Wilhelm Hauff

 

Novellen und Erzählungen

 

Impressum

Covergestaltung:       Gunter Pirntke

 

Digitalisierung:       Gunter Pirntke

 


 

2016 andersseitig.de

ISBN: 9783955019747

 

andersseitig Verlag

Dresden

www.andersseitig.de


info@new-ebooks.de


(mehr unter Impressum-Kontakt)

 

Inhalt

Impressum

Mitteilungen aus den Memoiren des Satan

Erster Teil

Einleitung

Erstes Kapitel: Der Herausgeber macht eine interessante Bekanntschaft

Zweites Kapitel: Der schauerliche Abend

Drittes Kapitel: Der schauervolle Abend (Fortsetzung)

Viertes Kapitel: Das Manuskript

I Die Studien des Satan auf der berühmten Universität ....en

Fünftes Kapitel: Einleitende Bemerkungen

Sechstes Kapitel: Wie der Satan die Universität bezieht, und welche Bekanntschaften er dort machte

Siebentes Kapitel: Satan besucht die Kollegien, was er darin lernte

Achtes Kapitel: Der Satan bekömmt Händel und schlägt sich; Folgen davon

Neuntes Kapitel: Satans Rache am Dr. Schnatterer

Zehntes Kapitel: Satan wird wegen Umtrieben eingezogen und verhört; er verläßt die Universität

II Unterhaltungen des Satan und des Ewigen Juden in Berlin

Elftes Kapitel: Wen der Teufel im Tiergarten traf

Zwölftes Kapitel: Satan besucht mit dem Ewigen Juden einen ästhetischen Tee

Dreizehntes Kapitel: Angststunden des Ewigen Juden

Vierzehntes Kapitel: Der Fluch

Fünfzehntes Kapitel: Das Intermezzo – Die Trinker

III Satans Besuch bei Herrn von Goethe nebst einigen einleitenden Bemerkungen über das Diabolische in der deutschen Literatur

Sechzehntes Kapitel: Bemerkungen über das Diabolische in der deutschen Literatur

Siebzehntes Kapitel: Der Besuch

IV Der Festtag im Fegefeuer

Achtzehntes Kapitel: Beschreibung des Festes. Satan lernt drei merkwürdige Subjekte kennen

Neunzehntes Kapitel: Geschichte des deutschen Stutzers

Zweiter Teil

Vorspiel

Der Fluch (Fortsetzung)

Mein Besuch in Frankfurt

1. Wen der Satan an der Table d'hôte im Weißen Schwanen sah

2. Trost für Liebende

3. Ein Schabbes in Bornheim

4. Das gebildete Judenfräulein

5. Der Kurier aus Wien kommt an

6. Der Reis-Effendi und der Teufel in der Börsenhalle

7. Die Verlobung

Der Festtag im Fegefeuer (Fortsetzung)

1. Der junge Garnmacher fährt fort, seine Geschichte zu erzählen

2. Der Baron wird ein Rezensent

3. Das Theater im Fegefeuer

Novellen

Vertrauliches Schreiben an Herrn W. A. Spöttlich

Die Bettlerin vom Pont des Arts

Othello

Jud Süß

Die Sängerin

Die letzten Ritter von Marienburg

1. Ein Poet

2. Die Kritiker

3. Ein prosaisches Herz

4. Ein Singtee

5. Die letzten Ritter von Marienburg

Das Bild des Kaisers

Phantasien und Skizzen

Einleitung des Herausgebers

Phantasien im Bremer Ratskeller

Skizzen

Die Bücher und die Lesewelt

I. Die Leihbibliothek.

II. Geschmack des Publikums.

III. Der große Unbekannte.

IV. Besuch im Buchladen.

V. Der unternehmende Geist.

VI. Schluß.

Freie Stunden am Fenster.

I. Einleitung

II. Die Liebe parterre.

III. Der zweite Stock.

IV. Joco.

V. Die Bel-Etage.

VI. Der arme Schuster.

VII. Die deutsche Literatur.

Der ästhetische Klub.

Ein paar Reisestunden

Das Fischerstechen

 

Mitteilungen aus den Memoiren des Satan

Erster Teil

Einleitung

Marte, e'rassembra te, qualor dal quinto
Cielo, di ferro scendi e d'orror cinto.

Tasso. Jerus. librt. V. 44

Erstes Kapitel: Der Herausgeber macht eine interessante Bekanntschaft

Wer wie der Herausgeber und Übersetzer vorliegender merkwürdiger Aktenstücke in den letzten Tagen des Septembers 1822 in Mainz war und in dem schönen Gasthof Zu den drei Reichskronen logierte, wird gewiß diese Tage nicht unter die verlorenen seines Lebens rechnen.

Es vereinigte sich damals alles, um das Gasthofleben, sonst nicht gerade das angenehmste, das man führen kann, angenehm zu machen. Feine Weine, gute Tafel, schöne Zimmer, hätte man auch sonst wohl dort gefunden, seltener, gewiß sehr selten so ausgesuchte Gesellschaft. Ich erinnere mich nicht, jemals in meinem Leben, weder vor- noch nachher, einen meiner damaligen Tisch- und Hausgenossen gesehen zu haben, und dennoch schlang sich in jenen glücklichen Tagen ein so zartes enges Band der Geselligkeit um uns, wie ich es unter Fremden, deren keiner den andern kannte, oder seine näheren Verhältnisse zu wissen wünschte, nie für möglich gehalten hätte.

Der schöne Herbst von 1822, mit seiner erfreulichen Aussicht, dieser Herbst am Rhein genossen, mag allerdings zu dieser ruhigen Heiterkeit des Gemüts, zu diesem Hingeben jedes einzelnen, für die Gesellschaft beigetragen haben, aber nicht mit Unrecht glaube ich diese Erscheinung einem sonderbaren, mir nachher höchst merkwürdigen Mann zuschreiben zu müssen.

Ich war schon beinahe 1½ Tage in den Drei Reichskronen vor Anker gelegen; hätte mich nicht ein Freund, den ich seit langen Jahren nicht gesehen hatte, auf den 25. oder 30. bestellt, ich wäre nicht mehr länger geblieben, denn die schrecklichste Langeweile peinigte mich. Die Gesellschaft im Hause war anständig, freundlich sogar, aber kalt; man ließ einander an der Seite liegen, wenig bekümmert um das Wohl oder das Weh des Nachbars; wie man einander die schönen geschmorten Fische, den feinen Braten, oder die Saladière darzubieten habe, wußte jeder, »aber das Genie, ich meine den Geist«, wies sich nicht gehörig an der Tafel, noch weniger nachher aus.

Ich sah eines Nachmittags aus meinem Fenster auf den freien Platz vor dem Hotel herab, und dachte nach über meine Forderungen an die Menschen überhaupt und an die Gasthofmenschen (worunter ich nicht Wirt und Kellner allein verstand), insbesondere; da rasselte ein Reisewagen über das Steinpflaster der engen Seitenstraße, und hielt gerade unter meinem Fenster.

Der geschmackvolle Bau des Wagens ließ auf eine elegante Herrschaft schließen, sonderbar war es übrigens, daß weder auf dem Bock, noch hinten im Cabriolet ein Diener saß, was doch eigentlich zu den vier Postpferden, mit welchen der Wagen bespannt war, notwendig gepaßt hätte.

»Vielleicht ein kranker Herr, den sie aus dem Wagen tragen müssen«, dachte ich, und richtete die Lorgnette genau auf die Hand des großen, stattlichen Oberkellners, der den Schlag öffnete.

»Zimmer vakant?« rief eine tiefe, wohl tönende Männerstimme.

»So viele Euer Gnaden befehlen«, war die Antwort des Giganten.

Eine große, schlanke Gestalt schlüpfte schnell aus dem Wagen und trat in die Halle.

»Nro. 12 und 13«, rief die gebietende Stimme des Oberkellners, und Jean und George flogen im Wettlauf die Treppe hinan.

Die Wagentüre war offen geblieben, aber noch immer wollte kein zweiter heraussteigen.

Der Oberkellner stand verwundert am Wagen, zweimal hatte er hineingesehen, und immer dabei mit dem Kopf geschüttelt.

»Bst, Herr Oberkellner, auf ein Wort«, rief ich hinab, »wer war denn –«

»Werde gleich die Ehre haben«, antwortete der Gefällige, und trat bald darauf in mein Zimmer.

»Eine sonderbare Erscheinung«, sagte ich zu ihm; »ein schwerer Wagen mit vier Pferden und nur ein einzelner Herr, ohne alle Bedienung.«

»Gegen alle Regel und Erfahrung«, versicherte jener, »ganz sonderbar, ganz sonderbar; jedoch der Postillon versicherte, es sei ein Guter, denn er gab immer zwei Taler schon seit acht Stationen. Vielleicht ein Engländer von Profession, die haben alle etwas Apartes.«

»Wissen Sie den Namen nicht?« fragte ich neugieriger, als es sich schickte.

»Wird erst beim Souper auf die Schiefertafel geschrieben«, antwortete jener; »haben der Herr Doktor sonst noch etwas?« –

Ich wußte zu meinem Verdruß im Augenblicke nichts; er ging und ließ mich mit meinen Konjekturen über den Einsamen im achtsitzigen Wagen allein.

Als ich abends zur Tafel hinabging, schlüpfte der Kellner an mir vorüber, eine ungeheure Schiefertafel in der Hand. Er wurde mich kaum gewahr, als er in einer Hand ein Licht, in der andern die Tafel, vor mich hintrat, mir solche präsentierend.

»v. Natas, Particulier«, stand aufgeschrieben. »Hat er noch keine Bedienung?« fragte ich.

»Nein«, war die Antwort, »er hat zwei Lohnlakaien angenommen, die ihn aber weder aus- noch ankleiden dürfen.«

Als ich in den Speisesaal trat, hatte sich die Gesellschaft schon niedergelassen, ich eilte still an meinen Stuhl, gegenüber saß der Herr v. Natas.

Hatte dieser Mann schon vorher meine Neugierde erregt, so wurde er mir jetzt um so interessanter, da ich ihn in der Nähe sah.

Das Gesicht war schön, aber bleich, Haar, Auge und der volle Bart von glänzendem Schwarz, die weißen Zähne, von den feingespaltenen Lippen oft enthüllt, wetteiferten mit dem Schnee der blendend weißen Wäsche. War er alt? war er jung? man konnte es nicht bestimmen; denn bald schien sein Gesicht mit seinem pikanten Lächeln, das ganz leise in dem Mundwinkel anfängt und wie ein Wölkchen um die feingebogene Nase zu dem mutwilligen Auge hinaufzieht, früh gereifte und unter dem Sturm der Leidenschaften verblühte Jugend zu verraten; bald glaubte man einen Mann von schon vorgerückten Jahren vor sich zu haben, der durch eifriges Studium einer reichen Toilette sich zu konservieren weiß.

Es gibt Köpfe, Gesichter, die nur zu einer Körperform passen und sonst zu keiner andern. Man werfe mir nicht vor, daß es Sinnentäuschung seie, daß das Auge sich schon zu sehr an diese Form, wie sie die Natur gegeben, gewöhnt habe, als daß es sich eine andere Mischung denken könnte. Dieser Kopf konnte nie auf einem untersetzten, wohlbeleibten Körper sitzen, er durfte nur die Krone einer hohen, schlanken, zartgebauten Gestalt sein. So war es auch, und die gedankenschnelle Bewegung der Gesichtsmuskeln, wie sie in leichtem Spott um den Mund, im tiefen Ernst um die hohe Stirne spielen, drückte sich auch in dem Körper durch die würdige, aber bequeme Haltung, durch die schnelle, runde, beinahe zierliche Bewegung der Arme, überhaupt in dem leichten, königlichen Anstande des Mannes aus.

So war Herr von Natas, der mir gegenüber an der Abendtafel saß. Ich hatte während der ersten Gänge Muße genug, diese Bemerkungen zu machen, ohne dem interessanten Vis-à-vis durch neugieriges Anstarren beschwerlich zu fallen. Der neue Gast schien übrigens noch mehrere Beobachtungen zu veranlassen, denn von dem obern Ende der Tafel waren diesen Abend die Brillen mehrerer Damen in immerwährender Bewegung, mich und meine Nachbarn hatten sie über dem Mittagessen höchstens mit bloßem Auge gemustert.

Das Dessert wurde aufgetragen, der Direktor der vorzüglichen Tafelmusik ging umher, seinen wohlverdienten Lohn einzusammeln. Er kam an den Fremden. Dieser warf einen Taler unter die kleine Münzensammlung, und flüsterte dem überraschten Sammler etwas ins Ohr. Mit drei tiefen Bücklingen schien dieser zu bejahen und zu versprechen, und schritt eilig zu seiner Kapelle zurück. Die Instrumente wurden aufs neue gestimmt.

Ich war gespannt, was jener wohl gewählt haben könnte; der Direktor gab das Zeichen, und gleich in den ersten Takten erkannte ich die herrliche Polonaise von Osinsky. Der Fremde lehnte sich nachlässig in seinen Stuhl zurück, er schien nur der Musik zu gehören; aber bald bemerkte ich, daß das dunkle Auge unter den langen schwarzen Wimpern rastlos umherlief – es war offenbar, er musterte die Gesichter der Anwesenden, und den Eindruck, den die herrliche Polonaise auf sie machte.

Wahrlich! dieser Zug schien mir einen geübten Menschenkenner zu verraten. Zwar wäre der Schluß unrichtig, den man sich aus der wärmern oder kältern Teilnahme an dem Reich der Töne auf die größere oder geringere Empfänglichkeit des Gemüts für das Schöne und Edle ziehen wollte; heult ja doch auch selbst der Hund bei den sanften Tönen der Flöte, das Pferd dagegen spitzt die Ohren bei dem mutigen Schmettern der Trompeten, stolzer hebt es den Nacken und sein Tritt ist fester und straffer.

Aber dennoch konnte man nichts Unterhaltenderes sehen, als die Gesichter der verschiedenen Personen bei den schönsten Stellen des Stückes; ich machte dem Fremden mein Kompliment über die glückliche Wahl dieser Musik, und schnell hatte sich zwischen uns ein Gespräch über die Wirkung der Musik auf diese oder jene Charaktere entsponnen.

Die übrigen Gäste hatten sich indessen verlaufen, nur einige, die in der Ferne auf unser Gespräch gelauscht hatten, rückten nach und nach näher. Mitternacht war herangekommen, ohne daß ich wußte, wie, denn der Fremde hatte uns so tief in alle Verhältnisse der Menschen, in alle ihre Neigungen und Triebe hineinblicken lassen, daß wir uns stille gestehen mußten, nirgends so tiefgedachte, so überraschende Schlüsse gehört oder gelesen zu haben.

Von diesem Abend an ging uns ein neues Leben in den Drei Reichskronen auf. Es war, als habe die Freude selbst ihren Einzug bei uns gehalten, und feiere jetzt ihre heiligsten Festtage; Gäste, die sich nie hätten einfallen lassen, länger als eine Nacht hierzubleiben, schlossen sich an den immer größer werdenden Zirkel an, und vergaßen, daß sie unter Menschen sich befinden, die der Zufall aus allen Weltgegenden zusammengeschneit hatte. Und Natas, dieses seltsame Wesen, war die Seele des Ganzen. Er war es, der sich, sobald er sich nur erst mit seinen nächsten Tischnachbarn bekannt gemacht hatte, zum Maître de plaisir hergab. Er veranstaltete Feste, Ausflüge in die herrliche Gegend und erwarb sich den innigen Dank eines jeden. Hatte er aber schon durch die sinnreiche Auswahl des Vergnügens sich alle Herzen gewonnen, so war dies noch mehr der Fall, wenn er die Konversation führte.

Jenes ergötzliche Märchen von dem Hörnchen des Oberon schien ins Leben getreten zu sein; denn Natas durfte nur die Lippen öffnen, so fühlte jeder zuerst die lieblichsten Saiten seines Herzens angeschlagen, auf leichten Schwingen schwirrte dann das Gespräch um die Tafel, mutwilliger wurden die Scherze, kühner die Blicke der Männer, schalkhafter das Kichern der Damen, und endlich rauschte die Rede in so fessellosen Strömen, daß man nachher wenig mehr davon wußte, als daß man sich »göttlich« amüsiert habe.

Und dennoch war der Zauberer, der diese Lust heraufbeschwor, weit entfernt, je ins Rohe, Gemeine hinüberzuspielen. Er griff irgendeinen Gegenstand, eine Tagesneuigkeit auf, erzählte Anekdoten, spielte das Gespräch geschickt weiter, wußte jedem seine tiefste Eigentümlichkeit zu entlocken und ergötzte durch seinen lebhaften Witz, durch seine warme Darstellung, die durch alle Schattierungen von dem tiefsten Gefühl der Wehmut, bis hinauf an jene Ausbrüche der Laune streifte, welche in dem sinnlichsten, reizendsten Kostüm auf der feinen Grenze des Anstandes gaukeln.

Manchmal schien es zwar, es möchte weniger gefährlich gewesen sein, wenn er dem Heiligen, das er antastete, geradezu Hohn gesprochen, das Zarte, das er benagte, geradezu zerrissen hätte; jener zarte, geheimnisvolle Schleier, mit welchem er dies oder jenes verhüllte, reizte nur zu dem lüsternen Gedanken, tiefer zu blicken, und das üppige Spiel der Phantasie gewann in manchem Köpfchen unsrer schönen Damen nur noch mehr Raum; aber man konnte ihm nicht zürnen, nicht widersprechen; seine glänzenden Eigenschaften rissen unwiderstehlich hin, sie umhüllten die Vernunft mit süßem Zauber, und seine kühnen Hypothesen schlichen sich als Wahrheit in das unbewachte Herz.

 

Zweites Kapitel: Der schauerliche Abend

So hatte der geniale Fremdling mich und noch zwölf bis fünfzehn Herren und Damen in einen tollen Strudel der Freude gerissen. Beinahe alle waren ohne Zweck in diesem Haus, und doch wagte keiner, den Gedanken an die Abreise sich auch nur entfernt vorzustellen. Im Gegenteil, wenn wir morgens lange ausgeschlafen, mittags lange getafelt, abends lange gespielt und nachts lange getrunken, geschwatzt und gelacht hatten, schien der Zauber, der uns an dies Haus band, nur eine neue Kette um den Fuß geschlungen zu haben.

Doch es sollte anders werden, vielleicht zu unserem Heil. An dem sechsten Tage unseres Freudenreiches, einem Sonntag, war unser Herr v. Natas im ganzen Gasthof nicht zu finden. Die Kellner entschuldigten ihn mit einer kleinen Reise; er werde vor Sonnenuntergang nicht kommen, aber zum Tee, zur Nachttafel unfehlbar da sein.

Wir waren schon so an den Unentbehrlichen gewöhnt, daß uns diese Nachricht ganz betreten machte, es war uns, als würden uns die Flügel zusammengebunden und man befehle uns zu fliegen.

Das Gespräch kam, wie natürlich, auf den Abwesenden und auf seine auffallende, glänzende Erscheinung. Sonderbar war es, daß es mir nicht aus dem Sinne kommen wollte, ich habe ihn, nur unter einer andern Gestalt, schon früher einmal auf meinem Lebenswege begegnet; so abgeschmackt auch der Gedanke war, so unwiderstehlich drängte er sich mir immer wieder auf. Aus früheren Jahren her erinnerte ich mich nämlich eines Mannes, der in seinem Wesen, in seinem Blick hauptsächlich, große Ähnlichkeit mit ihm hatte. Jener war ein fremder Arzt, besuchte nur hie und da meine Vaterstadt, und lebte dort immer von Anfang sehr still, hatte aber bald einen Kreis von Anbetern um sich versammelt. Die Erinnerung an jenen Menschen war mir übrigens fatal, denn man behauptete, daß, sooft er uns besucht habe, immer ein bedeutendes Unglück erfolgt sei, aber dennoch konnte ich den Gedanken nicht loswerden, Natas habe die größte Ähnlichkeit mit ihm, ja es sei eine und dieselbe Person.

Ich erzählte meinen Tischnachbarn den unablässig mich verfolgenden Gedanken und die unangenehme Vergleichung eines mir so grausenhaften Wesens, wie der Fremde in meiner Vaterstadt war, mit unserm Freunde, der so ganz meine Achtung und Liebe sich erworben hatte; aber noch unglaublicher klingt es vielleicht, wenn ich versichere, daß meine Nachbarn ganz den nämlichen Gedanken hatten; auch sie glaubten unter einer ganz andern Gestalt unsern geistreichen Gesellschafter gesehen zu haben.

»Sie könnten einem ganz bange machen«, sagte die Baronin von Thingen, die nicht weit von mir saß. »Sie wollen unsern guten Natas am Ende zum Ewigen Juden oder, Gott weiß, zu was sonst noch machen!«

Ein kleiner ältlicher Herr, Professor in T., der seit einigen Tagen sich auch an unsere Gesellschaft angeschlossen, und immer stillvergnügt, hie und da etwas weinselig, mitlebte, hatte während unserer »vergleichenden Anatomie«, wie er es nannte, still vor sich hin gelächelt und mit kunstfertiger Schnelligkeit seine ovale Dose zwischen den Fingern umgedreht, daß sie wie ein Rad anzusehen war.

»Ich kann mit meiner Bemerkung nicht mehr länger hinter dem Berge halten«, brach er endlich los, »wenn Sie erlauben, Gnädigste, so halte ich ihn nicht gerade für den Ewigen Juden, aber doch für einen ganz absonderlichen Menschen. Solange er zugegen war, wollte wohl hie und da der Gedanke in mir aufblitzen, ›Den hast du schon gesehen, wo war es doch?‹ aber wie durch Zauber krochen diese Erinnerungen zurück, wenn er mich mit dem schwarzen umherspringenden Auge erfaßte.«

»So war es mir gerade auch, mir auch, mir auch«, riefen wir alle verwundert.

»Hm! he, hm!« lachte der Professor. »Jetzt fällt es mir aber von den Augen wie Schuppen, daß es niemand ist als der, den ich schon vor zwölf Jahren in Stuttgart gesehen habe.«

»Wie, Sie haben ihn gesehen und in welchen Verhältnissen?« fragte Frau v. Thingen eifrig, und errötete bald über den allzu großen Eifer, den sie verraten hatte.

Der Professor nahm eine Prise, klopfte den Jabot aus und begann: »Es mögen nun ungefähr zwölf Jahre sein, als ich wegen eines Prozesses einige Monate in Stuttgart zubrachte. Ich wohnte in einem der ersten Gasthöfe und speiste auch dort gewöhnlich in großer Gesellschaft an der Wirtstafel. Einmal kam ich nach einigen Tagen, in welchen ich das Zimmer hatte hüten müssen, zum erstenmal wieder zu Tisch. Man sprach sehr eifrig über einen gewissen Herrn Barighi, der seit einiger Zeit die Mittagsgäste durch seinen lebhaften Witz, durch seine Gewandtheit in allen Sprachen entzücke; in seinem Lob waren alle einstimmig, nur über seinen Charakter war man nicht recht einig, denn die einen machten ihn zum Diplomaten, die andern zu einem Sprachmeister, die dritten zu einem hohen Verbannten, wieder andere zu einem Spion. Die Türe ging auf, man war still, beinahe verlegen, den Streit so laut geführt zu haben; ich merkte, daß der Besprochene sich eingefunden habe und sah –«

»Nun? ich bitte Sie! denselben, der uns« – »denselben, der uns seit einigen Tagen so trefflich unterhält. Dies wäre übrigens gerade nichts Übernatürliches, aber hören Sie weiter: zwei Tage schon hatte uns Herr Barighi, so nannte sich der Fremde, durch seine geistreiche Unterhaltung die Tafel gewürzt, als uns einmal der Wirt des Gasthofs unterbrach: ›Meine Herren‹, sagte der Höfliche, ›bereiten Sie sich auf eine köstliche Unterhaltung, die Ihnen morgen zuteil werden wird, vor; der Herr Oberjustizrat Hasentreffer zog heute aus, und zieht morgen ein.‹

Wir fragten, was dies zu bedeuten habe, und ein alter grauer Hauptmann, der schon seit vielen Jahren den obersten Platz in diesem Gasthof behauptete, teilte uns den Schwank mit: gerade dem Speisesaal gegenüber wohnt ein alter Junggeselle, einsam in einem großen öden Haus; er ist Oberjustizrat außer Dienst, lebt von einer anständigen Pension, und soll überdies ein enormes Vermögen besitzen.

Derselbe ist aber ein kompletter Narr und hat ganz eigene Gewohnheiten, wie z. B. daß er sich selbst oft große Gesellschaft gibt, wobei es immer flott hergeht. Er läßt zwölf Couverts aus dem Wirtshaus kommen, feine Weine hat er im Keller, und einer oder der andere unsrer Marqueurs hat die Ehre zu servieren. Man denkt vielleicht, er hat allerlei hungrige oder durstige Menschen bei sich? Mitnichten! alte, gelbe Stammbuchblätter, auf jedem ein großes Kreuz, liegen auf den Stühlen, dem alten Kauz ist aber so wohl, als wenn er unter den lustigsten Kameraden wäre; er spricht und lacht mit ihnen, und das Ding soll so greulich anzusehen sein, daß man immer die neuen Kellner dazu braucht, denn wer einmal bei einem solchen Souper war, geht nicht mehr in das öde Haus.

Vorgestern war wieder ein Souper, und unser neuer Franz dort schwört Himmel und Erde, ihn bringe keine Seele mehr hinüber. Den andern Tag nach dem Gastmahl kommt dann die zweite Sonderbarkeit des Oberjustizrats. Er fährt morgens früh aus der Stadt, und kehrt erst den andern Morgen zurück; nicht aber in sein Haus, das um diese Zeit fest verriegelt und verschlossen ist, sondern hierher ins Wirtshaus.

Da tut er dann ganz fremd gegen Leute, welche er das ganze Jahr täglich sieht, speist zu Mittag, und stellt sich nachher an ein Fenster, und betrachtet sein Haus gegenüber von oben bis unten.

›Wem gehört das Haus da drüben?‹ fragt er dann den Wirt.

Pflichtmäßig bückt sich dieser jedesmal und antwortet: ›Dem Herrn Oberjustizrat Hasentreffer, Ew. Exzellenz aufzuwarten‹«. – »Aber Herr Professor, wie hängt denn Ihr toller Hasentreffer mit unserem Natas zusammen?« fragte ich.

»Belieben Sie sich doch zu gedulden, Herr Doktor«, antwortete jener, »es wird Ihnen gleich wie ein Licht aufgehen. Der Hasentreffer beschaut also das Haus und erfährt, daß es dem Hasentreffer gehöre. ›Ach! derselbe, der in Tübingen zu meiner Zeit studierte?‹ fragt er dann, reißt das Fenster auf, streckt den gepuderten Kopf hinaus, und schreit ›Ha–a–asentreffer – Ha–a–asentreffer.‹

Natürlich antwortet niemand, er aber sagt dann, ›Der Alte würde es mir nie vergessen, wenn ich nicht bei ihm einkehrte‹, nimmt Hut und Stock, schließt sein eigenes Haus auf, und so geht es nach wie vor.

Wir alle«, fuhr der Professor in seiner Erzählung fort, »waren sehr erstaunt über diese sonderbare Erscheinung, und freuten uns königlich auf den morgenden Spaß. Herr Barighi aber nahm uns das Versprechen ab, ihn nicht verraten zu wollen, indem er einen köstlichen Scherz mit dem Oberjustizrat vorhabe.

Früher als gewöhnlich versammelten wir uns an der Wirtstafel und belagerten die Fenster. Eine alte baufällige Chaise wurde von zwei alten Kleppern die Straße herangeschleppt, sie hielt vor dem Wirtshaus; ›Das ist der Hasentreffer, der Hasentreffer‹, tönte es von aller Mund, und eine ganz besondere Fröhlichkeit bemächtigte sich unser, als wir das Männlein, zierlich gepudert, mit einem stahlgrauen Röcklein angetan, ein mächtiges Meerrohr in der Hand, aussteigen sahen. Ein Schwanz von wenigstens zehn Kellnern schloß sich ihm an; so gelangte er ins Speisezimmer.

Man schritt sogleich zur Tafel; ich habe selten so viel gelacht, als damals, denn mit der größten Kaltblütigkeit behauptete der Alte, geraden Weges aus Kassel zu kommen, und vor sechs Tagen in Frankfurt im ›Schwanen‹ recht gut logiert zu haben. Schon vor dem Dessert mußte Barighi verschwunden sein, denn als der Oberjustizrat aufstand, und sich auch die übrigen Gäste erwartungsvoll erhoben, war er nirgends mehr zu sehen.

Der Oberjustizrat stellte sich ans Fenster, wir alle folgten seinem Beispiele und beobachteten ihn. Das Haus gegenüber schien öde und unbewohnt; auf der Türschwelle sproßte Gras, die Jalousien waren geschlossen, zwischen einigen schienen sich Vögel eingebaut zu haben.

›Ein hübsches Haus da drüben‹, begann der Alte zu dem Wirt, der immer in der dritten Stellung hinter ihm stand. ›Wem gehört es?‹ ›Dem Oberjustizrat Hasentreffer, Eurer Exzellenz aufzuwarten.‹

›Ei, das ist wohl der nämliche, der mit mir studiert hat?‹ rief er aus; ›der würde mir es nie verzeihen, wenn ich ihm nicht meine Anwesenheit kundtäte.‹ Er riß das Fenster auf, ›Hasentreffer – Hasentreffer‹, schrie er mit heiserer Stimme hinaus – Aber wer beschreibt unseren Schrecken, als gegenüber in dem öden Haus, das wir wohl verschlossen und verriegelt wußten, ein Fensterladen langsam sich öffnete; ein Fenster tat sich auf, und heraus schaute der Oberjustizrat Hasentreffer im zitzenen Schlafrock und der weißen Mütze, unter welcher wenige graue Löckchen hervorquollen; so, gerade so pflegte er sich zu Haus zu tragen. Bis auf das kleinste Fältchen des bleichen Gesichtes, war der gegenüber der nämliche wie der, der bei uns stand. Aber Entsetzen ergriff uns, als der im Schlafrock mit derselben heiseren Stimme über die Straße herüberrief: ›Was will man, wem ruft man? he!‹

›Sind Sie der Herr Oberjustizrat Hasentreffer?‹ rief der auf unserer Seite, bleich wie der Tod, mit zitternder Stimme, indem er sich bebend am Fenster hielt.

›Der bin ich‹, kreischte jener, und nickte freundlich grinsend mit dem Kopfe; ›steht etwas zu Befehl?‹

›Ich bin er ja auch‹, rief der auf unserer Seite wehmütig, ›wie ist denn dies möglich?‹

›Sie irren sich, Wertester‹, schrie jener herüber, ›Sie sind der dreizehnte; kommen Sie nur ein wenig herüber in meine Behausung, daß ich Ihnen den Hals umdrehe; es tut nicht weh.‹

›Kellner, Stock und Hut!‹ rief der Oberjustizrat, matt bis zum Tod, und die Stimme schlich ihm in kläglichen Tönen aus der hohlen Brust herauf. ›In meinem Haus ist der Satan, und will meine Seele; – vergnügten Abend meine Herrn‹; setzte er hinzu, indem er sich mit einem freundlichen Bückling zu uns wandte, und dann den Saal verließ.

›Was war das?‹ fragten wir uns, ›sind wir alle wahnsinnig?‹ –

Der im Schlafrock schaute noch immer ganz ruhig zum Fenster hinaus, während unser gutes altes Närrchen in steifen Schritten über die Straße stieg. An der Haustüre zog er einen großen Schlüsselbund aus der Tasche, riegelte – der im Schlafrock sah ihm ganz gleichgültig zu –, riegelte die schwere, knarrende Haustüre auf, und trat ein.

Jetzt zog sich auch der andere vom Fenster zurück, man sah wie er dem unsrigen an die Zimmertüre entgegenging.

Unser Wirt, die zehn Kellner waren alle bleich von Entsetzen und zitterten: ›Meine Herren‹, sagte jener, ›Gott sei dem armen Hasentreffer gnädig, denn einer von beiden war der Leibhaftige.‹ – Wir lachten den Wirt aus, und wollten uns selbst bereden, daß es ein Scherz von Barighi sei, aber der Wirt versicherte, es habe niemand in das Haus gehen können, außer mit den überaus künstlichen Schlüsseln des Rats, Barighi sei 10 Minuten, ehe das Gräßliche geschehen, noch an der Tafel gesessen, wie hätte er denn in so kurzer Zeit die täuschende Maske anziehen können, vorausgesetzt auch, er hätte sich das fremde Haus zu öffnen gewußt. Die beiden seien aber einander so greulich ähnlich gewesen, daß er, ein zwanzigjähriger Nachbar, den echten nicht hätte unterscheiden können. ›Aber um Gottes willen, meine Herrn, hören Sie nicht das gräßliche Geschrei da drüben?‹

Wir sprangen ans Fenster, schreckliche trauervolle Stimmen tönten aus dem öden Hause herüber, einigemal war es uns, als sähen wir unsern alten Oberjustizrat, verfolgt von seinem Ebenbild im Schlafrock am Fenster vorbeijagen. Plötzlich aber war alles still.

Wir sahen einander an; der Beherzteste machte den Vorschlag, hinüberzugehen; alle stimmten überein. Man zog über die Straße, die große Hausglocke an des Alten Haus tönte dreimal, aber es wollte sich niemand hören lassen: da fing uns an zu grauen; wir schickten nach der Polizei und dem Schlosser, man brach die Türe auf, der ganze Strom der Neugierigen zog die breite, stille Treppe hinauf, alle Türen waren verschlossen; eine ging endlich auf, in einem prachtvollen Zimmer lag der Oberjustizrat im zerrissenen stahlfarbigen Röcklein, die zierliche Frisur schrecklich verzaust, tot, erwürgt auf dem Sofa.

Von Barighi hat man weder in Stuttgart, noch sonst irgendwo jemals eine Spur gesehen.«

 

Drittes Kapitel: Der schauervolle Abend (Fortsetzung)

Der Professor hatte seine Erzählung geendet, wir saßen eine gute Weile still und nachdenkend. Das lange Schweigen ward mir endlich peinlich, ich wollte das Gespräch wieder anfachen, aber auf eine andere Bahn bringen, als mir ein Herr von mittleren Jahren in reicher Jagduniform, wenn ich nicht irre, ein Oberforstmeister aus dem Nassauischen, zuvorkam.

»Es ist wohl jedem von uns schon begegnet, daß er unzählige Male für einen andern gehalten wurde, oder auch Fremde für ganz Bekannte anredete, und sonderbar ist es, ich habe diese Bemerkung oft in meinem Leben bestätigt gefunden, daß die Verwechslung weniger bei jenen platten, alltäglichen, nichtssagenden Gesichtern, als bei auffallenden, eigentlich interessanten vorkommt.«

Wir wollten ihm seine Behauptung als ganz unwahrscheinlich verwerfen, aber er berief sich auf die wirklich interessante Erscheinung unseres Natas; »Jeder von uns gesteht«, sagte er, »daß er dem Gedanken Raum gegeben, unsern Freund, nur unter anderer Gestalt, hier oder dort gesehen zu haben, und doch sind seine scharfen Formen, sein gebietender Blick, sein gewinnendes Lächeln ganz dazu gemacht, auf ewig sich ins Gedächtnis zu prägen.«

»Sie mögen so unrecht nicht haben«, entgegnete Flaßhof, ein preußischer Hauptmann, der auf die Strafe des Arrestes hin, schon zwei Tage bei uns gezaudert hatte, nach Koblenz in seine Garnison zurückzukehren, »Sie mögen recht haben; ich erinnere mich einer Stelle aus den launigen Memoiren des italienischen Grafen Gozzi, die ganz für Ihre Behauptung spricht: ›Jedermann‹, sagt er, ›hat den Michele d'Agata gekannt und weiß, daß er einen Fuß kleiner und wenigstens um zwei dicker war, als ich, und auch sonst nicht die geringste Ähnlichkeit in Kleidung und Physiognomie mit mir gehabt hat.

Aber lange Jahre hatte ich alle Tage den Verdruß, von Sängern, Tänzern, Geigern und Lichtputzern als Herr Michele d'Agata angeredet zu sein und lange Klagen über schlechte Bezahlung, Forderungen usw. anhören zu müssen. Selten gingen sie überzeugt von mir weg, daß ich nicht Michele d'Agata sei.

Einst besuchte ich in Verona eine Dame; das Kammermädchen meldet mich an, ›Herr Agata‹. Ich trat hinein und ward als Michele d'Agata begrüßt und unterhalten, ich ging weg und begegnete einem Arzt, den ich wohl kannte; ›Guten Abend, Herr Agata‹, war sein Gruß, indem er vorüberging. Ich glaubte am Ende beinahe selbst, ich sei der Michele d'Agata.«

Ich wußte dem guten Hauptmann Dank, daß er uns aus den ängstigenden Phantasien, welche die Erzählung des Professors in uns aufgeregt hatte, erlöste. Das Gespräch floß ruhiger fort, man stritt sich um das Vorrecht ganzer Nationen, einen interessanten Gesichterschnitt zu haben, über den Einfluß des Geistes auf die Gesichtszüge überhaupt und auf das Auge insbesondere, man kam endlich auf Lavater und Konsorten; Materien, die ich hundertmal besprochen, mochte ich nicht mehr wiederkäuen, ich zog mich in ein Fenster zurück. Bald folgte mir der Professor dahin nach, um gleich mir die Gesichter der Streitenden zu betrachten.

»Welch ein leichtsinniges Volk«, seufzte er, »ich habe sie jetzt soeben gewarnt und die Hölle ihnen recht heiß gemacht, ja sie wagten in keine Ecke mehr zu sehen, aus Furcht, der Leibhaftige möchte daraus hervorgucken, und jetzt lachen sie wieder und machen tolle Streiche, als ob der Versucher nicht immer umherschliche?«

Ich mußte lachen über die Amtsmiene, die sich der Professor gab; »Noch nie habe ich das schöne Talent eines Vesperpredigers an Ihnen bemerkt«, sagte ich, »aber Sie setzen mich in Erstaunen durch Ihre kühnen Angriffe auf die böse Welt und auf den Argen selbst. Bilden Sie sich denn wirklich ein, dieser harmlose Natas . . .«

»Harmlos nennen Sie ihn?« unterbrach mich der Professor, heftig meine Brust anfassend, »harmlos? Haben Sie denn nicht bemerkt«, flüsterte er leiser, »daß alles bei diesem feinen . . . . Herrn berechneter Plan ist. Oh, ich kenne meine Leute!«

»Sie setzen mich in Erstaunen, wie meinen Sie denn?«

»Haben Sie nicht bemerkt«, fuhr er eifrig fort, »daß der gebildete Herr Oberforstmeister dort mit Leib und Seele sein ist, weil er ihm fünf Nächte hindurch alles Geld abjagte, und den Ausgebeuteten gestern nacht fünfzehnhundert Dukaten gewinnen ließ? Er nennt den abgefeimten Spieler einen Mann von den nobelsten Sentiments und schwört auf Ehre, er müsse über die Hälfte wieder an den Fremden verlieren, sonst habe er keine Ruhe. – Haben Sie ferner nicht bemerkt, wie er den Ökonomierat gekörnt hat?«

»Ich habe wohl gesehen«, antwortete ich, »daß der Ökonomierat, sonst so moros und misanthrop, jetzt ein wenig aufgewacht ist, aber ich habe es dem allgemeinen Einfluß der Gesellschaft zugeschrieben.«

»Behüte. Er läuft schon seit zwanzig Jahren in den Gesellschaften umher und wacht doch nicht auf; auf dem Weg ist er ein Bruder Lüderlich zu werden; der Esel reist krank im Lande umher, behauptet einen großen Wurm im Leib zu haben und macht allen Leuten das Leben sauer mit seinen exorbitanten Behauptungen, und jetzt? jetzt hat ihn dieser Wundermann erwischt, gibt ihm ein Pülverlein, und rät ihm, nicht wie ein anderer vernünftiger Arzt, Diät und Mäßigkeit, sondern er soll seine Jugend, wie er die fünfzig Jahre des alten Wurms nennt, genießen, viel Wein trinken etc., und das et cetera und den Wein benützt er seit vier Tagen ärger als der verlorne Sohn.«

»Und darüber können Sie sich ärgern, Herr Professor? der Mann ist sich und dem Leben wiedergeschenkt –«

»Nicht davon spreche ich«, entgegnete der Eifrige, »der alte Sünder könnte meinetwegen heute noch abfahren; sondern daß er sich dem nächsten besten Charlatan anvertraut und sich also ruinieren muß, ich habe ihn vor acht Jahren in der Kur gehabt, und es besserte sich schon zusehends.«

Der Eifer des guten Professors war mir nun einigermaßen erklärlich, der liebe Brotneid schaute nicht undeutlich heraus. –

»Und unsere Damen?« fuhr er fort, »die sind nun rein toll. Mich dauert nur der arme Trübenau, ich kenne ihn zwar nicht, aber übermorgen soll er hier ankommen, und wie findet er die gnädige Frau? Hat man je gehört, daß eine junge gebildete Frau in den ersten Jahren einer glücklichen Ehe sich in ein solches Verhältnis mit einem ganz fremden Menschen einläßt, und zwar innerhalb fünf Tagen!« –

»Wie, die schöne, bleiche Frau dort?« rief ich aus.

»Die nämliche bleiche«, antwortete er, »vor vier Tagen war sie noch schön rot, wie eine Zentifolie, da begegnet ihr der Interessante auf der Straße, fragt, wohin sie gehe, hört kaum, daß sie rouge fin kaufen wolle (denn solche Toilettengeheimnisse auszuplaudern, heißt bon ton), so bittet und fleht er, sie solle doch kein Rot auflegen, sie habe ein so interessantes je-ne-sais-quoi, das zu einem blassen Teint viel besser stehe. Was tut sie? wahrhaftig, sie geht in den nächsten Galanterieladen und sucht weiße Schminke; ich war gerade dort, um ein Pfeifenrohr zu erstehen, da höre ich sie mit ihrer süßen Stimme den rauhhärigen Bären von einem Ladendiener fragen, ob man das Weiß nicht noch etwas › ätherischer‹ habe? Hol mich der T . . . . .! hat man je so was gehört?«

Ich bedauerte den Professor aufrichtig, denn wenn ich nicht irrte, so suchte er von Anfang die Aufmerksamkeit der schönen Frau auf den schon etwas verschossenen »Einband seiner gelehrten Seele« zu ziehen. Daß es aber mit Natas und der Trübenau nicht ganz richtig war, sah ich selbst; von der Schminkgeschichte, die jenen so sehr erboste, wußte ich zwar nichts, aber wer sich auf die Exegese der Augen verstand, hatte keinen weitern Kommentar nötig, um die gegenseitige Annäherung daraus zu erläutern.

Der Professor hatte, in tiefe Gedanken versunken, eine Zeitlang geschwiegen; er erhob jetzt sein Auge durch die Brille an die Decke des Zimmers, wo allerlei Engelein in Gips aufgetragen waren; »Himmel«, seufzte er, »und die Thingen hat er auch; Sie glauben nicht, welcher Reiz in diesem ewig heitern Auge, in diesen Grübchen auf den blühenden Wangen, in dem Schmelz ihrer Zähne, in diesen frischen, zum Kuß geöffneten Lippen, in diesen weichen Armen, in diesen runden vollen Formen der schwellenden –«

»Herr Professor!« rief ich, erschrocken über seine Ekstase, und schüttelte ihn am Arm ins Leben zurück. »Sie geraten außer sich, Wertester, belieben Sie nicht eine Prise Spaniol?«

»Er hat sie auch«, fuhr er zähneknirschend fort, »haben Sie nicht bemerkt, mit welcher Hast sie vorhin nach seinen Verhältnissen fragte? wie sie rot ward? Jung, schön, wohlhabend, Witwe – sie hat alles, um eine angenehme Partie zu machen; geistreiche Männer von Ruf in der literarischen Welt, buhlen um ihre Gunst, sie wirft sie an einen – Landstreicher hin; ach, wenn Sie wüßten, bester Doktor, was mir neulich der Oberkellner aber mit der größten Diskretion, daß man ihn vorgestern nachts aus ihrem Zimmer . . .«

»Ich bitte, verschonen Sie mich«, fiel ich ein, »gestehen Sie mir lieber, ob der Wundermensch Sie selbst noch nicht unter den Pantoffel gebracht hat.«

»Das ist es eben«, antwortete der Befragte verlegen lächelnd, »das ist es, was mir Kummer macht. Sie wissen, ich lese über Chemie; er brachte einmal das Gespräch darauf, und entwickelte so tiefe Kenntnisse, deckte so neue und kühne Ideen auf, daß mir der Kopf schwindelte; ich möchte ihm um den Hals fallen und um seine Hefte und Notizen bitten, es zieht mich mit unwiderstehlicher Geisterkraft in seine Nähe, und doch könnte ich ihm mit Freuden Gift beibringen.«

Wie komisch war die Wut dieses Mannes, er ballte die Faust und fuhr damit hin und her, seine grünen Brillengläser funkelten wie Katzenaugen, sein kurzes schwarzes Haar schien sich in die Höhe zu richten.

Ich suchte ihn zu besänftigen; ich stellte ihm vor, daß er ja nicht ärger losziehen könnte, wenn der Fremde der Teufel selbst wäre; aber er ließ mich nicht zum Worte kommen.

»Er ist es, der Satan selbst logiert hier in den Drei Reichskronen«, rief er, »um unsere Seelen zu angeln. Ja, du bist ein guter Fischer, und hast eine feine Nase, aber ein . . . .r Professor, wie ich, der sogar in demagogischen Untersuchungen die Lunte gleich gerochen, und eigens deswegen hieher nach Mainz gereist ist, ein solcher hat noch eine feinere als du.«

Ein heiseres Lachen, das gerade hinter meinem Rücken zu entstehen schien, zog meine Aufmerksamkeit auf sich; ich wandte mich um, und glaubte Natas höhnisch durch die Scheiben hereingrinsen zu sehen. Ich ergriff den Professor am Arm, um ihm die sonderbare Erscheinung zu zeigen, denn das Zimmer lag einen Stock hoch; dieser aber hatte weder das Lachen gehört, noch konnte er meine Erscheinung sehen; denn als er sich umwandte, sah nur die bleiche Scheibe des Mondes durch die Fenster dort, wo ich vorhin das greulich verzerrte Gesicht des geheimnisvollen Fremdlings zu sehen geglaubt hatte.

Ehe ich noch recht mit mir einig war, ob das, was ich gesehen, Betrug der Sinne, Ausgeburt einer aufgeregten Phantasie oder Wirklichkeit war, ward die Türe aufgerissen, und Herr von Natas trat stolzen Schrittes in das Zimmer. Mit sonderbarem Lächeln maß er die Gesellschaft, als wisse er ganz gut, was von ihm gesprochen worden sei, und ich glaubte zu bemerken, daß keiner der Anwesenden seinen forschenden Blick auszuhalten vermochte.

Mit der ihm so eigenen Leichtigkeit hatte er der Trübenau gegenüber, neben der Frau von Thingen Platz genommen, und die Leitung der Konversation an sich gerissen. Das böse Gewissen ließ den Professor nicht an den Tisch sitzen, mich selbst fesselte das Verlangen, diesen Menschen einmal aus der Ferne zu beobachten, an meinem Platz im Fenster. Da bemerkten wir denn das Augenspiel zwischen Frau v. Trübenau und dem gewandtesten der Liebhaber, der, indem er der Tochter des Ökonomierats so viel Verbindliches zu sagen wußte, daß sie einmal über das andere bis unter die breiten Brüßler Spitzen ihrer Busenkrause errötete, das feingeformte Füßchen der Frau von Thingen auf seinem blankgewichsten Stiefel tanzen ließ.

»Drei Mücken auf einen Schlag, das heiße ich doch – meiner Seel, aller Ehre wert«, brummte der zornglühende Professor, dem jetzt auch seine letzte Ressource, die ökonomische Schöne, so was man sagt, vor dem Mund weggeschnappt werden sollte. Mit tönenden Schritten ging er an den Tisch, nahm sich einen Stuhl und setzte sich, breit wie eine Mauer, neben seine Schöne. Doch diese schien nur Ohren für Natas zu haben, denn sie antwortete auf seine Frage, ob sie sich wohl befinde, »übermorgen«, und als er voll Gram die Anmerkung hinwarf, sie scheine sehr zerstreut, meinte sie »1 fl. 30 kr. die Elle«.

Ich sah jetzt einem unangenehmen Auftritt entgegen. Der Professor, der nicht daran dachte, daß er durch ein Sonett oder Triolett alles wieder gut machen, ja durch ein paar ottave rime sich sogar bei der Trübenau wieder insinuieren könnte, widersprach jetzt geradezu jeder Behauptung, die Natas vorbrachte; und ach! nicht zu seinem Vorteil; denn dieser, in der Dialektik dem guten Kathedermann bei weitem überlegen, führte ihn so aufs Eis, daß die leichte Decke seiner Logik zu reißen und er in ein Chaos von Widersprüchen hinabzustürzen drohte.

Eine lieblich duftende Bowle Punsch unterbrach einige Zeit den Streit der Zunge, gab aber dafür Anlaß zu desto feindseligeren Blicken zwischen Frau von Trübenau und Frau von Thingen. Diese hatte, ihrer schönen runden Arme sich bewußt, den gewaltigen silbernen Löffel ergriffen, um beim Eingießen die ganze Grazie ihrer Haltung zu entwickeln; jene aber kredenzte die gefüllten Becher mit solcher Anmut, mit so liebevollen Blicken, daß das Bestreben, sich gegenseitig soviel als möglich Abbruch zu tun, unverkennbar war.

Als aber der sehr starke Punsch die leisen Schauer des Herbstabends verdrängt hatte, als er anfing, die Wangen unserer Damen höher zu färben, und aus den Augen der Männer zu leuchten, da schien es mir mit einem Mal, als sei man, ich weiß nicht wie, aus den Grenzen des Anstands herausgetreten; allerlei dumme Gedanken stiegen in mir auf und nieder, das Gespräch schnurrte und summte wie ein Mühlrad, man lachte und jauchzte und wußte nicht über was? man kicherte und neckte sich, und der Oberforstmeister brachte sogar ein Pfänderspiel mit Küssen in Vorschlag. Plötzlich hörte ich jenes heisere Lachen wieder, das ich vorhin vor dem Fenster zu hören glaubte; wirklich, es war Natas, der dem Professor zuhörte, und trotz dem Eifer und Ernst, mit welchem dieser alles vorbrachte, alle Augenblicke in sein heiseres Gelächter ausbrach.

»Nicht wahr, meine Herren und Damen«, schrie der Punsch aus dem Professor heraus, »Sie haben vorhin selbst bemerkt, daß unser verehrter Freund dort jedem von Ihnen, nur in anderer Gestalt, schon begegnet ist? Sie schweigen? Ist das auch Räson, einen so im Sand sitzen zu lassen? Herr Oberforstmeister! Frau von Thingen, gnädige Frau! sagen Sie selbst; namentlich Sie, Herr Doktor!«

Wir befanden uns durch die Indiskretion des Professors in großer Verlegenheit; »ich erinnere mich«, gab ich zur Antwort, als alles schwieg, »von interessanten Gesichtern und ihren Verwechslungen gesprochen zu haben, und wenn ich nicht irre, wurde auch Herr von Natas aufgeführt.«

Der Benannte verbeugte sich, und meinte, es sei gar zuviel Ehre, ihn unter die Interessanten zu zählen; aber der Professor verdarb wieder alles.

»Was da! ich nehme kein Blatt vor den Mund!« sagte er; »ich behauptete, daß mir ganz unheimlich in Dero Nähe sei, und erzählte, wie Sie in Stuttgart den armen Hasentreffer erwürgt haben; wissen Sie noch, gnädiger Herr?«

Dieser aber stand auf, lief mit schrillendem Gelächter im Zimmer umher und plötzlich glaubte ich den unglückbringenden Doktor meiner Vaterstadt vor mir zu haben; es war nicht mehr Natas, es war ein älterer, unheimlicher Mensch.

»Da hat man's ja deutlich«, rief der Professor, »dort läuft er als Barighi umher.«

»Barighi?« entgegnete Frau von Trübenau, »bleiben Sie doch mit Ihrem Barighi zu Hause, es ist ja unser lieber Privatsekretär Gruber, der da hereingekommen ist.«

»Ich möchte doch um Verzeihung bitten, gnädige Frau«, unterbrach sie der Oberforstmeister, »es ist der Spieler Maletti, mit dem ich in Wiesbaden letzten Sommer assosiert war.«

»Ha! Ha! wie man sich doch täuschen kann«, sprach Frau von Thingen, den auf und ab Gehenden durch die perlmutterne Brille beschauend, »es ist ja niemand anders, als der Kapellmeister Schmalz, der mir die Gitarre beibringt.«

»Warum nicht gar«, brummte der alte Ökonomierat, »es ist der lustige Kommissär, der mir die gute Brotlieferung an das Spital in D—n verschaffte.«

»Ach! Papa«, kicherte sein Töchterlein, »jener war ja schwarz und dieser ist blond! Kennen Sie denn den jungen Landwirt nicht mehr, der sich bei uns ins Praktische einschießen wollte?«

»Hol mich der Kuckuck und alle Wetter«, schrie der preußische Hauptmann, »das ist der verfluchte Ladenprinz und Ellenreiter, der mir mein Lorchen wegfischte! Auf Pistolen fordere ich den Hund, gleich morgen, gleich jetzt.« Er sprang auf und wollte auf den immer ruhig auf und ab Gehenden losstürzen; der Professor aber packte ihn am Arm: »Bleiben Sie weg, Wertester!« schrie er, »ich hab's gefunden, ich hab's gefunden, kehrt seinen Namen um, es ist der Satan!«

 

Viertes Kapitel: Das Manuskript

So viel als ich hier niedergeschrieben habe, lebt von diesem Abend noch in meiner Erinnerung; doch kostete es geraume Zeit, bis ich mich auf alles wieder besinnen konnte; ich muß in einem langen, tiefen Schlaf gewesen sein, denn als ich erwachte, stand Jean vor mir und fragte, indem er die Gardine für die Morgensonne öffnete, ob jetzt der Kaffee gefällig sei?

Es war eilf Uhr; wo war denn die Zeit zwischen gestern und heute hingegangen? Meine erste Frage war, wie ich denn zu Bett gekommen sei?

Der Kellner staunte mich an und meinte mit sonderbarem Lächeln, das müsse ich besser wissen, als er.

»Ah! ich erinnere mich«, sagte ich leichthin, um meine Unwissenheit zu verbergen, »nach der Abendtafel . . . .«

»Verzeihen der Herr Doktor«, unterbrach mich der Geschwätzige; »Sie haben nicht soupiert; Sie waren ja alle zu Tee und Punsch auf Nr. 15.«

»Richtig, auf Nr. 15, wollte ich sagen; ist der Herr Professor schon auf?«

»Wissen Sie denn nicht, daß sie schon abgereist sind?« fragte der Kellner.

»Kein Wort!« versicherte ich staunend.

»Er läßt sich Ihnen noch vielmal empfehlen, und Sie möchten doch in T. bei ihm einsprechen; auch läßt er Sie bitten, seiner und des gestrigen Abends recht oft zu gedenken, er habe es ja gleich gesagt.«

»Aha, ich weiß schon«, sagte ich, denn mit einem Mal fiel mir ein Teil des gestern Erlebten ein; »wann ist er denn abgereist?«

»Gleich in der Frühe«, antwortete jener, »noch vor dem Ökonomierat und dem Herrn Oberforstmeister.«

»Wie? so sind auch diese weggereist?«

»Ei ja!« rief der staunende Kellner, »so wissen Sie auch das nicht? auch nicht, daß Frau von Thingen und die gnädige Frau von Trübenau –«

»Sie sind auch nicht mehr hier?«

»Kaum vor einer halben Stunde sind die gnädige Frau weggefahren«, versicherte jener. Ich rieb mir die Augen, um zu sehen, ob ich nicht träume, aber es war und blieb so; Jean stand nach wie vor an meinem Bette und hielt das Kaffeebrett in der Hand.

»Und Herr von Natas?« fragte ich kleinlaut.