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Nr. 36

 

Der Smiler und die Attentäter

 

USO-Spezialist Ronald Tekener auf dem Botschaftsplaneten – eine Welt der Mörder

 

von Ernst Vlcek

 

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Auf Terra, den Welten des Solaren Imperiums und den Stützpunkten der USO schreibt man Ende Juli des Jahres 2408 Standardzeit.

Die Auseinandersetzung zwischen der USO, der von Lordadmiral Atlan geleiteten galaktischen Ordnungsmacht, und der Condos Vasac, dem galaktischen Verbrechersyndikat, spitzt sich immer weiter zu – und für die USO-Spezialisten heißt das, immer riskantere Einsätze zu wagen, wenn sie die geheimnisvollen Machthaber der CV-Lenkzentrale endgültig stellen wollen.

Erst kurz zuvor hat die USO einen gewaltigen Schritt nach vorn getan. USO-Major Sinclair M. Kennon, als Professor Dr. Lorb Weytchen maskiert, hat im Zusammenwirken mit zwei Siganesen Gerzschko-1, einen der Fremden der Lenkzentrale, lebend fangen und nach Quinto-Center bringen können.

Jetzt wird Gerzschko-1, der einem Maahk ähnlich sieht, von Mutanten ins Verhör genommen – aber der Fremde verweigert die Aussage.

Erst durch das Erscheinen eines Maahk-Diplomaten kann etwas Licht in das Dunkel gebracht werden, und für Ronald Tekener zeichnet sich ein neuer Einsatz ab.

Und es kommt zur Konfrontation: DER SMILER UND DIE ATTENTÄTER ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Der Lordadmiral schickt seinen besten Mann nach Maahkora.

Ronald Tekener – Der USO-Spezialist jagt Spione und Saboteure.

Tainu-Ti-Hoa – Tekeners Begleiterin und Kollegin.

Arnd Kortin – Ein dunkler Ehrenmann.

Biron Graener – Solarer Botschafter auf dem Planeten Maahkora.

Grek-2113, Grek-2124 und Grek-2135 – Drei Maahk-Techniker werden verdächtigt.

1.

 

Atlan saß hinter dem Schaltpult des Kontrollraums und starrte auf die Bildschirmwand. Darauf verfolgte er den Weg einer siebenköpfigen Gruppe von einem der Hangars bis zur Zentralekugel von Quinto-Center.

Vor einer Viertelstunde, als das Kurierschiff mit den sieben Personen eingetroffen war, hatte er zu seinen drei Besuchern gesagt: »Sie können sich ganz ungezwungen geben. Aber mich entschuldigen Sie bitte.« Und er hatte sich in sich zurückgezogen. Jetzt schien er seine Besucher bereits vergessen zu haben.

Oberstleutnant Ronald Tekener hatte schon lange gelernt, sich durch nichts auf der Welt aus der Ruhe bringen zu lassen. Für einen USO-Spezialisten gehörte Geduld zu den wertvollsten Tugenden. Man musste warten können, bis die Zeit für einen kam.

Der zweite Besucher, der Xenopsychologe Art Chlerensch, wirkte dagegen nervös. In seinem Gesicht mit dem krausen Backenbart zuckte es ständig, seine rötlichen, wässerigen Augen wanderten unruhig durch den Raum. Wenn sich sein Blick mit dem Tekeners kreuzte, dann lächelte er ihm verständnisinnig zu.

Tekener dagegen zeigte mehr Interesse an der dritten Person, die sich bei Atlan eingefunden hatte. Es handelte sich um die USO-Spezialistin Tainu-Ti-Hoa. Sie war Terra-Chinesin, fast 1,75 Meter groß und besaß den geheimnisvollen und doch so wandlungsfähigen Gesichtsausdruck der terranischen Asiaten. Sie wirkte nicht so grazil, wie die meisten Frauen ihres Volkes. Aber Tekener fand, dass sie sich wohltuend von allen anderen Frauen unterschied, die sich in Männerberufen behaupteten. Sie hatte sich ihre Anmut erhalten.

Im Augenblick schenkte er ihr jedoch nur geringe Aufmerksamkeit. Er konzentrierte sich mehr auf die sieben Personen, die auf dem Bildschirm zu sehen waren. Sie befanden sich bereits in der Zentralekugel von Quinto-Center und näherten sich dem Kontrollraum.

Allen voran schritt Perry Rhodan, der Großadministrator des Solaren Imperiums. Ihm folgte John Marshall, der Chef des Mutantenkorps, der selbst die Fähigkeit der Telepathie besaß. Dann kamen die weiteren Mutanten:

Kitai Ishibashi, der große, hagere Japaner mit dem nach vorn gebeugten Oberkörper, der als Suggestor anderen Individuen seinen Willen aufzwingen konnte, ohne dass sie es merkten.

Wuriu Sengu, ebenfalls Japaner, besaß die Statur eines Ringers; sein breites Gesicht und der Bürstenhaarschnitt verstärkten den Eindruck eines Kraftprotzes noch. Er besaß die Späherfähigkeit und konnte durch alle Arten fester Materie hindurchblicken.

Ralf Marten, Sohn eines Europäers und einer Japanerin, war groß und schlank, mit dunklen Haaren und hellblauen Augen, die kühl und abwägend die Umgebung betrachteten. Mit seiner Fähigkeit als Teleoptiker konnte er sein eigenes Ich weitestgehend ausschalten und durch die Augen und Ohren anderer sehen und hören.

André Noir war der Urtyp des etwas bäuerlich wirkenden, gemütlichen Franzosen. Aber der Geburtsort des dicklichen Mannes lag nicht in der Provence, sondern in Japan. Er war schwacher Telepath, was ihm die Bezeichnung eines Gefühlsorters eingebracht hatte, und darüber hinaus ein Hypno. Mit dieser zweiten Fähigkeit konnte er jedes Wesen durch reine Geisteskraft unter seinen Willen zwingen.

Diese sechs Männer waren Aktivatorträger und dadurch relativ unsterblich. Die letzte Person in Perry Rhodans Gefolge war Gucky, der Mausbiber aus dem Volke der Ilt. Er besaß nicht nur die Fähigkeiten der Telepathie, der Telekinese und der Teleportation, sondern auch die Gabe, die Tücken des Lebens auf humorvolle Art und Weise zu meistern. Jetzt watschelte er in seiner maßgeschneiderten Kombination jedoch, wie es schien, missmutig hinter den anderen her.

Schließlich blieb er stehen, stemmte die kleinen Fäuste in die Seiten und piepste verdrossen: »Ich habe es endgültig satt, ständig hinter euch herzulaufen. Wozu soll ich mir Blasen auf den Füßen holen, wenn ich es viel einfacher haben kann.«

Sprach's und verschwand von der Bildfläche. Im nächsten Moment materialisierte er vor Atlan auf dem Kontrollpult.

»Na, Atlan, alte arkonidische Mumie, habe ich deine morbiden Gedanken nicht vortrefflich angepeilt?«, fragte der Mausbiber in seiner schnoddrigen Art.

Atlan zeigte ein schwaches Lächeln. »Du solltest deine Respektlosigkeit mir gegenüber wenigstens nicht vor meinen Untergebenen zeigen, Gucky. Wir sind nicht allein.«

Er stellte nacheinander Tainu-Ti-Hoa, Tekener und Professor Chlerensch vor. Nachdem Gucky der USO-Spezialistin ein Kompliment gemacht hatte, wandte er sich Tekener zu.

»Ich habe mir schon immer gewünscht, Ihr sprichwörtliches Glück beim Poker zu testen, Smiler.«

Tekener verzog die Mundwinkel amüsiert. »Dieses Angebot ehrt mich. Aber drei Gründe sprechen dafür, dass ich es ablehne.«

»Und welche?«

Tekener antwortete: »Als Telekinet könnten Sie beim Mischen die Karten beeinflussen. Als Telepath würden Sie meine Gedanken lesen, so dass ich nicht bluffen könnte. Und als Teleporter könnten Sie sich aus dem Staub machen, falls Sie trotz allem verlieren.«

Atlan lachte. Aber er wurde bald darauf wieder ernst, als sein Adjutant, Fähnrich Myler, über die Gegensprechanlage das Eintreffen Perry Rhodans und der Mutanten meldete.

Atlan ging Perry Rhodan auf halbem Wege entgegen, als dieser in den Raum trat.

»Ich danke dir, dass du meiner Bitte sofort entsprochen hast und ohne viele Fragen nach Quinto-Center gekommen bist«, sagte er.

 

*

 

»Worum geht es eigentlich?«, wollte Rhodan von Atlan wissen, nachdem er und die Mutanten in den frei herumstehenden Sesseln Platz genommen hatten. »In deinem Hypergramm warst du nicht gerade sehr mitteilsam. Ich weiß nur, dass du einen Maahk gefangen hast, der in dem Verdacht steht, für die Condos Vasac zu arbeiten, und dass du die Mutanten für einen Versuch benötigst.«

»Ich werde dir alles in kurzen Stichworten erklären«, versprach Atlan. Er lehnte sich zurück und berichtete:

»Vor einer Woche gelang es einem meiner Spezialisten, einen jener Wasserstoffatmer gefangen zu nehmen, die die Condos Vasac beherrschen. Alles sprach dafür, dass es sich um einen Maahk handelte. Sein Aussehen, die Tatsache, dass er ein Wasserstoff-Ammoniak-Methan-Gemisch zum Atmen benötigte, dass er um die drei Gravos an Schwerkraft und Temperaturen um 100 Grad Celsius zum Leben brauchte. Wir mussten schnellstens eine Hochdruckkammer bauen, in der diese Bedingungen herrschten, um den Gefangenen mit der IMPERATOR nach Quinto-Center transportieren zu können.

Hier haben wir ihn eingehender beobachtet und herausgefunden, dass seine Ähnlichkeit mit einem Maahk zwar verblüffend ist, dass aber doch einige Unterschiede bestehen. Professor Chlerensch, der unter uns ist, hat festgestellt, dass unser Gefangener nicht nur äußerlich markante Unterschiede zu einem Maahk aufweist, sondern auch im physiologischen Sinne. Davon kann dir Professor Chlerensch später berichten.

Nun zu einem anderen Punkt. Wir haben Gerzschko-1, das ist unser Gefangener, einer Reihe von Verhören unterzogen. Aber ob wir ihre nun mit Drogen beizukommen versuchten oder ihn unter Hypnose setzten, wir bekamen von ihm nicht die gewünschten Auskünfte. Ger-1 ist demnach mentalstabilisiert. Deshalb meine Bitte, mir einige Mutanten zur Verfügung zu stellen. Ich hoffe immer noch, so etwas aus ihm herauszubekommen, was uns mit konventionellen Mitteln nicht gelingt.«

Perry Rhodan wiegte nachdenklich den Kopf. »Glaubst du, dass die Maahks hinter der Condos Vasac stehen?«

Atlan zuckte die Achseln. »Wenn ich Ger-1 betrachte, neige ich zu der Ansicht, dass er kein Beauftragter der Maahks ist. Er hat mit einem Maahk ungefähr so viel gemeinsam, wie ein Neandertaler mit einem Homo sapiens – damit meine ich das Aussehen und die Mentalität, nicht aber die Intelligenz. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ger-1 und seine Artgenossen mit den Maahks zusammenarbeiten. Aber natürlich ist hier ein Irrtum möglich.«

»Ich hoffe sehr, dass die Maahks nichts mit dieser Verschwörung zu tun haben«, sagte Rhodan. »Es war schwer genug, mit ihnen einen Friedensvertrag und ein Freundschaftsbündnis abzuschließen. Ich möchte nicht, dass dies nun irgendwie gefährdet wird.«

Der Xenopsychologe Chlerensch räusperte sich, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Als aller Blicke auf ihm ruhten, sagte er:

»Das steht nicht zu befürchten. Ger-1 hat mit dem heute lebenden Volk der Maahks keine Verbindung. Seine Art entstammt nicht der Hauptlinie der Evolutionskurve, sondern einer Nebenlinie, die sich schon vor Jahrtausenden entwickelt haben muss. Wenn Sie noch skeptisch sind, können Sie meine Behauptungen am lebenden Objekt nachprüfen.«

»Das ist kein schlechter Gedanke«, sagte Rhodan. Er stand auf und blickte Ronald Tekener an. Er fragte: »Sind Sie jener Spezialist, der Ger-1 gefangen genommen hat, Oberstleutnant?«

Tekener erhob sich ebenfalls. Er schüttelte den Kopf. »Nein, Sir. Das war Major Kennon.«

Rhodan blickte fragend zu Atlan. Dieser erklärte: »Sinclair Marout Kennon steckt immer noch in der Maske von Professor Weytchen. Er fühlt sich darin nicht besonders wohl und bat, von dieser Besprechung fernbleiben zu dürfen. Da ich seinen Situationsbericht ohnehin aufgezeichnet habe, hatte ich keinen Grund, sein Ansuchen abzuschlagen.«

Rhodan hatte von den Problemen gehört, mit denen sich Kennon, der Mann mit dem Robotkörper, auseinanderzusetzen hatte. Er wusste auch über Professor Dr. Lorb Weytchens Aussehen Bescheid und konnte sich vorstellen, dass Kennon seine neue Maske verabscheute.

Atlan fügte noch hinzu: »Oberstleutnant Tekener wird zusammen mit der Spezialistin Tainu-Ti-Hoa die Angelegenheit weiterverfolgen.«

»Dann befinden Sie sich in angenehmer Gesellschaft«, meinte Rhodan zu Tekener.

Der Galaktische Spieler lächelte. Aus den Augenwinkeln sah er, dass sich Tainu-Ti-Hoas Gesicht entspannte. Als er sich ihr jedoch zuwandte, wurde ihr Gesichtsausdruck sofort wieder abweisend.

2.

 

Nachdem Kennon in einem mörderischen Zweikampf Ger-1 auf dem Planeten Porsto-Pana besiegt hatte, war der Maahk-Ähnliche dem Tode nahe gewesen. Einige Anlagen seines Panzeranzuges waren ausgefallen, und ihm drohte das gleiche Schicksal wie seinen beiden Artgenossen, die durch die ungewohnten Umweltbedingungen ums Leben gekommen waren.

Ger-1 benötigte nämlich eine Wasserstoff-Methan-Ammoniak-Atmosphäre, eine Temperatur von annähernd plus 100 Grad Celsius und eine Schwere von ungefähr drei Gravos. Als die Klimaanlage eines seiner Artgenossen ausfiel und die Temperaturen in seinem Panzer auf knapp 20 Grad Celsius absanken, starb dieses Geschöpf einen grässlichen Tod. Das ausgeatmete Ammoniak verflüssigte sich durch die Kälteeinwirkung, und Gerzschko-37 ertrank in seinem eigenen Atem.

Da auch Ger-1 dieses Schicksal drohte, wurde auf der IMPERATOR eine behelfsmäßige Druckkammer aufgebaut, in die man den Wasserstoffatmer steckte. Auf Quinto-Center eingetroffen, quartierte man Ger-1 in eine andere, speziell seinen Bedürfnissen angepasste Druckkammer um.

Diese Druckkammer stand in einer leeren Halle außerhalb der 800 Meter durchmessenden Hauptzentrale von Quinto-Center. Ihr Inneres war geräumig genug, um Ger-1 ausreichend Bewegungsfreiheit zu gewähren. Eine Mischanlage sorgte dafür, dass die Wasserstoff-Methan-Ammoniak-Atmosphäre immer die richtige Zusammensetzung hatte, ein Antigravprojektor regelte die Schwere von 3,1 Gravos, die Klimaanlage garantierte eine beständige Temperatur von plus 98 Grad Celsius.

Die simulierten Umweltbedingungen für Gerzschko-1 wurden automatisch reguliert. Aber es gab auch eine Vorrichtung, um sie notfalls auch manuell steuern zu können. Man unternahm alles, um den Gefangenen am Leben zu erhalten, denn man wollte ihm sein Geheimnis entreißen.

Bisher hatte er jedoch beharrlich geschwiegen und weder auf Drogen, noch auf Hypnose reagiert. Jetzt wollte man ihm mit Hilfe der Mutanten beikommen.

Der Xenopsychologe Chlerensch äußerte dazu jedoch seine Bedenken.

»Es steht fest, dass Ger-1 mentalstabilisiert ist«, sagte er. »Aufgrund dieses Gedankenblocks dürfte es auch nicht möglich sein, durch parapsychische Methoden an sein Unterbewusstsein zu gelangen, oder seine Willenskraft zu brechen, so dass er freiwillig alle Fragen beantwortet.«

John Marshall, der Chef des Mutantenkorps, entgegnete:

»Das ist uns alles klar. Weder ich als Telepath, noch Kitai Ishibashi als Suggestor oder André Noir als Hypno könnten Ger-1 in seine Gewalt bekommen. Aber wenn wir uns zusammenschließen, also eine Art parapsychischer Blockschaltung zur Verstärkung unserer Geisteskräfte bilden, dann haben wir gute Chancen, seine Mentalsperre zu durchbrechen. Wenn wir sie mit vereinten Kräften auf Ger-1 einwirken lassen, dann werden wir ihn mit der Zeit zermürben und seinen Widerstand brechen.«

»Oder Sie treiben ihn in den Tod«, gab Chlerensch zu bedenken.

»Das werden wir gewiss nicht tun«, versicherte Marshall. »Wir werden Ger-1 weder psychische noch physische Schmerzen zufügen. Wenn wir sechs ein parapsychisches Kollektiv bilden, dann nicht, um uns in sinnloser Raserei auf unser Opfer zu stürzen, sondern um eine Lücke in seinem geistigen Abwehrschild zu finden und dort sanft einzudringen. Habe ich Ihre Bedenken zerstreut, Professor?«

Der Xenopsychologe wirkte betreten. »Entschuldigen Sie«, murmelte er. »Ich hätte bedenken müssen, dass Sie bei der Behandlung solcher Fälle auf eine vielhundertjährige Erfahrung zurückblicken können. Selbstverständlich habe ich vollstes Vertrauen zu Ihnen.«

John Marshall begab sich mit den anderen fünf Mutanten zu der Druckkammer, in der Gerzschko-1 gefangen war. Sie setzten sich rund um die Druckkammer, so dass sie einen Kreis bildeten und mit ihren parapsychischen Kräften von allen Seiten auf den Gefangenen einwirken konnten.

Die sechs Mutanten schlossen die Augen und konzentrierten sich auf ihre Aufgabe.

Rhodan, der sich mit den anderen im Hintergrund gehalten hatte, sagte nun: »Ich möchte den Gefangenen sehen. Wäre das möglich?«

»Technisch schon«, antwortete Chlerensch. »Wir haben eine Beobachtungsanlage installiert, so dass wir Ger-1 ständig im Auge behalten können. Außerdem besteht auch eine Sprechverbindung zu ihm. Aber stören wir nicht die Arbeit der Mutanten, wenn wir uns einmischen?«

Rhodan schüttelte den Kopf. »In diesem Stadium geistiger Konzentration haben sie sich allen Einflüssen der Realität entzogen.«

 

*

 

Der Xenopsychologe gab den beiden Technikern einen Wink, die unschlüssig neben der Druckkammer standen und von dem prominenten Besuch sichtlich beeindruckt waren. Jetzt kam Bewegung in sie.

Sekunden später war der zwei mal zwei Meter große Bildschirm an der Frontseite der Druckkammer eingeschaltet.

Das dreidimensionale Bild hatte eine überwältigende Wirkung auf die Beschauer. Es hatte den Anschein, als würden sie durch ein Fenster in eine andere Welt blicken.

Rhodan stand weniger unter dem Eindruck der technischen Präzision der Wiedergabe, sondern war vom Anblick des Gefangenen gebannt, der Gerzschko-1 genannt wurde.

Auf den ersten Blick hätte er geschworen, dass es sich um einen Maahk handelte. Er wies alle Merkmale auf, die kennzeichnend für dieses Volk waren.

Der Gefangene besaß eine Körpergröße von über zwei Metern und war in den Schultern 1,50 Meter breit. Er besaß zwei Arme, die knochenlos waren, nur aus Muskeln und Sehnen bestanden und bis über die Knie der kurzen, stämmigen Beine reichten.

Gerzschko-1 war nackt, denn man hatte ihm seinen unförmigen Panzeranzug abgenommen. Deshalb war auch deutlich zu erkennen, dass die Hände sechs Finger, die Füße aber nur vier Zehen besaßen.

Der Kopf war ein halbmondförmiger Wulst, der halslos mit den Schultern verbunden war. Die dadurch bedingte Unbeweglichkeit des Kopfes wurde durch die Anordnung der vier Augen ausgeglichen, die sich auf dem halbkreisförmigen Grat des Kopfes befanden. Sie waren in regelmäßigen Abständen voneinander entfernt und reichten von Schulter zu Schulter, besaßen eine grüne Farbe, einen Durchmesser von sechs Zentimetern und wurden jeweils von vier facettenartigen Klapplidern geschützt; zwei halbkreisförmige Schlitzpupillen in jedem Auge garantierten die Sicht nach allen Seiten hin.

Sinnesorgane in der Art von Ohren und Nase waren nicht zu sehen. Dafür befand sich in einer Hautfalte zwischen Kopfwulst und Schulstern eine zwanzig Zentimeter lange Mundöffnung, in der zwei Reihen kräftiger Zähne sichtbar wurden. Der Mund hatte die gleiche Funktion wie beim Menschen, er diente zum Atmen, Sprechen und zur Nahrungsaufnahme.

Soweit glich Gerzschko-1 einem Maahk. Doch im Gegensatz zu diesem besaß er keine blassgraue Haut mit gleichfarbenen Schuppen, sondern einen grünschuppigen Panzer.

Rhodan warf Atlan einen ernsten Blick zu.

»Es kann kein Zufall sein, dass die Wesen von der Art Ger-1 solch verblüffende Ähnlichkeit mit den Maahks haben«, sagte er zu dem Arkoniden. »Es muss eine Verbindung zwischen den beiden Völkern geben.«

»Aber es besteht kaum eine geistige Verbindung«, meinte Atlan. Er wandte sich an den Xenopsychologen. »Professor Chlerensch, würden Sie dem Großadministrator erzählen, was Sie herausgefunden haben?«

Professor Chlerensch lächelte säuerlich. »Gerne, aber ich muss mich dabei mit fremden Federn schmücken. Denn ich selbst habe ziemlich wenig zur Verhaltensforschung der Wasserstoffatmer beigetragen. Der Großteil des Wissens, das wir über sie haben, wurden uns von den Spezialisten im Außendienst geliefert.

Es stand für uns schon lange fest, dass die Wasserstoffatmer bei gewissen Gelegenheiten ihre grünen Schuppenhäute abstreifen. Damals vermuteten wir jedoch, dies sei grundsätzlich ein natürlicher Vorgang – etwa so wie bei den terranischen Schlangen und Echsen, die sich von Zeit zu Zeit häuten. Jetzt wissen wir, dass dies nicht unbedingt der Fall sein muss. Fest steht jedenfalls, dass die Wasserstoffatmer aus dem Volke von Ger-1 extrem empfindlich sind und in gewissen Situationen gezwungen werden, sich zu häuten. Sie streifen ihre grünen Schuppenpanzer also unfreiwillig ab.