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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2204

 

Planet der Mythen

 

Im Sternenozean von Jamondi – Perry Rhodan und Atlan ringen ums Überleben

 

Claudia Kern

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

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In der von Menschen und zahlreichen anderen Völkern bewohnten Milchstraße entwickelt sich im September 1331 Neuer Galaktischer Zeit eine kritische Situation: Mörderische Hyperstürme machen die überlichtschnelle Raumfahrt zu einer höchst riskanten Angelegenheit, und in verschiedenen Sektoren der Galaxis bilden sich fürchterliche Sternenbeben aus.

Als in direkter Nähe des Hayok-Sternenarchipels ein ganzer Kugelsternhaufen buchstäblich aus dem Nichts erscheint, ahnen Perry Rhodan und die anderen Führungskräfte der Liga Freier Terraner, dass dies alles nur ein Anfang ist. Und als Lotho Keraete auftaucht, der Bote der Superintelligenz ES, und den Sternenozean von Jamondi erwähnt, wird die Ahnung zur Gewissheit.

Gemeinsam mit Lotho Keraete brechen Perry Rhodan und Atlan, der uralte Arkonide, zu einer Expedition in den unbekannten Kugelsternhaufen auf. Doch ihr Flug scheitert, und die drei Männer landen auf Baikhal Cain. Es ist der PLANET DER MYTHEN ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Im Licht der zwei roten Monde muss der Terraner um sein Überleben kämpfen.

Atlan – Trotz aller Schwierigkeiten versucht der erfahrene Arkonide stets seinen Willen durchzusetzen.

1.

In der Eiswüste

 

Der Donner der Explosion hallte über die nächtliche Landschaft. Eiskristalle klirrten wie Glas, und der Schnee, der von der Druckwelle hoch in die Luft geschleudert worden war, rieselte langsam zurück auf den Boden.

Perry Rhodan spürte, wie die Flocken in seinem Nacken schmolzen, und drehte sich auf den Rücken. Einen Moment lang blinzelte er in den seltsam rötlichen Schnee, dann überwand er seine Benommenheit und setzte sich auf.

Um ihn erstreckte sich eine karstige, schneebedeckte Gebirgskette. Nur die Gipfel und einige Felsen, die aus dem Schnee ragten und dem schneidenden Wind trotzten, waren dunkel.

Hoch über ihnen standen zwei Monde so dicht zusammen am Himmel, das sie ineinander zu fließen schienen. Ihr rotes Licht waberte. Jeder von ihnen war so groß wie der irdische Mond, und Rhodan fragte sich automatisch, was das wohl für die Gezeiten dieser Welt bedeutete.

Neben ihm stand Atlan auf. Rhodan ergriff die ausgestreckte Hand des Arkoniden und ließ sich auf die Füße ziehen.

Der Atem stand als graue Wolke vor seinem Gesicht. Die Luft ließ sich atmen, erschien ihm jedoch etwas dünn. Und sie war kalt, so kalt, dass Rhodan hustete, wenn er zu tief einatmete.

»Minus fünfundzwanzig Grad Celsius«, sagte Atlan, als habe er seine Gedanken erraten, »mindestens.«

Rhodan nickte und sah zurück zu dem Krater, den die Explosion der Silberkugel gerissen hatte. Niemand konnte eine solche Detonationswucht überlebt haben, egal, ob er aus Fleisch und Blut oder aus Metall war.

»Lass uns nach ihm suchen«, sagte Rhodan leise.

Er musste keinen Namen nennen. Außer ihm und Atlan war nur eine Person an Bord gewesen: Lotho Keraete, der Abgesandte von ES, der seltsame Mann aus Metall.

Mit ihm waren sie in dieses System geflogen, hinein in den seltsamen Kugelsternhaufen, um den rätselhaften Veränderungen nachzugehen, die sich überall in der Milchstraße bemerkbar machten. Doch dazu war es nicht gekommen, denn sie wurden selbst Teil dieser Veränderungen, als ihre SERUNS an Bord zu verglühen begannen und Keraetes Körper sich erhitzte.

Technische Probleme hatten nur Minuten später zur Notlandung auf diesem unbekannten Planeten geführt. Rhodan und Atlan waren aus der Silberkugel geschleudert worden, Keraete nicht.

»Die Explosion wird nicht viel von ihm übrig gelassen haben«, sagte Atlan. Seine Haare leuchteten im Mondlicht so rot wie der Schnee. »Wir finden höchstens ein paar Metallreste.«

»Ich weiß.« Rhodan ging auf die Absturzstelle zu.

Bei jedem Schritt durch den knirschenden Schnee sackte er mehrere Zentimeter ein. Die Schuhe, die er trug, waren zwar wasserabweisend, aber die Kälte drang mühelos durch das dünne Material, ebenso wie der Wind durch Hemd und Hose fuhr. Ohne ihre Raumanzüge waren sie denkbar ungünstig gekleidet.

Ein Problem nach dem anderen, dachte Rhodan. Zuerst Keraete, dann sehen wir weiter.

Im dämmernden Licht der Zwillingsmonde wirkte die Landschaft merkwürdig irreal, als wäre sie zwischen Tag und Nacht gefangen. Die Luft war so klar, dass man kilometerweit sehen konnte. Schroffe Berggipfel, lang gezogene Gletscher und endloser roter Schnee – nichts sonst schien es hier zu geben.

Rhodans Blick glitt über die Landschaft hinweg und konzentrierte sich auf die Absturzstelle. Keraetes Überreste mussten sich in der Nähe befinden.

Der Terraner ging einige Schritte weiter und stutzte. Etwas schimmerte ihm entgegen, spiegelte sich im Mondlicht. Für einen Moment glaubte er, es sei die gefrorene Oberfläche eines kleinen Teichs, doch dann kam er näher heran und bemerkte, dass der vereiste Bereich kreisrund war, so als habe man ihn absichtlich angelegt. Er hatte einen Durchmesser von rund fünf Metern.

»Atlan«, sagte Rhodan und ging am Rand der Fläche in die Knie. »Sieh dir das mal an.«

Das Eis verzerrte den Blick und verlieh der Gestalt, die darin eingeschlossen war, bizarre Umrisse. Trotzdem konnte es keinen Zweifel geben, um wen es sich handelte.

»Keraete.« Atlan hockte sich neben Rhodan und strich über das Eis. »Sein glühender Körper muss wie eine Bombe in den Schnee eingeschlagen haben. Er hat den Schnee verflüssigt.«

»Was bedeutet, dass er ebenso aus der Silberkugel geschleudert wurde wie wir auch. Er war bei der Explosion nicht mehr im Inneren.« Rhodan zögerte und betrachtete die dunklen Umrisse unter dem Eis. »Ich kann spüren, dass er noch lebt. Keine Ahnung, wieso, ich weiß es einfach.«

»Ich spüre es ebenfalls.« In Atlans Blick lag die gleiche Frustration, die Rhodan empfand.

Dort unten lag der Bote von ES, der als Einziger etwas über die so genannten Sternenozeane von Jamondi wusste, der möglicherweise über Hilfsmittel verfügte, mit denen sie aus dieser Eiswüste fliehen konnten. All dieses Wissen war nur ein paar Meter entfernt und doch unerreichbar.

»Vielleicht gelingt es ihm, sich aus eigener Kraft zu befreien«, sagte Atlan. Seiner Stimme war anzuhören, dass er selbst nicht daran glaubte.

»Vielleicht.« Rhodan stand auf. »Das werden wir ja sehen.«

Sein Atem hing als Wolke in der Luft. »Die Stelle dahinten zwischen den Felsen sieht nicht schlecht aus. Dort sind wir zumindest vor dem Wind geschützt.«

»Willst du etwa hier bleiben?« Jetzt stand auch Atlan auf. »Das halte ich für keine gute Idee.«

»Es ist wahrscheinlich keine gute Idee, aber die einzig vernünftige. Sollte jemand den Absturz bemerkt haben, wird er hier nach Überlebenden suchen.«

Rhodan hatte mit Widerspruch gerechnet. Seine eigenen Instinkte verlangten von ihm, einen Weg aus der Kälte zu suchen und Schutz zu finden. Doch seine Ausbildung stand dagegen; es erschien ihm nicht sinnvoll, sich von dem Absturzkrater zu entfernen.

Atlan wischte sich Schnee von den Schultern. Die Feuchtigkeit hinterließ dunkle Flecke im hellen Stoff seines Hemdes.

»Vorausgesetzt«, sagte er, »es gibt hier eine Zivilisation, die einen solchen Absturz bemerken könnte. Dafür sehe ich keinerlei Anzeichen. Wir sollten uns auf uns selbst verlassen, nicht auf andere. Deshalb schlage ich vor, dass wir nach Hilfe suchen, und zwar am besten sofort.«

»Ich werde nicht ohne jegliche Ausrüstung durch eine völlig unbekannte Eiswüste marschieren.«

»Und ich werde nicht hier bleiben und auf den Tod warten.«

Atlans Worte hatten den endgültigen, keinen Widerspruch duldenden Unterton, den Rhodan nach all den Jahren nur zu gut kannte.

Und damit, dachte er, hätten wir den ersten Streit.

 

*

 

Perry argumentiert logisch, sagte der Extrasinn.

Atlan ignorierte den Logiksektor, weil er wusste, dass das stimmte. Stattdessen sah er zu, wie Rhodan vor ihm auf und ab ging und all die Gründe aufzählte, die gegen einen Marsch sprachen.

Sie hatten kaum Informationen über diesen Planeten, argumentierte der Terraner, sie wussten nur, dass er eine atembare Atmosphäre und eine erdähnliche Schwerkraft besaß. Es gab keinen Hinweis auf Vegetation, nichts, was auf eine Stadt oder Siedlung in der Nähe schließen ließ. Nicht einmal Tierspuren hatten sie gesehen, und die zwei bis drei Stunden, die ihnen blieben, bevor die Erstarrung und der Tod kamen, würden kaum ausreichen, das Gebirge zu verlassen, geschweige denn einen wärmeren Ort zu finden.

Ein Marsch würde unweigerlich zum Tod führen, ein Ausharren an der Absturzstelle gab ihnen zumindest den Hauch einer Chance.

Allerdings hing diese Chance allein von der Annahme ab, dass es jemanden gab, der den Absturz bemerkt hatte, und dass dieser Jemand die Mittel und die Motivation hatte, nachzusehen, was dort geschehen war.

Und darauf wollte sich Atlan nicht verlassen.

Rhodan beendete seine Argumentation und blieb stehen. Er hatte die Arme um den Körper geschlungen, konnte jedoch nicht verhindern, dass seine Hände zitterten.

Die Kälte bringt uns jetzt schon um, dachte Atlan.

Er glaubte zu spüren, wie sie unaufhaltsam durch seinen Körper kroch und ihn betäubte. Die Erkenntnis, ihr hilflos ausgesetzt zu sein, machte ihn wütend.

»Hörst du mir überhaupt zu?« Atlan blinzelte, als Rhodans Frage die Stille durchschnitt und ihn aus seinen Gedanken riss.

»Ja«, sagte er. »Ich stimme dir nur nicht zu. Die Wahrscheinlichkeit, gerettet zu werden, ist zu gering.«

»Sie ist erheblich größer als die Wahrscheinlichkeit, zu Fuß in ein paar Stunden Hilfe oder Schutz zu finden.« Rhodans Stimme klang verärgert. Er sah hinauf in den roten Himmel, als erwarte er, Lichter zu entdecken. »Aktivität ist nicht immer besser als Untätigkeit«, fügte er ruhiger hinzu. »Es fühlt sich nur so an.«

»Wenn ich das glauben würde, hätte ich auf Larsaf III keine Woche überlebt!« Der Ärger beherrschte jetzt auch Atlans Stimme. »Wir sind auf uns allein gestellt, Perry und wenn wir uns nicht helfen, wird es niemand tun. Einem Terraner fällt es vielleicht leicht, sich fatalistisch in sein Schicksal zu ergeben, ein Arkonide sucht jedoch bis zum Ende den Kampf. Ich ...«

»Eher sucht er bis zum Ende den blinden Aktionismus!«, unterbrach ihn Rhodan. »Nur weil du nicht akzeptieren kannst, dass wir ohne fremde Hilfe keine Überlebenschance haben, willst du auf diese irrsinnige Suche gehen. Sieh dich doch mal um. Hier gibt es nur Eis, Felsen und Schnee! Selbst wenn dich das nicht auf die Idee bringt, dass der Marsch sinnlos ist, dein Logiksektor sollte das begreifen.«

Tut er auch, flüsterte der Extrasinn trocken.

Atlan wandte sich ab. Es war klar, dass weder er noch Rhodan auch nur einen Schritt von ihren Positionen abweichen würden. Zu stark waren ihre Persönlichkeiten und zu unterschiedlich die Erfahrungen, die sie in den langen Jahrhunderten gemacht hatten.

Und während sie neben Lotho Keraetes eingefrorenem, verschwommen wirkendem Körper standen und sich stritten, zog die Kälte mit jedem Atemzug das Leben aus ihnen heraus. Sie hatten keine Zeit mehr, über ihre Ansichten zu diskutieren, sie mussten handeln.

Worte schaffen Meinungen, dachte Atlan, Handlungen schaffen Tatsachen.

Ohne einen Blick zurückzuwerfen, ging er los, über das Eisfeld hinweg und an den Schneeverwehungen vorbei. Der Gebirgszug wirkte leicht begehbar, der Schnee hatte die meisten Spalten gefüllt und den Weg geglättet.

Atlan hörte, wie Rhodan scharf die Luft einzog. Er wartete auf dessen Reaktion, auf ein paar Worte oder einen Ausruf, aber hinter ihm breitete sich nur Schweigen aus.

»Komm schon«, sagte Atlan so leise, dass nur er selbst sich hören konnte. »Bleib nicht zurück, geh mir nach.«

Er konnte Rhodan weder zwingen, ihm zu folgen, noch konnte er ihn überzeugen. Seiner eigenen festen Ansicht, dass nur der Tod zur Absturzstelle kommen würde, stand der ebenso unerschütterliche Glaube an das langsame Sterben auf dem Marsch ins Nichts gegenüber. Wenn Rhodan beschließen sollte, sich ihm anzuschließen, würde er das aus Freundschaft, nicht aus Vernunft tun.

Und auf diese Freundschaft verließ sich Atlan, denn allein war sein Weg hoffnungslos.

Er erkannte erst, wie angespannt er auf Rhodans Entscheidung gewartet hatte, als der alte Freund einen ebenso kurzen wie lauten Fluch ausstieß und Schnee unter seinen Schritten zu knirschen begann.

Atlan drehte sich nicht zu ihm um, sondern atmete nur einmal durch. Gemeinsam hatten sie eine Chance.

 

*

 

Süden.

Das Wort allein vermittelte die Illusion von Wärme, und so hatten sie beschlossen, sich von Atlans Logiksektor in diese Richtung führen zu lassen. Möglicherweise bewegten sie sich nur tiefer in die Eiswüste hinein, aber eine große Rolle spielte die Richtung ohnehin nicht. Das Ende dieser Klimazone lag Tage oder Wochen entfernt, aber ihnen blieben nur Stunden.

Ihre Lage war beinahe hoffnungslos.

Rhodan griff nach dem Kragen seines Hemdes und klappte ihn hoch. Es war eine sinnlose Geste, aber so, wie der Süden sie mit seinem Versprechen auf Wärme lockte, vermittelte der Stoff ihm den Eindruck, er könne sich zumindest ein wenig vor dem schneidenden Wind schützen.

Zum vielleicht hundertsten Mal glitt sein Blick zum Himmel, suchte nach Kondensstreifen, Positionslichtern oder einem anderen Hinweis auf eine Zivilisation. Einmal hatte er geglaubt, einen Vogel zu sehen, doch der hatte sich als Wolkenfetzen am Horizont herausgestellt. In der roten Dämmerung ließen sich Entfernungen nur schwer schätzen.

Der Terraner hob die Hände vor den Mund, formte sie zu einem Trichter und blies hinein. Die Wärme seines Atems strich über die Handflächen und verpuffte. Seine Finger waren so steif und gefühllos, dass er sie kaum noch bewegen konnte.

Obwohl das Gebirge immer unwegsamer wurde und sich an manchen Stellen tiefe Spalten und loses Geröll unter dem Schnee verbargen, konzentrierte er sich kaum noch auf den Weg. Seine Gedanken glitten beinahe hypnotisch zu jenem Moment in der Silberkugel zurück, als er sich zu dem glühenden Keraete gebeugt hatte, um dessen Worte zu verstehen.

Die Hitze war so intensiv gewesen, dass er geglaubt hatte, seine Haut müsse Blasen werfen. Wenn er die Augen schloss, spürte er die Hitze auf seinem Gesicht und roch sein angesengtes Haar. Die Erinnerung daran war so entfernt wie ein Traum.

Er war allein ...

Rhodan blieb stehen und blinzelte irritiert. Er hatte nur kurz die Augen geschlossen, nicht mehr als einen Moment, doch Atlan, den er eben noch vor sich gesehen hatte, war verschwunden.

Mühsam brachte der Terraner seine Gedanken zurück in die Gegenwart. Die Kälte tötete nicht nur seinen Körper, sie lähmte auch seinen Geist.

»Atlan?«

Eiskristalle rieselten in dünnen Bahnen von den Felsen und wehten über die Schneedecke hinweg. Ein hohes Klirren, als würden Millionen Glassplitter gegeneinander reiben, lag in der Luft. Der Wind rauschte und ließ Rhodans Augen tränen. Er spürte, wie die Flüssigkeit auf seinen Wangen gefror.

»Atlan?« Sein Blick irrte umher.

Die Fußspuren des Arkoniden führten auf einen schmalen Pfad zwischen zwei Felsen zu. Anscheinend hatte er sich weiter entfernt, als Rhodan bemerkt hatte. Unwillkürlich tauchte die Frage in seinen Gedanken auf, wie lange er wohl mit geschlossenen Augen im Schnee gestanden hatte. Wohl mehr als nur einen Moment.

Seine Beine waren steif, die Muskeln hart wie das Eis, das ihn umgab. Es war, als wolle die Landschaft ihn zu einem Teil ihrer selbst machen. Er machte einen ersten Schritt, dann einen zweiten. Müdigkeit zog bleiern an seinen Gliedmaßen.

Wenn ich einschlafe, werde ich sterben, dachte er.

Der Gedanke gab ihm neue Energie, aber er wusste nicht, wie lange der Wunsch zu leben den Wunsch zu schlafen besiegen würde.

Atlans Fußspuren führten zwischen den Felsen hindurch. Kurz dahinter stoppten sie und knickten dann scharf nach links ab.

Rhodan hob den Blick. Die Landschaft verschwamm, wurde dann klarer.

Ein Stück entfernt ragten Äste aus dem Schnee und einigen flachen Felsen. Rund dreißig Stück standen in Zweierreihen nebeneinander. Es war unwahrscheinlich, dass eine solche Regelmäßigkeit zufällig entstanden war. Kein Wunder also, dass Atlan den Weg verlassen hatte, um sich das anzusehen.

Rhodan ging auf die Äste zu. Sie waren kahl und neigten sich aufeinander zu, als wollten sie Tore bilden. Das rote Licht erschwerte es, ihre Farbe zu schätzen, aber sie wirkten hell wie Birkenholz. Ihr Anblick erschien ihm merkwürdig vertraut.

Er trat einen Schritt zurück und stutzte. Die Äste und einige der flachen Felsen um ihn herum schienen zusammenzugehören, bildeten eine Art Muster. Er wischte sich mit gefühllosen Fingern über die Augen und zwang seinen Geist zur Konzentration.

Das ist kein künstlich angelegter Wald, erkannte er. Das ist ein Skelett.

Der Gedanke verwandelte die Äste in Rippen und die Felsen in Wirbel. Ein Tier, so groß wie ein Wal, war hier gestorben. Zermalmte und zerbissene Knochen erzählten von seinem gewaltsamen Ende.

Rhodan streckte die Hand nach dem Rippenbogen aus. Die Knochen waren so morsch, das sie unter seiner Berührung nachgaben. Das Skelett lag vermutlich schon seit Jahren hier.