cover

image

Das Wissen dieser Welt aus den Hörsälen der Universitäten.

Fachbereich PHILOSOPHIE

Freiheit

Von Prof. Wilhelm Vossenkuhl

Fasst jeder von uns hat irgendwann in seinem Leben den Satz oder die Behauptung aufgestellt:

„Ich kann machen, was ich will.“

Stimmt das? Und was heißt das eigentlich, „Ich kann machen, was ich will?“

Fragen wir doch zuerst einmal, was heißt eigentlich „Wollen?“

Was ist eigentlich gemeint, wenn wir sagen:

„Ich will nächstes Jahr nicht mehr nach Mallorca?“

„Was“ will ich? Will ich tatsächlich nach Mallorca? Will ich Urlaub machen, oder will ich lieber noch Geld verdienen und keinen Urlaub machen?

Und dann natürlich „kann“ ich das überhaupt?

Wir hätten drei verschiedene Dinge zu besprechen, wenn es um den freien Willen geht?

„Ich kann machen, was ich will“ – einmal, „Wie geht das eigentlich, wenn ich was will?“, also, „Was will ich?“ – und schließlich „Kann ich das eigentlich?“

Wer würde nicht gerne so fantastisch Fußball spielen wie Beckenbauer in seiner Glanzzeit. Aber mit dem Können da hapert es. Oder der überzeugte, hingebungsvolle Konzertgänger, der würde doch denken:

„Meine Güte, so spielen zu können, wie der große österreichische Pianist Alfred Brendel, was würde ich drum geben, aber es geht eben nicht.“

Manch anderer würde vielleicht einfach nur lieber Italienisch oder Französisch oder Englisch sprechen können. Das kann man wahrscheinlich eher lernen, also Sprachen erwerben, das geht, das können fast alle – irgendwie. Der eine ist vielleicht mehr oder weniger begabt, aber wenn man sich doch entsprechend in die Sache hinein hängt, dann geht es.

Mit der Musikalität ist es so eine Sache und mit dem Fußball sowieso. Wahrscheinlich ist die Begabung im Fußball noch viel seltener als die Musikalität. Aber das sind Spekulationen. Zurück zum „Wie“, „Was“ und „Können wir es“?

Wie ist das mit dem „Wollen“ zu verstehen. Stellen Sie sich vor, Ihr Freund Oskar lädt Sie in die Kneipe um die Ecke ein und Sie trinken zusammen das eine oder andere Glas Bier und besprechen so die wichtigen Dinge des Lebens. Sie gucken dann irgendwann mal so ab Elf auf die Uhr und denken sich: „Meine Güte, langsam wird es Zeit, die S-Bahn fährt oder die U-Bahn. Und ich muss doch morgen früh wieder raus“. Da geht es darum, was mache ich jetzt? Oskar sagt: „Komm, jetzt trinken wir noch ein Glas Bier.“ Der Abend ist noch früh, der Oskar ist ein Spätaufsteher, er kann es sich leisten, aber ich nicht. Also muss ich mich entscheiden. Ich kann jetzt noch ein Glas Bier trinken oder nicht. Da ist die Frage: „Wie geht das eigentlich – das Wollen?“ Es geht nur, indem ich mich entscheide. Ich muss „Hüh“ oder „Hot“ sagen, ich muss „a“oder „b“ wollen, aber ich kann nicht beides wollen. Also „Wie“ heißt, ich muss mich vielleicht sogar gegen mich selbst durchsetzen und sagen: „Mensch komm, ich kann den Oskar nächste Woche wieder sehen, jetzt gehe ich nach Hause, jetzt trinke ich kein Bier mehr. Ich möchte einfach früh ins Bett.“

Vom „Wie“ zum „Was“. Bleiben wir beim Bier, das Beispiel ist nicht schlecht.

Will ich überhaupt Bier trinken oder will ich nicht vielleicht jetzt Mineralwasser trinken? Vielleicht weil ich gehört habe, wenn man ungefähr genauso viel Mineralwasser wie Bier trinkt, gibt es keine Kopfschmerzen. Eine tolle Sache. Also werde ich vielleicht einfach zwischendurch mal ein Mineralwasser trinken. Beim Urlaub ist es ähnlich. Muss ich denn immer nach Mallorca oder kann ich nicht mal in den Bayerischen Wald fahren oder vielleicht zu Hause bleiben? Die Pflanzen auf dem Balkon gießen? Lesen, Musik machen? Die Frage ist also: „Was?“

Ähnlich wie beim „Wie“ ist es eine Frage der Entscheidung. Ich muss „Hüh“ oder „Hot“ sagen. Aber, und jetzt kommen wir zum Dritten, zum Können. Nicht immer ist es damit getan, dass ich „Hüh“ oder „Hot“sage, denn wie eben schon bei Beckenbauer und Brendel angedeutet, ich kann ja gar nicht alles.