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INHALT

tocgrey TOP 10
tocgrey WILLKOMMEN IM AMERIKANISCHEN SÜDEN
tocgrey CHRONIK
Abriss der Geschichte
 
DIE SCHÖNSTEN REISEREGIONEN DER SÜDSTAATEN
toc1 ATLANTA
Das »Tor zum Süden«
toc2 GRENZREGION
Georgia und North Carolina
toc3 GEORGIAS ANTEBELLUM TRAIL
toc1 SOUTHERN GEORGIA
Savannah, Inseln und Hinterland
toc5 SOUTH CAROLINA
toc6 FLORIDA PANHANDLE
toc7 NEW ORLEANS
Hauptstadt des amerikanischen Südens
toc8 CAJUN COUNTRY
Louisiana
toc9 THE HEART OF DIXIE
Alabama
toc9 MISSISSIPPI
Der Fluss, das Delta, die Küste
toc9 TENNESSEE
Memphis, Nashville und das östliche Tennessee
 
VISTA POINT ROUTE DURCH DIE SÜDSTAATEN
Atlanta – Athens – Blue Ridge Mountains – Asheville, North Carolina – Myrtle Beach, South Carolina – Charleston, South Carolina – Savannah, Georgia – Jekyll Island – Okefenokee Swamp – Wakulla Springs – Biloxi – Bay St. Louis – New Orleans – Natchez, Mississippi – Vicksburg – Memphis, Tennessee – Nashville – Providence Canyon, Georgia – Atlanta
 
tocgrey UNTERKÜNFTE
tocgrey SERVICE VON A BIS Z
 
Orts- und Sachregister
Namenregister
Textnachweis
Bildnachweis und Impressum
Zeichenerklärung hintere innere Umschlagklappe
Images

SÜDSTAATEN
USA

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red left arrow Eine Übersichtskarte der Südstaaten mit den eingezeichneten Reiseregionen finden Sie in der vorderen Umschlagklappe.

TOP 10

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Georgia Aquarium in Atlanta

S. 22, 29

Auge in Auge mit Walhaien und Mantarochen: Aus einem Unterwasser-Acrylglastunnel und durch Panoramafenster lassen sich die riesigen Bewohner des größten Aquariums der Welt in Atlanta bestaunen und beobachten.

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Okefenokee National Wildlife Refuge

S. 74 f.

Land der zitternden Erde: Von den Zypressen hängt Spanisches Moos, und auf stillen, grünen Wasserwegen, auf denen Alligatoren ihre Spuren ziehen, gelangt man nur per Boot in eines der größten Sumpfgebiete der USA.

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Historic Charleston

S. 98 ff.

Schatzkästlein der Südstaatenarchitektur: Charlestons Altstadt mit ihren säulenbesetzten Villen, hohen Kirchtürmen und Plätzen voller moosbehangener Eichen gehört zu den besterhaltenen historischen Bezirken der USA.

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St. Joseph Peninsula State Park

S. 125, 126

Floridas Panhandle vom Feinsten: In diesem Schutzgebiet am Golf von Mexiko schaffen Zuckerstrände, wogendes Dünengras und vogelreiches Marschland ein Naturparadies zum Sonnenbaden, Schwimmen und Genießen.

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Acadian Village Lafayette

S. 160 f.

Das Cajun Country und die Welt der Akadier: Nachfahren der frühen Siedler und gut erhaltene Gebäude und Dorfstrukturen bewahren in diesem Freilichtmuseum ein kostbares Stück einzigartiger Regionalgeschichte der USA.

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Oak Alley Plantation

S. 168

Schöner Wohnen am Mississippi River: Ein grüner Blätterbaldachin wölbt sich über der Allee uralter, weitverzweigter Eichen, die märchenhaft eine der meistfotografierten Antebellum-Villen des Südens einrahmt.

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U.S. Space and Rocket Center

S. 177, 178

Wiege der amerikanischen Raumfahrt: In Huntsville zieht heute eines der bedeutendsten Luft- und Raumfahrtmuseen der USA mit Raketen, Weltraumfilmen, Flugsimulationen und Lasershows die Besucherscharen an.

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West Ship Island/Gulf Islands National Seashore

S. 191

Delfinsichtungen meist inklusive: Ausflugsschiffe von Ship Island Excursions bringen Besucher hinüber zu den schneeweißen Sandstränden und dem warmen, glasklaren Wasser der einsamen, vorgelagerten Insel.

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Great Smoky Mountains National Park

S. 212

Amerikas meistbesuchter Nationalpark: Natur pur, so weit das Auge reicht, und einige Spuren früherer Siedler – besonders im farbenfrohen Herbst ist der Besuch der Great Smoky Mountains ein Hochgenuss für alle Sinne.

top10

Country Music Hall of Fame

S. 226

Sorgt für Gänsehaut und ist für Fans der amerikanischen Volksmusik ein Muss: das mit umfangreichem Bild-, Film- und Tonmaterial ausgestattete Museum samt Ruhmeshalle der Country Music Stars in Nashville.

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WILLKOMMEN IM AMERIKANISCHEN SÜDEN

Der Tiefe Süden ist ein weites Feld,
über das man immer wieder schreiben könnte.
(Henry Miller)

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Willkommen in Savannah, Geogia!

Es scheint, als hätten die Dichter schon immer an Dixieland gehangen. Musiker nicht minder. Hollywood sowieso. Ob Mark Twain oder Tennessee Williams, der »Charleston« oder »Vom Winde verweht«, William Faulkner oder Alex Haley, »Porgy and Bess« oder Gospel Songs – stets erwies sich der Süden als sprudelnde Quelle amerikanischer Mythen, Bilder und Legenden.

In der Fantasie fügen sie sich zu einer vorzugsweise romantischen, bisweilen melodramatischen Provinz in bewusster Distanz zum Rest der Nation, insbesondere dem Norden. Sie besteht aus Schwarzensiedlungen und weißen Villen, Baumwollfeldern und Baptistenkirchen, Blues und Bayous, Mississippi-Dampfern und Bürgerkriegskanonen unter moosdrapierten Eichen und zirpenden Zikaden. Der Alte Süden – ein historischer Roman? In gewissem Sinne ja. Im Süden sei, schreibt Faulkner, die Vergangenheit nicht tot; sie sei nicht einmal vergangen.

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Oak Alley Plantation bei Vacherie

Aber die Region sorgt auch für Gegenbilder. Sie stammen vor allem von jenen amerikanischen Landsleuten, die behaupten, der Süden sei eine kulturlose Hinterwelt, angefüllt mit sentimentalen Schwärmern und Dickköpfen, armen Schwarzen oder servilen Mohren, herumliegenden Autoreifen, korrupten Sheriffs, streunenden Hunden und dem Ku-Klux-Klan. Der Tiefe Süden – ein trauriges Sozialdrama? Auch dafür spricht einiges.

Wie aber vertragen sich die Bilder heroischer Rebellen, chevaleresker Kavaliere und reifberockter Frauen mit den weniger gefälligen Klischees? Und vor allem: Wie passen beide zum jüngsten Image dieses Landstrichs, zur Vorstellung vom Neuen Süden und seiner Wirtschaftskraft, die angeblich alles wiedergutmacht, was Bürgerkrieg, missglückter »Wiederaufbau« und zählebiges Vorurteil angerichtet haben? Die rührend-pathetische Welt der Scarlett O’Hara oder die Umsatzzahlen von Coca-Cola, »Onkel Toms Hütte« oder Jesse Jackson, Ol’Man River oder Petrochemie – was prägt denn nun diese Südstaaten?

Reisen können da einigen Aufschluss bringen. Sie bewegen sich durch sieben der einst glorreichen elf Staaten, die um die Mitte des vorigen Jahrhunderts die Union verließen: nach Georgia, North und South Carolina, durch das nördliche Florida, Alabama, Mississippi und Louisiana, kurz, nach Dixieland. Wer nach Memphis und Nashville fährt, lernt mit Tennessee noch einen weiteren Staat der Konföderation kennen. Virginia, Maryland, Arkansas und Texas fehlen; nicht, weil sie weniger interessant wären, sondern weil alle Reisetage nun einmal gezählt sind und die ausgewählten Staaten schon eine hinreichende Menge Stoff (und Entfernungen!) bieten, um die südstaatlichen Regionen und Themen nach dem Prinzip des wandernden Blickpunkts auszuleuchten.

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Hütten hinter den Palästen: Schwarzenviertel in Natchez

CHRONIK

ABRISS DER GESCHICHTE

von Siegfried Birle

1513

Die Entdeckung des Südens beginnt mit der Landung des Spaniers Ponce de León auf »La Florida«. Als Nächster steuert der Spanier Francisco Gordillo 1521 South Carolina an, dann erkundet Giovanni da Verrazano für Frankreich die Ostküste und geht 1524 bei Cape Fear vor North Carolina an Land. Zwischen 1539 und 1542 dringt der Spanier Hernando de Soto auf der Suche nach Gold ins Landesinnere vor.

1565

St. Augustine in Florida wird als Stützpunkt gegen die Franzosen gegründet und damit zur ersten dauerhaften europäischen Siedlung in Nordamerika.

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Hernando de Soto entdeckt den Mississippi

1607

Gründung von Jamestown, Virginia: die erste erfolgreiche englische Kolonie in Amerika – 13 Jahre bevor die Pilgerväter in Massachusetts landen.

1613

Jamestown exportiert den ersten Tabak und die Produktion wächst, denn es kommt bei den Dandys in London in Mode und findet reißenden Absatz.

1619

Die ersten 20 afrikanischen Sklaven treffen auf einem holländischen Schiff in Jamestown ein.

1663

Die Carolinas werden von König Charles II. an acht hohe Adlige vergeben. Im Raum South Carolina erfolgt die Landvergabe in großen Trakten, die eine Plantagenkultur ermöglichen.

1670

Der Earl of Shaftesbury gründet Charleston. Schon bald im 18. Jahrhundert verdient die Stadt am Handel mit Reis, Indigo und anderen Produkten. Einige der reichsten Pflanzer und Kaufleute des Südens bauen hier elegante Stadthäuser und fördern das Kulturleben.

1694

In South Carolina beginnt der Reisanbau. Die Investitionen sind so hoch, dass er zur Domäne großer Plantagen wird. Das Arbeitskräfteproblem lösen die Pflanzer mittels der Sklaverei. Erst nach dem Bürgerkrieg verschwinden diese Reiskulturen, vermutlich wegen Versandens der Anlagen durch Erosionsschäden im Oberland. Sie wandern in die Feuchtgebiete des südwestlichen Louisiana und nach Texas ab.

1699

Williamsburg wird zur Hauptstadt von Virginia und löst damit Jamestown ab; der Regierungssitz wird 1781 abermals verlegt, und zwar flussaufwärts nach Richmond.

1718

Französische Kolonisten gründen New Orleans als La Nouvelle Orléans. New Orleans wird zum Schmelztiegel der Völker und Rassen, in dem sich Franzosen, Spanier und Anglos, Indianer und Schwarze, Kreolen und Mulatten mischen. In dem sonst so homogen von Engländern und Iroschotten besiedelten Süden ist das Völkergemisch von New Orleans etwas Besonderes. Zu den ursprünglichen Kolonisten stoßen weitere Franzosen aus Frankreich, Kanada (die Akadier oder Cajuns) und den Westindischen Inseln. Letztere bringen ihre schwarzen Sklaven mit.

1733

James Oglethorpe gründet Savannah, das zunächst als Ausfuhrhafen für den Reis aus den küstennahen Anbaugebieten dient. Im 19. Jahrhundert werden vor allem Baumwolle und Holz aus dem Piedmont von Georgia und South Carolina umgeschlagen.

1739

Indigo-Pflanzen werden in South Carolina eingeführt. Indigo wird neben Tabak und Reis zum drittwichtigsten Exportgut der Kolonialzeit.

1742

Bei New Orleans wird die erste Zuckerrohrplantage angelegt. Bis zum Bürgerkrieg beherrschte Louisiana den Anbau mit 95 Prozent.

1755

Französisch-Kanada wird britisch, und es beginnen schwere Zeiten für die französischstämmigen Siedler in Akadien, das ab jetzt Nova Scotia heißt. Sie werden vertrieben und landen zwischen 1765 und 1785 in Louisiana und lassen sich an den Bayous und Sümpfen im Mündungsdelta des Mississippi nieder. Diese Akadier – oder Cajuns – vermischen sich mit Indianern und anderen Einwanderern aus Europa und entwickeln eine eigene Kultur französischer Sprache.

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Sklaven als Pflanzer und Pflücker in den Baumwollfeldern von West Point, Mississippi

1763–67

Die englischen Astronomen Charles Mason und Jeremiah Dixon vermessen die Grenze zwischen Maryland und Pennsylvania. Diese Grenzlinie wird als Mason-Dixon-Linie politisch bedeutsam: Sie markiert nämlich die Grenze zwischen den sklavenhaltenden Staaten im Süden und den freien im Norden. Vielleicht stand Mr. Dixon auch Pate für den Begriff »Dixie«, seit dem Song »Dixie’s Land« von 1859 ein weit verbreitetes Synonym für »Süden«. Eine andere Spur führt zu Banknoten mit dem Aufdruck »Dix« (französisch für zehn), die in Louisiana kursierten.

1793

Die Erfindung der »Cotton Gin«, einer Maschine zur Trennung der Baumwollfasern vom Kern, durch Eli Whitney macht Baumwolle zur wichtigsten Handelspflanze des Südens. Der Süden wird zum »Cotton Kingdom« und die Geografen haben ihren »Cotton Belt«. – Der Süden geht im Sezessionskrieg unter, aber »König Baumwolle« überlebt.

1803

Präsident Thomas Jefferson kauft Louisiana für 15 Millionen Dollar von Frankreich. Die USA verdoppeln damit ihr Territorium. Frankreich hatte Louisiana erst 1800 von Spanien zurückgewonnen, aber Napoleon brauchte Geld für seine europäischen Kriege.

1808

Die USA verbieten die Einfuhr von Sklaven. Das Verbot des Sklavenhandels änderte nichts an der Sklaverei in den Südstaaten.

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Farm der frühen Pioniere in den Great Smoky Mountains (1820er Jahre)

1835

Als sich der Seminolenhäuptling Osceola weigert, mit seinem Stamm von Florida nach Oklahoma umzuziehen, kommt es zu den Seminolenkriegen (1835–42, 1855–58). Es wird ein blutiger und langwieriger Guerillakrieg geführt. Die Seminolen waren schon Anfang des 18. Jahrhunderts vor den weißen Siedlern ins spanische Florida geflohen. Da sie geflohene Sklaven aufnahmen und sich mit ihnen verbündeten, sahen sich die Amerikaner herausgefordert. Die Seminolen müssen schließlich den Weg nach Oklahoma antreten.

1836

Texas löst sich von Mexiko und erklärt sich zur Republik. Die Lone Star Republic besteht bis 1845 und wird dann von den USA annektiert. Dies löst den Mexikanischen Krieg aus (1846–48), der für die USA mit Landgewinnen bis zum Pazifik endet.

1837

Beim Bau einer Eisenbahnlinie durch den Piedmont von Georgia wird das Städtchen Terminus angelegt. Ein paar Jahre später laufen hier schon die Linien aus Charleston, Savannah und Tennessee zusammen. Bis 1920 sind es 15 Strecken, die sich in Atlanta – so heißt der Ort inzwischen – treffen. Auch für das Fernstraßennetz und den Luftverkehr wird Atlanta zu einer Drehscheibe.

1838

Etwa 16 000 Cherokee-Indianer gehen auf den »Trail of Tears« von Nord-Georgia über Tennessee und Missouri nach Oklahoma. Der Druck der weißen Siedler war zu stark geworden.

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Mit den Schüssen auf Fort Sumter 1861 begann der Bürgerkrieg

1851

Als Reaktion auf das Fugitive Slave Law von 1850, das die Auslieferung von geflohenen Sklaven verlangt, veröffentlicht Harriet Beecher-Stowe »Uncle Tom’s Cabin« (Onkel Toms Hütte). Das Buch ist ein starker emotionaler Appell für die Abschaffung der Sklaverei.

1860

Abraham Lincoln wird zum Präsidenten der USA gewählt. Er möchte die Ausbreitung der Sklaverei abschaffen. Das musste von den Sklavenhaltern im Süden als Existenzbedrohung aufgefasst werden. Seine Extremisten trommeln daher zum Austritt aus der Union, zur Sezession. South Carolina prescht vor und verlässt noch Ende 1860 die Union; Mississippi, Florida, Alabama, Georgia, Louisiana und Texas schließen sich 1861 an. Diese sieben Staaten des Tiefen Südens, die einen großen Anteil Sklaven in der Bevölkerung haben, gründen am 11. März 1861 die Confederate States of America.

Die vier Grenzstaaten des Oberen Südens – Virginia, Arkansas, North Carolina und Tennessee – zögern; erst nach Ausbruch der Feindseligkeiten im April 1861 beschließen sie den Austritt aus der Union. Die sklavenhaltenden Staaten Missouri, Kentucky und Maryland bleiben unionstreu und West Virginia spaltet sich von Virginia ab.

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»Uncle Tom’s Cabin« (Onkel Toms Hütte): Titelblatt der Erstausgabe von Harriet Beecher-Stowe

1861-65

Der Bürgerkrieg beginnt mit der Attacke konföderierter Truppen auf Fort Sumter im Hafen von Charleston; er endet nach schrecklichem Blutvergießen mit der Kapitulation der Südstaaten im Gerichtshaus von Appomattox. Primäres Kriegsziel der Nordstaaten war es zunächst, die Einheit der Nation zu bewahren. Mit der Emancipation Proclamation vom 23. September 1862 trat neben die nationale Zielsetzung die humanitäre der Befreiung der Sklaven. Die politische Rhetorik des Südens setzte dem einerseits das Recht auf Selbstbestimmung der Staaten entgegen, andererseits wurden die feudalen Strukturen der Plantagengesellschaft gegenüber den sozialen Missständen der Industriegesellschaft gerechtfertigt.

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Die Emancipation Proclamation Präsident Lincolns von 1862

Der Norden war dem Süden an menschlichen und materiellen Ressourcen überlegen. Den 22,7 Millionen Menschen im Norden standen neun Millionen (darunter dreieinhalb Millionen Sklaven) im Süden gegenüber. Der Norden besaß beträchtliche Industriekapazitäten und ein entwickeltes Eisenbahnnetz; der Süden war vorwiegend Agrarland, auf die Ausfuhr seiner Produkte und somit auf freien Zugang zu den Weltmeeren angewiesen. Die Strategie des Nordens ging dahin, den Süden durch die Blockade der Seewege vom Nachschub abzuschneiden. Die Bilanz: 800 000 Tote und Verwundete auf beiden Seiten. Der verlorene Krieg, die moralische und wirtschaftliche Vernichtung inmitten einer siegreichen Nation, sollte zum Trauma des Südens werden.

1863

Mit der Emancipation Proclamation Präsident Lincolns von 1862 werden die Sklaven, die sich im Machtbereich der Konföderation befinden, ab dem 1. Januar 1863 für frei erklärt. Das hat für diese Sklaven zunächst nur symbolische Bedeutung. Die formelle Abschaffung der Sklaverei erfolgt 1865 durch das 13. Amendment (= Verfassungszusatz); das 14. und das 15. Amendment (1868) räumen den ehemaligen Sklaven gleiche Rechte bzw. gleiches Wahlrecht ein.

1865–77

Reconstruction in der Nach-Bürgerkriegszeit bedeutet nicht so sehr den Wiederaufbau der zerstörten Wirtschaft des Südens als den Aufbau neuer politischer Strukturen nach den Rezepten des Nordens. Unter Truppenaufsicht werden Schwarze an der Regierung der Einzelstaaten beteiligt, um so das Machtmonopol der Weißen zu brechen. Reconstruction wird bei den weißen Südstaatlern als Rache und Demütigung durch den Norden empfunden. Sie führt letztlich zur Stärkung der konservativen Kräfte im Süden.

1881

Das Tuskegee Institute in Alabama wird als berufliche Bildungsstätte für Schwarze gegründet, und Booker T. Washington wird sein erster Direktor. Noch als Sklave auf einer Farm in Virginia geboren, holt sich Washington sein Wissen am Hampton Institute in Virginia und setzt fortan auf Ausbildung als Weg zum beruflichen Erfolg und zur Verbesserung der Lage der Schwarzen. Indem er sich mit Weißen über diesen Weg zu verständigen sucht, vertritt er in der Rassenfrage eine gemäßigte Linie.

1891

Die Farmer’s Alliance (Farmerbund) erreicht mit drei Millionen Mitgliedern ihren größten Zulauf. Ziel des Bundes ist es, die hoffnungslose Lage der kleinen Farmer – besonders im Süden – durch Einrichtung von Genossenschaften, Reglementierung der Konzerne und Eisenbahnen, Schaffung von Lagerkapazitäten auf dem Lande und die Einrichtung einer Bundeskasse zur Finanzierung der Farmen zu verbessern. Die Farmer erhoffen sich davon, dem jährlichen Zyklus der Verschuldung bei ihren Händlern zu entrinnen.

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Das 15. Amendment (1868), ein Verfassungszusatz von 1868, räumt den ehemaligen Sklaven gleiche Rechte bzw. gleiches Wahlrecht ein

1903

W.E.B. Du Bois veröffentlicht sein berühmtes Buch »The Souls of Black Folk«, eine drastische Beschreibung des Lebens der Schwarzen im Süden um die Jahrhundertwende. Im Gegensatz zu dem gemäßigten Booker T. Washington nimmt Du Bois den Kampf um die Bürgerrechte der Schwarzen ab sofort auf. Er wird Mitbegründer der National Association for the Advancement of Colored People (NAACP) im Jahre 1910 in New York.

1915

In Georgia gründet sich der Ku-Klux-Klan neu, nachdem er bereits 1869 aufgelöst und durch Gesetze von 1870 und 1871 verboten wurde. In den 1920er Jahren schwillt die Mitgliederzahl des Klans auf mehr als zwei Millionen (landesweit) an. Was diese Superkonservativen zusammenführt, sind ein diffuses Nationalgefühl, Misstrauen gegen alles Fremde – ob katholisch, jüdisch oder schwarz – und die Überzeugung von der Vorherrschaft des weißen Mannes. Im Süden betreiben die Klansleute die Einschüchterung der Schwarzen. Sie verprügeln, teeren, federn und lynchen, wenn ein »Nigger« ihrer Meinung nach die Rassenschranken übertreten hat.

1917

J. Frank Norris aus Fort Worth, Texas, gründet die Zeitschrift, die später »The Fundamentalist« heißen wird. Norris gilt als »Vater« des südlichen Fundamentalismus, einer konservativen Richtung im Protestantismus, die gegenüber liberalen Tendenzen jener Zeit ein wörtliches Verständnis der Bibel betont. Zwischen 1921 und 1929 erlassen fünf Südstaaten Gesetze, die die Evolutionslehre an Schulen verbieten. Die Kirchenlandschaft des Südens ist von fundamentalistischen Ideen geprägt.

1919

In Enterprise, Alabama, wird dem Baumwollkäfer ein Denkmal errichtet. Aus Mexiko kommend hatte der Käfer 1892 den Rio Grande überschritten und war alljährlich weiter nach Nordosten vorgedrungen; 1903 hatte er Louisiana, 1907 Mississippi und in den 1920ern Georgia und South Carolina erreicht. Er zwang große Teile der Landbevölkerung zur Abwanderung in die Städte des Nordens und Westens; wer blieb, musste seine Landwirtschaft diversifizieren. Die Baumwollkulturen verlagerten sich in trockenere Zonen mit kälteren Wintern, wie die High Plains von Texas, oder konzentrierten sich auf die besten Böden, wie die des Mississippi-Yazoo-Deltas. Die motorisierten Pflückmaschinen waren auf großen, flachen Feldern besser einzusetzen als in den Hügellandschaften des Alten Südens.

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Denkmal für einen Schädling: Das Boll Weevil Monument in Enterprise, Alabama, ehrt den Baumwollkäfer

1933

Mit dem Agricultural Adjustment Act wird eines der wichtigsten Farmprogramme des New Deal geschaffen. Sie erlösen den Süden aus der Zwangsjacke seiner Monokultur und zum Teil auch aus der Armut. Die Kehrseite sind massive Abwanderung und der Untergang der kleinen Familienbetriebe. Im Rahmen des New Deal von F. D. Roosevelt wird das Gesetz über die Gründung der Tennessee Valley Authority (TVA) unterzeichnet. Es handelt sich dabei um ein gigantisches Regionalentwicklungsprogramm, das ein chronisches Notstandsgebiet um den Tennessee River herum sanieren soll.

1935

Der Roman »Gone with the Wind« von Margaret Mitchell erscheint und wird sofort zum Bestseller. Einerseits knüpft der Roman an den Mondschein-und-Magnolien-Mythos der konventionellen Plantagenromanze an: Er hat seine Southern Belle, galante Kavallerie und treue Sklaven; andererseits werden die Charaktere psychologisch differenziert, Krieg und Nachkriegszeit realistisch und zum Teil brutal dargestellt.

1950

William Faulkner (1897–1962) erhält den Nobelpreis für Literatur. Faulkner ist der Schöpfer einer fiktiven Yoknapatawpha County – mit Hauptstadt Jefferson (alias Oxford) –, die die kollektiven Erfahrungen des Südens repräsentiert.

1955–56

Rosa Parks beweist Zivilcourage, als sie sich im Dezember 1955 in Montgomery, Alabama, im Bus auf einen für Weiße reservierten Platz setzt (vgl. Foto S. 14 o.). Sie wird verhaftet und löst damit eine der folgenreichsten Aktionen der Bürgerrechtsbewegung aus. Der 26-jährige Pastor Martin Luther King aus Atlanta nimmt sich des Falles an und organisiert einen Bus-Boykott in Montgomery. Dank der Ausdauer der schwarzen Bürger der Stadt wird die Rassentrennung im städtischen Busnetz aufgehoben. Der Supreme Court erklärt die Rassentrennung in Bussen 1956 für verfassungswidrig.

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Der Alte Süden in Hollywood: die nachgebaute »Tara«-Kulisse

1957

Martin Luther King und Freunde gründen die Southern Christian Leadership Conference (SCLC) in der Ebenezer Baptist Church in Atlanta – M. L. King wird ihr erster Präsident. Die Organisation sammelt die fortschrittlichen christlichen Kräfte des Südens zum gewaltfreien Widerstand gegen die Rassentrennung.

1963

King führt 200 000 Teilnehmer auf den »Marsch nach Washington«. Dort hält er seine berühmte Rede »I Have a Dream«, in der er seine Vision des Miteinanders der Rassen entwirft.

1964/65

Präsident Lyndon B. Johnson setzt auf Druck der Bürgerrechtsbewegung im Kongress einschneidende Bürgerrechtsgesetze durch.

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Rosa Parks in Montgomery

1965

Martin Luther King und die SCLC setzen sich in Selma, Alabama, gegen Einschränkungen des Wahlrechts für Schwarze ein. Beim ersten Versuch, von Selma nach Montgomery zu marschieren, schlägt die Polizei brutal zu, Filmaufnahmen von Einsätzen erregen im ganzen Land Empörung. Den zweiten Marsch verhindert die Polizei mit friedlicheren Mitteln. Die SCLC ruft die Gerichte um Hilfe an. Diese erklären den Marsch für rechtens. Er wird nun unter dem Schutz von Bundestruppen durchgeführt. Die Abschlusskundgebungen vor dem Regierungssitz in Montgomery bilden den Höhepunkt der Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre. Als King 1968 in Memphis den Kampf der schwarzen Müllarbeiter für höhere Löhne und gewerkschaftliche Rechte unterstützt, wird er ermordet.

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Hier predigte Martin Luther King Jr.

1996

Der Großraum Atlanta erreicht über drei Millionen Einwohner; aber nur knapp 400 000 leben im inneren Stadtbereich. Die Olympischen Spiele nehmen ihren Lauf.

2000

Im September wird James Perkins Bürgermeister von Selma, Alabama: der erste Schwarze in einer für die Bürgerrechtsbewegung wichtigen Stadt.

2005

Hurrikan »Katrina« vernichtet New Orleans und die Golfküste Mississippis und tobt sich in weiten Teilen Louisianas, Alabamas, Georgias und Floridas aus.

2010

Am 20. April explodiert die von der Gesellschaft BP betriebene Ölbohrplattform »Deepwater Horizon« im Golf von Mexiko, gerät in Brand und sinkt zwei Tage später. Wegen der Meerestiefe und der Schwere des Schadens kann die sprudelnde Ölquelle nicht verschlossen werden, was zur größten Umweltkatastrophe in der Geschichte der USA führt. Erst im September wird sie für komplett ausgeschaltet erklärt.

2013

Barack Obama tritt die zweite Amtsperiode an. Joe Biden bleibt Vizepräsident.

2014

Bei den Kongresswahlen gewinnen die Republikaner mit 53 zu 44 Sitzen. Die Demokraten verlieren die Mehrheit im Senat, was Regierungsbeschränkungen für Präsident Obama zur Folge hat.

2015

Als Folge eines beachtlichen Tiefdruckgebietes und des Hurrikans »Joaquín« gibt es im Herbst große Überschwemmungen in weiten Teilen South Carolinas.

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Skyline von New Orleans

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