die gebeugt gehenden alten Großmütter ein, die an ihren Krückstöcken dahinstapften, und ließen sie hinter sich. Die meisten der jungen Burschen kamen auf ihren Ponys herbeigaloppiert. Die zahnlosen alten Krieger kamen ebenfalls auf ihren lebhaften Ponys herbei, aber langsamer. Stolz aufgerichtet saßen sie auf ihren Pferden. Sie trugen ihre Adlerfedern und schwenkten ihre Trophäen aus alten Kämpfen.

Vor dem Tipi war ein großes Feuer entfacht worden, und mehrere große, schwarze Kessel voll Hirschfleisch waren darüber aufgehängt. Die Ankömmlinge saßen in einem großen Kreis um das Feuer herum. Hinter ihnen standen einige der jungen Burschen, an die Hälse ihrer Ponys gelehnt. Ihre hochgewachsenen Körper waren in weite Kleider gehüllt.

Mädchen, deren Gesichter wie hellrote Herbstblätter glühten und deren glänzende Zöpfe ihnen hinter den Ohren herabhingen, saßen kokett neben ihren Anstandsdamen. Es war Brauch für junge Indianerfrauen, eine ältere Verwandte zu bitten, sie auf öffentliche Feste zu begleiten. Auch wenn dies kein ehernes Gesetz darstellte, so wurde dieser Brauch doch zumeist befolgt.

Haraka Wambdi war ein starker, junger Bursche, der gerade von seinem ersten Kampf zurückgekehrt war. Nun war er ein Krieger. Seine nächsten Verwandten hatten, um seinen neuen Rang zu feiern, das ganze Indianerdorf zu einem Fest eingeladen.

Ich hielt meine hübsche, gestreifte Decke in den Händen, bereit, sie mir um die Schultern zu werfen, und ich wurde immer ungeduldiger angesichts der fröhlichen Menschenmenge, die sich bei Haraka Wambdis Tipi versammelte. Meine Mutter war damit beschäftigt, eine Wildente zu braten, die meine Tante am Morgen vorbeigebracht hatte.

»Mutter, Mutter, warum bereitest du denn eine Mahlzeit zu, wenn wir doch zu einem Fest eingeladen sind?«, fragte ich mit nörgelnder Stimme.

»Mein Kind, lerne zu warten. Wenn wir zu dem Fest gehen, werden wir unterwegs bei Chanyus Tipi haltmachen. Seine alte Schwiegermutter ist sehr krank, und ich glaube, es wird ihr gefallen, ein Stück von dieser kleinen Wildente zu kosten.«

Da ich schon einmal das ausgemergelte, gequälte Gesicht dieser sterbenden Frau gesehen hatte, schämte ich mich ein bisschen, dass ich nicht schon eher an sie gedacht hatte.

Auf dem Weg zu der Frau war ich meiner Mutter ein Stück vorausgeeilt und streckte gerade meine Hand aus, um ein paar dunkelviolette Pflaumen zu pflücken, die an einem kleinen, strauchförmigen Bäumchen wuchsen, als ein leises »Sh!« meiner Mutter mich innehalten ließ.

»Was ist denn, Mutter? Ich möchte diese Pflaumen kosten!«, rief ich aus, während ich meine Hand enttäuscht zurücknahm.

»Pflücke niemals auch nur eine einzige Pflaume von diesem Bäumchen, mein Kind, denn seine Wurzeln haben sich um das Gerippe eines Indianers gewunden. Hier liegt ein Krieger begraben. Als er noch lebte, hat er das Spiel der gestreiften Pflaumenkerne so sehr geliebt, dass er, als er starb, mit seinem Satz aus Pflaumenkernen in der Hand begraben wurde. Daraus ist dann dieses Bäumchen gewachsen.«

Nach den verbotenen Früchten schielend, ging ich vorsichtig über den geheiligten Boden, und ich wagte nur zu flüstern, bis ich ein ganzes Stück davon entfernt war. Seitdem hielt ich stets bei meinen Streifzügen inne, sobald ich das Pflaumenbäumchen erblickte. Ich wurde dann immer ganz ernst vor Ehrfurcht, und ich erwartete geradezu, ein langgezogenes Pfeifen von den Wurzeln her zu hören. Zwar hatte ich niemals mit eigenen Ohren dieses seltsame Pfeifen der fortgegangenen Geister vernommen, aber ich hatte so oft zugehört, wie die Alten es beschrieben hatten, dass ich wusste, dass ich es erkennen würde, sobald ich es vernähme.

Das, was mir von jenem Tag dauerhaft im Gedächtnis geblieben ist, ist das, was meine Mutter mir über das Pflaumenbäumchen des toten Mannes erzählt hat.

VI – Das Erdhörnchen

In der geschäftigen Herbstzeit kam die Mutter meiner Cousine Warča-Ziwin in unser Tipi, um meiner Mutter dabei zu helfen, Lebensmittel für den Winter haltbar zu machen. Ich freute mich sehr über die Gegenwart meiner Tante, da sie nicht so still war wie meine Mutter. Obwohl sie älter war als diese, war sie leutseliger und weniger zurückhaltend. Sie war von schlanker und bemerkenswert aufrechter Gestalt. Während das Haar meiner Mutter schwer und schwarz war, hatte meine Tante ungewöhnlich dünne Haare.

Seit ich sie kannte, trug sie eine Kette aus großen, blauen Perlen um den Hals – Perlen, die ihr kostbar waren, da mein Onkel sie ihr geschenkt hatte, als sie noch eine junge Frau war. Sie hatte einen besonderen schwingenden Gang, der davon herrührte, dass sie für eine Frau von solch grazilem Wuchs ungewöhnlich große Schritte machte. Immer, wenn meine Tante zu Besuch war, vergaß meine Mutter ihre übliche Schweigsamkeit und lachte oft von ganzem Herzen über ihre lustigen Bemerkungen.

Ich liebte meine Tante dreifach: Für ihr herzlichen Lachens, dafür, dass sie bei meiner Mutter so gute Laune hervorrief, vor allem aber für all jene Gelegenheiten, bei denen sie meine Tränen getrocknet und mich auf den Schoß genommen hatte, wenn meine Mutter mich getadelt hatte.

Früh an den kühlen Morgen, kaum, dass der gelbe Rand der Sonne über den Hügeln aufstieg, waren wir bereits aufgestanden und frühstückten. Wir pflegten zu so früher Stunde zu erwachen, dass wir den geheimnisvollen, nebligen Rauch sehen konnten, der über einer Senke schwebte, die von einem undurchquerbaren Morast umgeben war. Dieser seltsame Rauch trat jeden Morgen auf, im Winter wie im Sommer, aber am besten konnte man ihn mitten im Winter sehen, wenn er direkt über der sumpfigen Stelle aufstieg. Sobald aber die Sonne ihr volles Gesicht über dem östlichen Horizont zeigte, verschwand der Rauch. Selbst die alten Männer, die diese Gegend am längsten kannten, sagten, dass es noch nie einen Tag gegeben hatte, an dem der Rauch aus dieser Senke nicht zum Himmel aufgestiegen wäre.

Wenn ich um unsere Behausung tollte, hielt ich oft plötzlich inne, und mit ängstlicher Ehrfurcht beobachtete ich den Rauch aus unbekannten Feuern. Solange der Dunst sichtbar war, hatte ich Angst davor, mich allzu weit von unserem Tipi zu entfernen, es sei denn, meine Mutter begleitete mich.

Von einem Feld auf dem fruchtbaren Uferboden des Flusses ernteten meine Mutter und meine Tante eine reichliche Menge Mais. In der Nähe unseres Tipis breiteten sie ein großes Stück Leinwand im Gras aus, um den Mais darauf zu trocknen. Ich hatte den Auftrag, auf den Mais aufzupassen, damit er ungestört trocknen konnte. Ich spielte mit Puppen aus Maiskolben. Ich flocht ihre feinen Fäden zu Zöpfen und schenkte ihnen Decken, die aus den vielfältigen Stoffresten bestanden, die ich in der Arbeitstasche meiner Mutter gefunden hatte.

Es gab einen kleinen Fremdling mit einem schwarz-gelb gestreiften Mantel, der gern zu dem trocknenden Mais kam. Es war ein kleines Erdhörnchen, das mich so wenig fürchtete, dass es zu einer Ecke der Leinwand kam und soviel Mais, wie es nur fassen konnte, forttrug. Ich wollte es nur allzu gern fangen, um ihm seinen hübschen Fellrücken zu streicheln, aber meine Mutter sagte, dass es, wenn ich es finge, mich vor lauter Angst in den Finger beißen würde. Darum war ich genauso froh wie das Erdhörnchen, dass der ganze Mais auf der Leinwand uns trennte. Es kam jeden Morgen, um noch mehr Mais zu erbeuten. Manchmal sah ich es am Abend auf unserem Gelände umherstreichen, aber kaum, dass ich einen kleinen Jauchzer zur Begrüßung ausstieß, rannte es schon flink fort, bis es außer Sicht war.

Sobald meine Mutter soviel Mais getrocknet hatte, wie sie haben wollte, schnitt sie große Kürbisse zu dünnen Ringen, faltete sie und fügte sie zu langen Ketten zusammen. Diese hing sie an eine Stange, die auf zwei gegabelten Pfosten gelagert war. Sonne und Wind hatten diese Kürbisketten schon bald durch und durch getrocknet. Sobald dies geschehen war, verstaute sie sie in einem Kasten aus dickem, steifem Wildleder.

In der Sonne und im Wind trocknete sie auch viele Wildfrüchte – Kirschen, Beeren und Pflaumen.

Aber die herausragendste meiner frühen Erinnerungen an die Herbstzeit ist die an das Maistrocknen und das Erdhörnchen.

Nur wenige Erinnerungen aus dieser Zeit meines Lebens habe ich vom Winter, viele hingegen vom Sommer. Eigentlich erinnere ich mich nur an eine einzige winterliche Begebenheit genau.

Missionare hatten mir einen kleinen Beutel voll Murmeln geschenkt. Murmeln unterschiedlichster Größe und Farbe. Manche davon bestanden aus gefärbtem Glas. Eines Tages, gegen Ende des Winters, ging ich wieder einmal mit meiner Mutter zum Fluss. Am Ufer hatten sich große Brocken aus Eis angehäuft. Das Eis auf dem Fluss war in mächtige Schollen zerbrochen. Als ich direkt neben einem solchen Eisbrocken stand, entdeckte ich zum ersten Mal die Farben des Regenbogens in dem Kristalleis. Sogleich dachte ich an meine Glasmurmeln zu Hause. Mit meinen bloßen Fingern versuchte ich, etwas von den Farben herauszukratzen, da es schien, dass sie gleich unter der Oberfläche wären. Doch rasch begannen meine Finger von der Kälte zu stechen, und ich musste fest auf sie beißen, um nicht weinen zu müssen.

Von diesem Tag an war ich lange Zeit davon überzeugt, dass Glasmurmeln Flusseis in ihrem Innern hatten.

VII – Die großen roten Äpfel

Es geschah am Anfang eines Frühjahrs, dass der leichte, natürliche Fluss meines Lebens zum ersten Mal von seinem Lauf abwich. Ich war in meinem achten Lebensjahr, und es war März, wie ich später erfahren sollte. Zu jener Zeit kannte ich nur eine einzige Sprache, und das war die indianische Sprache meiner Mutter.

Einige meiner Spielgefährtinnen hatten mir davon erzählt, dass zwei Bleichgesicht-Missionare sich in unserem Dorf befanden. Sie gehörten zu jenen weißen Männern, die große Hüte trugen und auch ein großes Herz hatten, sagten sie. Ich rannte sofort zu meiner Mutter und wollte wissen, warum diese Fremdlinge unter uns weilten. Da ich nicht lockerließ, sagte sie mir schließlich, dass sie gekommen seien, um Indianerjungen und -mädchen in den Osten mitzunehmen. Meiner Mutter schien es nicht recht zu sein, dass ich über sie sprach. Aber nach ein oder zwei Tagen hatte ich schon eine Menge wunderbarer Geschichten über die Fremdlinge von meinen Spielgefährtinnen gehört.

»Mutter, meine Freundin Judéwin wird mit den Missionaren mitgehen. Sie kommt in ein schöneres Land als unseres; das haben die Bleichgesichter ihr gesagt!«, sagte ich wehmütig; in meinem Herzen wünschte ich, dass auch ich dorthin gehen könnte.

Mutter saß auf einem Stuhl, und ich hing an ihren Knien. Vor einem halben Jahr war mein großer Bruder Dawée nach drei Jahren Schulzeit im Osten wieder nach Hause zurückgekehrt, und seine Rückkehr hatte bewirkt, dass meine Mutter sich ein ganzes