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Über dieses Buch:

Hochzeit auf Eiderstedt! Oma Else kann es kaum erwarten, endlich mit allen Freunden ihr großes Glück zu feiern. Natürlich ist auch die bayerische Combo »Gevatter Blechschuss« wieder mit an Bord und sorgt für Bombenstimmung. Doch dann bricht ausgerechnet der Totengräber Rudi zusammen – vergiftet durch ein Stück von Omas Friesentorte! Für Polizist Hinercks ist schnell klar, dass der Anschlag eigentlich einem anderen Dorfbewohner gegolten hat – und so muss er erneut die hübsche Kommissarin Denkewitz aus Husum um Hilfe bitten …

Nach ihrem Bestseller »Tote Oma mit Schuss« bietet Erfolgsautorin Christiane Martini auch dieses Mal die perfekte Urlaubslektüre mit viel Humor und Wortwitz!

Über die Autorin:

Christiane Martini, geboren in Frankfurt am Main, ist Diplom-Musiklehrerin und Absolventin des Konzertexamens. Sie leitet ihre eigene Musikschule »CasaMusica« und ist Dozentin für Blockflöte, Querflöte und Klavier. Neben eigenen Kompositionen hat sie auch zahlreiche musikalische Lehrwerke verfasst. Christiane Martini ist nicht nur Musikerin, sondern als Autorin in verschiedenen Genres zu Hause. Sie lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in der Nähe von Frankfurt und wurde von ihrer Heimatstadt Dreieich mit einem kulturellen Förderpreis für Musik und einem Stipendium ausgezeichnet.

Christiane Martini veröffentlichte bei dotbooks ihre Romane »Mops Maple« und »Saitensprung mit Kontrabass«, den historischen Roman »Die Meisterin aus Mittenwald«, die Katzenkrimis um Kater Caruso sowie die heiteren Kriminalromane »Tote Oma im Weihnachtsfieber«, »Tote Oma mit Schuss«, »Tote Oma auf Eis« und »Tote Oma Ahoi!«. Die letzten drei »Tote Oma«-Bände sind im Sammelband »Mord mit Seebrise« erhältlich.

»Tote Oma mit Schuss« ist zudem Teil des Sammelbands »Morden im Norden - Vier Krimis in einem eBook«.

Die Reihe um den schlauen Kater Caruso und seine Katzenbande umfasst die folgenden Bände:
»Meisterdetektiv auf leisen Pfoten – Carusos erster Fall«
»Venezianischer Mord – Carusos zweiter Fall«
»Die venezianische Schachspielerin – Carusos dritter Fall«
»Schatten über der Serenissima – Carusos vierter Fall«
Alle vier Fälle sind auch im Sammelband erhältlich:
»Mord in der Lagunenstadt – Kater Caruso ermittelt in Venedig«

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Originalausgabe August 2016

Copyright © der Originalausgabe 2016 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Maria Seidel, www.maria-seidel.de, unter Verwendung von Thinkstockphoto/adisa, Image Sours Pink, serazetdinov, lattesmile

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-95824-663-8

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Christiane Martini

Tote Oma auf Eis

Kriminalroman

dotbooks.

Für Susanne, über deren trockenen Humor ich mich so schön amüsieren kann.

Kapitel 1

Und wieder ist es Sommer auf Eiderstedt in Nordfriesland. Die Wäsche flattert frisch gewaschen im Wind, Schönwetterwolken ziehen vom Meer in Richtung Landesinnere, der Mais steht hoch, und die Schafe grasen träge auf den Wiesen.

»Moin«, ruft Helge ihnen zu.

Mit frisch geputzten Schuhen sitzt er auf seinem froschgrünen Bonanzafahrrad und fährt pfeifend am Deich entlang. Der Fuchsschwanz, der an einer langen Stange befestigt ist, wackelt fröhlich hin und her. Er ist auf dem Weg zu Friedje und will sich von ihm eine Fliege leihen. Nicht so eine, die brummt, fürs Fliegenfangen oder so, wäre ja auch blöd, denn die gibt’s wegen der Kühe mehr als genug, sondern eine, die man sich um den Hals bindet. Für schön eben, und so etwas besitzt er nicht, die braucht man nur, wenn geheiratet wird, und das wurde hier schon lange nicht mehr, in Osterhever. Aber nun ist es endlich wieder so weit.

Albert Werner, der langjährige Freund von Oma Else und Doktor vom Norderheverkoog, hat ihr nämlich einen Antrag gemacht. So, wie sich das gehört, mit blumigen Worten, und dabei war er sogar in die Knie gegangen. Und das war gar nicht so einfach gewesen, denn der Doktor ist nicht mehr der Jüngste. Für Else war der Antrag ziemlich unerwartet gekommen.

Es war ein sonniger Samstag gewesen. In der Pension »Zur goldenen Möwe« waren alle Gäste ausgeflogen, denn das gute Wetter lud zum Fahrradfahren ein. Oma Else war aus der Küche gekommen, um sich eine Pause zu gönnen. Ihr stand der Sinn nach ein wenig Ausruhen, mit Kaffee, einem Butter-Friesencroissant und den Neuigkeiten aus der Koogzeitung. Da sah sie ihn hocken, ihren Albert. Er empfing sie mit einem breiten Grinsen, geöffneten Armen und den Worten: »Durch dick und dünn will ich mit dir gehen.«

Für einen Moment hatte Else geglaubt, es wäre eine Anspielung auf das Croissant, aber das war natürlich völliger Unsinn. Dann folgte von Albert eine Liebeserklärung der besonderen Art. Er holte eine Postkarte aus seiner Jackentasche hervor, auf der ein Segelboot abgebildet war, und erklärte Else strahlend: »Liebste Else, dieses Boot soll den Hafen unserer Ehe darstellen, und wenn du bereit dazu bist, dann würde ich gerne beim Segeln an deiner Seite sein.« Er machte eine Pause und lächelte sie erwartungsvoll an.

Wie süß von ihm, dachte Else, schaute aber wohl eher wie ein überraschtes Friesenschaf, so, als ob Helge unerwartet mit seinem Bonanzafahrrad vorbeigerast käme.

Deswegen fügte Albert noch hinzu: »Wenn du möchtest, segle ich mit dir bis ans Ende der Welt. Aber zurückkommen möchte ich schon. Am schönsten ist es doch bei uns, hier an der Nordsee.«

Einen Nordfriesen soll man nicht verpflanzen, nö, auch nicht der Liebe wegen. Aber das sieht Oma Else zum Glück genauso. Nichts und niemand würde sie hier so schnell wegbringen. Da müsste schon etwas Todernstes passieren.

Dann hatte es Albert auf den Punkt gebracht. »Also, wenn du mich willst, Else, dann kannst du mich haben, so, wie ich bin, und zwar für immer.«

Else kamen vor Rührung die Tränen, aber bevor sie ihr schneeweißes Taschentuch aus der Küchenschürze ziehen konnte, fügte der Doktor noch hinzu: »Du weißt, Else«, er zwinkerte dabei, »an mir ist nix mehr neu. Meine Gelenke schmerzen, und ich bin leicht übergewichtig. Aber Spaß haben wir auch so miteinander, das weißt du ja.« Noch einmal zwinkerte er ihr zu, diesmal mit dem anderen Auge.

Else lächelte glücklich. So viele Worte war sie von ihm gar nicht gewohnt.

»Und?«, fragte er voller Ungeduld.

Die Frage konnte sie eindeutig mit einem »Ja« beantworten. Albert war begeistert und wollte sie auch sogleich in seine Arme nehmen, doch dazu musste Else ihm erst einmal auf die Beine helfen. Als sie das beide gemeinsam geschafft hatten, entwich ihnen gleichzeitig ein »Uff«.

»Ach, mit dir wird es man nich’ so schnell langweilig«, lachte Else.

»Mit dir auch nich’.«

Da man als Friese eigentlich nicht so viele Worte macht, meinte der Doktor, dass nach dem »Ja« nun die Hochzeit abgemacht sei.

»14. August?«, fragte er.

Oma Else wusste natürlich sofort, was er meinte, und blätterte in ihrem Kalender. Da stand so einiges: Anreise Herr Storm, Abreise Familie Schwalm, Konzert bei Hansens, aber nichts war so wichtig, dass an diesem Tag nicht geheiratet werden könnte.

»Passt«, meinte sie und lächelte, und zwar über das ganze Gesicht, so richtig breit.

»Du siehst glücklich aus, meine Friesendeern«, meinte Albert.

»Du auch«, sagte Else.

»Na dann«, gab Albert zurück.

»Ich mach gleich mal ’ne Liste«, verkündete Oma Else.

»’ne Liste?«, der Doktor wusste nicht so recht, was sie meinte.

»Na, ’ne Liste, wen wir einladen wollen.«

»Ach so.«

»Ja, oder wolltest du in aller Stille heiraten? Man braucht ja heutzutage nicht mal mehr einen Trauzeugen.«

»Is’ dat so?«

»Dat is’ so.«

»Also ich fänd ’ne große Hochzeit schon schön«, meinte der Doktor und bleckte begeistert seine dritten Zähne.

»Das fänd ich auch klasse«, freute sich Else. »Von so einer großen Hochzeit habe ich schon immer geträumt, so mit weißem Kleid. Na ja, ein Kostüm ist auch in Ordnung. Hatte ich bisher auch noch nicht. Ich war nur Brautjungfer, und das ist schon lange her.«

»Und ’ne Jungfrau bist du zum Glück schon lange nicht mehr«, Albert lachte zweideutig und kniff seiner Else zärtlich in ihren runden Po.

»Jetzt ist’s aber gut«, beschwerte sie sich und smilte ihren Albert liebevoll an.

In den folgenden Tagen hatten beide aufgelistet, wen sie gerne bei ihrer Hochzeit dabeihätten. Es gab einige Überschneidungen, denn beide kannten natürlich ungefähr die gleichen Leute. Bei Albert stand noch sein Freund Gustav vom Doppelkopfspielen darauf, den mochte Else auch. Else hatte noch Cousine Wilhelmine unten aufgelistet, die konnte Albert nicht so gut leiden. Die hatte immer so viele Weisheiten parat, die sie ungefragt zum Besten gab, das nervte den Doktor. Er würde aber versuchen, freundlich zu ihr zu sein.

Die Liste war auch reich gefüllt mit Freunden und Bekannten. So zum Beispiel mit Klaus Bentrop aus Hamburg. Er hatte zwei reetgedeckte Häuser, die sich in der Nähe des Leuchtturms befanden. Trotz der Entfernung war er Elses Nachbar.

Ein Nachbar ist man auf Eiderstedt, wenn man auf dem Nachbarhof oder einem Nachbargrundstück wohnt, und das kann schon ein Stück entfernt sein. So ist es mit dem Haus vom Bentrop. Er ist nicht besonders freundlich zu Oma Else, aber er ist eben ihr Nachbar, und den muss man einladen. Aber wenn sie mal ganz ehrlich ist, dann bekommt sie ihn eigentlich so gut wie gar nicht zu sehen. Es sind mehr seine Feriengäste, deren fremde Gesichter ab und an auch bei ihr in der »Goldenen Möwe« vorbeischauen und erzählen, dass sie in Bentrops Ferienhaus wohnen.

Außerdem würden die »Gevatter Blechschuss« aus Bayern mit ihren Frauen dabei sein. Die vier Bazis, Ernst, Matthis, Berti und Hansi, waren Oma Else seit ihrem letzten Urlaub besonders ans Herz gewachsen. Albert und Else waren sich einig: Die sollen zum Tanz aufspielen.

Als Else den Hansi anrief, um ihn zur Hochzeit einzuladen und ihm ihre Idee zu unterbreiten, sagte er ganz gerührt: »Ja, freilich, das machen wir gerne.«

Nachdem die Gästeliste und die Musik geklärt waren, musste noch das passende Brautkleid für Oma Else gefunden werden. Da Else ihre Pension nicht allein lassen wollte, bestellte sie sich ein weißes Kostüm in vier verschiedenen Größen bei einem Brautmodenanbieter im Internet. Albert durfte bei der Anprobe natürlich nicht dabei sein. Aber ihr Freund Hinercks, der Dorfpolizist, der täglich bei Else einen Absacker und auch mehr trank, und Helge, der häufig an seiner Seite war und tiefschürfende Friesengespräche mit ihm führte, die durften ihr Veto abgeben.

Ein typisches Gespräch zwischen den beiden hörte sich übrigens so an: »Nix los heut.«

»Nö.«

»Mein Ischias meldet sich schon den ganzen Morgen.«

»Mir tut die Schulter weh.«

»Das ist das feuchte Wetter.«

»Jo, näch.«

»Jo, so is’ das.«

Hinercks und Helge tragen das Herz auf der Zunge und am rechten Fleck, das mag Oma Else.

Von den Kostümen passte eigentlich nur eines richtig. Als Else im ersten aus der Küche getänzelt kam und sich nach allen Seiten umdrehte, empfingen die beiden sie mit einem begeisterten:

»Aaaah.«

Die Begeisterung war geschummelt, das wusste Else genau, der Rock war viel zu eng, den Reißverschluss hatte sie nicht ganz schließen können. Der war aber von der Kostümjacke mit Schößchen verdeckt und konnte deswegen nicht gesehen werden.

»So muss sich eine bayrische Weißwurst fühlen«, meinte Else zu den beiden, verdrehte die Augen und verschwand gleich wieder in der Küche. Kostüm Nummer zwei war auch noch zu eng. Das vierte hingegen war schlabberig und deswegen untragbar.

Oma Else entschied sich für Kostüm Nummer drei. Darin würde sie noch genügend Platz haben, um das feine Hochzeitsessen und die Torte genießen zu können. »Denn die ganze Zeit den Bauch einzuziehen, das ist mir zu anstrengend«, meinte sie zu Hinercks und Helge.

Außerdem hatte sie sich vorgenommen, zu tanzen, und dabei wollte sie sich entspannt bewegen können.

Damit ihr das Essen nicht so schwer im Magen liegen würde, hatte sie vorausschauend ein Eins-a-Catering ausgesucht. Vorab würde es ein leichtes Krabbensüppchen geben, dann Büsumer Nordseescholle mit Salzkartoffeln und zum Nachtisch Eiderstedter rote Grütze. Als Hochzeitstorte hatte Oma Else eine Friesentorte ausgewählt, mehrstöckig, so richtig mit Blätterteig, Sahne und ganz viel Pflaumenmus. Feiern würden sie natürlich nirgendwo anders als in Oma Elses Pension »Zur goldenen Möwe«.

Täglich hatte Oma Else die Wetterkarte im Blick. Die sah erfreulich gut aus. Es würde keinen Regen geben, nur angenehmen Wind, und den waren sie gewohnt. Elses Frisur würde reichlich Haarspray abbekommen und deswegen halten, genau wie in der tollen Werbung im Fernsehen, in der die schöne Frau, die aus dem Flugzeug steigt, den ganzen Tag am Kopf vortrefflich gestylt ist. Da kann kommen, was will, so is’ das, aber einen Orkan würde die Frisur wohl auch nicht aushalten.

Und dass ihr schmaler Rock bei einer vorwitzigen Brise hochfliegen würde, darüber brauchte sie sich keine Gedanken zu machen, der würde auch bei Windstärke sieben nicht hochgelupft werden können, dafür war der Schnitt viel zu eng.

Da Else es kaum erwarten konnte bis zur Hochzeit, hatte sie im Kalender bei jedem Tag, der verstrich, ein rotes Kreuz eingetragen. Nun war es nicht mehr lange hin, alles war bestellt und vorbereitet. Es waren sogar schon einige Gäste angereist. Nur die Blumen mussten noch angeliefert werden.

Kapitel 2

Else stand mit ihrem roten Lieblingsstift in der Küche und machte für den heutigen Tag ein fettes rotes X auf den Kalender. Nun fehlte das rote Zeichen nur noch für morgen, ihren Hochzeitstag. Es würde eine wundervolle Hochzeit werden, da war sie sich sicher, schließlich war alles bestens vorbereitet und bis ins Detail organisiert. Versonnen blickte sie auf die vielen Kreuze, die sie eingetragen hatte, da klingelte das Telefon. Hoffentlich würde niemand auf die Idee kommen, abzusagen.

Vorsichtig nahm Else den Hörer von ihrem altertümlichen schwarzen Schnurtelefon und hauchte ein »Moin« hinein.

»’tschuldigung«, sagte eine tiefe Männerstimme, »spreche ich mit Else von der Pension ›Zur goldenen Möwe‹?« Bevor Else etwas erwidern konnte, sprach die Männerstimme weiter. »Hier ist Krüger vom Festivalbüro. Verzeihen Sie die Störung und dass ich Sie mit Else anspreche, aber ich kenne Ihren Nachnamen nicht. Ich kenne nur Ihre ›Tote Oma mit Schuss‹, und die ist erste Sahne.«

Oma Else freute sich. »Danke, und sagen Sie ruhig Oma Else zu mir, das passt schon. Morgen heiße ich ohnehin anders.«

»Ach so, na gut«, meinte die Männerstimme etwas irritiert. »Also, es ist so, wir haben da ein Problem. Mittelgroß bis fett, damit Sie eine Vorstellung von der Größenordnung bekommen.«

Er machte eine kleine Pause, und Else war gespannt, um was für ein großmächtiges Problem es sich handelte.

»Hat es was mit meiner Hochzeit zu tun?«, fragte sie vorsichtig nach, denn dann wäre das Problem gigantisch. Jetzt war sie doch beunruhigt.

»Nein, es geht um keine Hochzeit, vor einer halben Stunde hat uns ein Künstler für das morgige Mittagskonzert abgesagt. Sie wissen schon, das Schleswig-Holstein-Musik-Festival hat auch seine Pforten hier an der Küste geöffnet. Ab morgen wird es auf Gut Hasselstein jede Menge Konzerte mit ganz herausragenden Künstlern geben. Ich bin für das Programm zuständig und muss mir nun ganz schnell etwas einfallen lassen, wie ich den erkrankten Künstler ersetze. Ich habe gehört, dass bei Ihnen eine Blechbläserband aus Bayern zu Gast ist.«

Else holte tief Luft, um zu protestieren und zu erklären, dass Abwerben nicht ginge.

Der Mann sprach sehr freundlich weiter. »Also ich will Ihnen auf keinen Fall irgendwelche Unannehmlichkeiten bereiten. Es ist nur so, dass wir durch die Absage in großen Schwierigkeiten stecken, da das Konzert ausverkauft ist. Wir hätten einen ziemlich großen finanziellen Verlust, ganz zu schweigen von dem organisatorischen Ärger, den die Sache mit sich brächte. Eigentlich sollte ein Bassbariton aus Ungarn singen, aber er ist stark erkältet und kann nicht auftreten. Die Nordseeluft hat ihn wohl zu sehr gereizt. Auf dem Konzertprogramm standen Melodien aus Operette und Musical. Da es ein leicht verdauliches Programm sein soll, bei dem sich die Leute gut unterhalten fühlen, würden die Blechbläser sicher einen guten Ersatz darstellen. Was meinen Sie, Frau Else?«

Else dachte über die Verdaulichkeit von Musik nach und über die »Gevatter Blechschuss«, die doch extra für sie einen Hochzeitswalzer einstudiert hatten. Das hatte ihr gestern der Hansi leise ins Ohr geflüstert, damit es der Albert nicht hören konnte. Sie holte tief Luft. »Also, es ist so …«, begann sie, und dann erzählte sie dem Herrn am Telefon ausführlich von ihrer bevorstehenden Hochzeit und den ganzen Planungen. »Die Burschen aus Bayern sind großartig, müssen Sie wissen, aber meine Hochzeit kann ohne die vier nicht stattfinden. Das ist ausgeschlossen.« Sie hielt inne.

»Ich mache Ihnen einen Vorschlag«, meinte Organisator Krüger. »Was halten Sie davon, wenn wir Ihre Hochzeitsfeier an den Festivalort verlegen? Wir haben tolle Örtlichkeiten dort. Als Konzertsaal dient uns eine große reetgedeckte Scheune, drum herum befindet sich ein tolles Anwesen mit einem alten Herrenhaus und einer großen Wiese. Da machen die Leute Picknick. Damit die Gäste in der Pause auch etwas genießen können, gibt es ein First-Class-Catering.«

Er küsste wohl seine Fingerspitzen, um anzudeuten, wie vorzüglich das Essen sein würde. Else hörte nur ein Schmatzen.

»Wir haben ein großes Zelt aufgebaut, damit die Zuhörer auch bei Regen etwas genießen können. Was halten Sie davon, Frau Else, wenn wir für Sie ein Extra-Zelt aufstellen und Sie bei uns auf Gut Hasselstein Hochzeit feiern? Sie können unser tolles Catering nutzen, zu einem Vorzugspreis, versteht sich, und als Gegenleistung spielt das Blechbläser-Ensemble bei uns ein Konzert.«

Else schnaufte. Was fiel dem Herrn Krüger eigentlich ein? Schließlich war alles vorbereitet und mühevoll organisiert.

»Das kann ich nich’ allein entscheiden«, sagte sie ein klein wenig verärgert.

»Also die Blechbläser würden spielen, das kann ich Ihnen schon mal versichern«, sagte der Typ.

»Oha«, rief Else und zog das »ha« dabei etwas in die Länge.

»Ich habe die Burschen vorhin am Deich üben hören, und da habe ich sie spontan angesprochen«, erwiderte der Mann euphorisch.

»Ach, da sind die hin«, sagte Else nachdenklich. »Ich habe die heute noch gar nicht gesehen. Die sind gestern erst spät angekommen.« Ihr Herz klopfte aufgeregt, als sie weitersprach.

»Ich dachte, wir feiern hier bei mir in meiner Pension. Die Hochzeit ist etwas ganz Besonderes für mich.« Elses Stimme klang inzwischen etwas zittrig.

»Es soll doch auch eine besondere Feier werden«, unterbrach sie die Männerstimme, »beruhigen Sie sich. Haben Sie denn überhaupt ausreichend Platz in der ›Goldenen Möwe‹?«

»Nun ja, allzu reichlich ist es nicht.«

»Dann kommen Sie doch zu uns. Auf Gut Hasselstein ist jede Menge Platz. Es wird bestimmt ein unvergessliches Fest für Sie werden. Machen Sie doch mal was ganz Verrücktes.«

Als wenn Heiraten in meinem Alter nicht schon verrückt genug wäre, dachte Else. Sie startete noch einen Versuch, sich aus der Sache herauszuwinden. »Der Caterer ist bestellt und kommt angereist, dem kann ich nich’ so einfach absagen.«

»Na, dann bringen Sie ihn doch mit. Dann haben wir hier eben zwei Caterer vor Ort, das spielt doch gar keine Rolle. Ach, kommen Sie, Oma Else, geben Sie sich einen Ruck.«

»Und was wird mein Bräutigam dazu sagen?«

»Das weiß ich nicht, aber vielleicht wäre es eine tolle Überraschung für ihn?«

»So ganz unvorbereitet soll er aber nicht sein. Ich werde mit ihm sprechen, und dann melde ich mich wieder bei Ihnen.«

»Gut, machen Sie das. Aber bitte lassen Sie mich nicht allzu lange im Ungewissen. Auf Wiederhören«, sagte Krüger in etwas geziertem Hochdeutsch, sein Unterton klang ein wenig beunruhigt.

Else verabschiedete sich freundlich von ihm. Sie wollte die Sache sofort klären. Sie legte auf und wählte Alberts Nummer.