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Table of Contents

Tödlicher als Hass

Was dir bevorsteht

Klinge

Haare

Arie

Schokolade

Verdammnis

Göttin

Bestrafung

Perücke

Liebe

Schneewittchen

Versuchung

Herz

Sünde

Hexe

Erbsen

Fee

Entscheidungen

Geschenk

Wenn dir die Geschichte gefallen hat,

Außerdem empfehlen wir dir …

Kris B. …

Impressum

Tödlicher als Hass

/ London Crimes

Psycho-Krimi

von Kris B.

 

 

 

Die gefeierte Opernsängerin Kyra Callahan wird tot aufgefunden - ermordet in ihrer eigenen Wohnung mitten im idyllischen Stadtviertel von Belsize Park. Rick London glaubt nicht an die einfachen Erklärungen, denen seine Kollegen folgen wollen. Gemeinsam mit Kyras Ehemann macht er sich daran, den wahren Täter zu finden - bis ihm der Fall entzogen wird. Rick gerät aus dem Gleichgewicht ...

Klinge

Mailand

 

Mit verspannten Schultern hielt Stefano Moretti still, während seine Mutter ihm den Kopf rasierte. Nach all den Jahren, in denen er die wöchentliche Demütigung über sich hatte ergehen lassen müssen, litt er immer noch seelische Qualen. Er hasste das Kratzen der Klinge, er verabscheute die Wärme des Schaums, der seine Schläfen hinunterrann. Mit gesenktem Blick saß er auf dem wackeligen Hocker vor dem Waschbecken und erduldete Mamas unvermeidlichen Monolog, der seine Abscheulichkeit erbarmungsloser reflektierte als der Badezimmerspiegel.

»Vergib mir, Herr, denn ich habe gesündigt. Nur ein einziges Mal. Tief bin ich gefallen. Und nun sieh dir meinen Sohn an, die Inkarnation meiner Sünden. Täglich tue ich Buße, indem ich ihn liebe, auch wenn er hässlich ist, wie meine Sünde es war. Wird mir denn nie vergeben?« Sie bedeckte seine Stirn mit bitteren Küssen.

Der Junge schlang die Arme um seine knochige Brust und versuchte, nicht hinzuhören. Wenn es wenigstens ein Freitag wie jeder andere wäre. Aber Nonna Lucia, seine Großmutter, wollte heute Abend mit ihm ausgehen, ausgerechnet in die Scala, wo er sich inmitten des edlen Marmors, eingekeilt von schönen Menschen, noch tausendmal hässlicher fühlen würde. Ein glatzköpfiger, dürrer Junge mit deformiertem Kinn, fleckigen Zähnen und einer Haut wie Pergament.

Als Mama endlich fertig war und die Klinge abtrocknete, kam Nonna Lucia mit Haarnadeln zwischen den Lippen ins Bad. Sie ringelte ihren langen, grauen Zopf zu einem Knoten, hielt ihn mit einer Hand und arbeitete bedächtig mit der anderen die Haarnadeln an strategisch wichtigen Stellen ein. Mit der letzten Nadel deutete sie auf ihn, während sie zu Mama sagte: »Du hast seit Jahren nicht versucht, seine Haare wachsen zu lassen. Vielleicht sind sie inzwischen voller.«

Mama packte den Rasierer weg, sorgfältig und mit ritualisierten Bewegungen, so wie sie alles tat. »Ich kann den Anblick nicht ertragen. Dieser erbärmliche Flaum! Wie ein von der Katze zerrupftes Vogeljunges sah er damit aus.«

Nonna fuhr ihm mit der Hand über den Kopf. Ihre sanfte, weiche Berührung entspannte Stefano. »Ist mein kleiner Prinz fertig?«

»Si, nonna

Mit dem rauen Handtuch wischte Mama die zärtliche Geste fort. »Steh auf, caro, damit wir dich anziehen können.«

»Er ist alt genug, sich selbst anzuziehen.« Nonna Lucia sagte solche Sachen oft, und Mama ignorierte sie stets.

Mama half ihm in ein gestärktes Hemd. Nonna verließ das Bad, kam aber kurz darauf zurück. Sie hielt etwas hinter dem Rücken.

Mama band Stefano eine schwarze Fliege und murmelte dabei: »Je eleganter man ihn kleidet, umso abstoßender sieht er aus.«

Nonna lächelte gutmütig. »Sprich nicht so gemein von meinem kleinen Prinzen. Gleich werden wir ihn verwandeln.« Sie brachte einen Hut zum Vorschein. Mit einem fröhlichen »Ecco« platzierte sie ihn auf dem Kopf des Jungen. Dann nahm sie ihn bei den Schultern und drehte ihn zum Spiegel. Er erkannte sich kaum wieder. Fast wie ein Mann sah er aus, auch wenn er für sein Alter klein und schmächtig war.

»Grazie, nonna

Mit ernstem Gesicht knöpfte er die Jacke zu und folgte seiner Großmutter durch den engen, dunklen Flur zum Laden, wo Onkel Ettore gerade das Geld in der Kasse zählte. Moretti war ein Süßwarenladen, klein, verwinkelt, mit dunklen Regalen voll handgemachter Pralinen in geprägten Metalldosen und bunten Schachteln. Wenn Nonna Lucia in der überladenen Küche an ihren Kreationen arbeitete, Füllungen anrührte, Nüsse und Kaffeebohnen mahlte oder Sahne aufkochte, saß Stefano gerne dabei und sog die Düfte ein.

»Buona notte, zio Ettore«, sagte er und tippte an die Krempe seines neuen Hutes.

Sie gingen durch den Parco delle Basiliche, was wie immer eine Ewigkeit dauerte, weil seine Großmutter mit jedem, dem sie begegnete, ein paar Worte wechselte. Durch ein Labyrinth aus Gassen gelangten sie schließlich auf die Piazza del Duomo. Es wurde langsam dunkel. »Die Abenddämmerung«, pflegte Mama zu sagen, »ist die Zeit der verlorenen Seelen. Sie versuchen nach denen zu greifen, die auf offenen Plätzen stehen.«

Stefano beschleunigte seine Schritte, fest an Nonnas Hand geklammert, bis sie am Ende der Schlange vor dem Theater angekommen waren. Als sie sich endlich ins Foyer vorgearbeitet hatten, stockte Stefano der Atem vor so viel Pracht.

»Schau, caro, das wird heute Abend gezeigt. Es sind drei Einakter von Giacomo Puccini. Il Trittico

Er folgte mit dem Blick Nonnas ausgestrecktem Zeigefinger und sah drei Plakate in goldenen Rahmen. Das erste zeigte unter der Überschrift Il Tabarro zwei Menschen mit weit aufgerissenen Mündern, eine lächerliche Pantomime herzergreifenden Gesangs. Suor Angelica verkündete das zweite Plakat, auf dem ein bärtiger Mann mit rundem Bauch und ausgebreiteten Armen zu sehen war. Auf dem dritten Plakat stand Gianni Schicchi. Sein Blick blieb darauf haften. Im Bruchteil einer Sekunde geschah eine Verwandlung. In einer Geste der Ehrerbietung nahm Stefano den Hut vom Kopf und entblößte seinen kahlen, blassen Schädel.

Das Plakat zeigte eine Frau von so reiner, engelsgleicher Schönheit, dass Stefano ihren zarten Gesang schon jetzt zu hören glaubte. Klare blaue Augen blickten tief in seine zerrissene Seele. Goldenes Haar reflektierte einen Glanz, der aus dem Jenseits zu kommen schien.

Stefano Moretti hatte sich verliebt, zum ersten und einzigen Mal in seinem Leben.

Haare

London, 15 Jahre später

 

Frederick London konnte mit dem sonnigen Morgen nichts anfangen. Seine Stimmung entsprach der eines trüben Novembertages. Ein gnädiger Nebel hatte sich über seinen Schmerz gelegt. Er saß eingesunken am Küchentisch, trank in kleinen Schlucken lauwarmen Kamillentee und dachte nie mehr als zwei Worte in Folge, um die grauenvollen Erinnerungen nicht zu neuen Angriffen auf seine Seele anzustacheln.

Es war keine zwei Tage her, dass er einen Mordfall aufgeklärt hatte. Dabei waren er und seine Nichte Cece jedoch in eine Geiselnahme geraten. Da erst war es Rick bewusst geworden, wie sehr Cece seine Tochter war — zwar nicht biologisch, aber emotional. Zu keinem anderen Menschen hatte er je eine so enge Bindung gehabt, nicht einmal zu seinem Lebensgefährten Michael, der an Krebs gestorbenen war. Liebe hatte viele Gesichter und kannte viele Wege, einem weh zu tun.

Rick hatte Cece, die Tochter seines älteren Bruders Brian, von ihrer Geburt an geliebt, als wäre sie sein eigenes Kind. Ein Grund war gewesen, dass er selbst vermutlich nie Kinder haben würde. Eine größere Rolle hatte jedoch die Tatsache gespielt, dass Brian gefühlskalt und zynisch war, was er hinter frommem Getue geschickt zu verbergen verstand. Niemals hätte er Windeln gewechselt oder Gutenachtgeschichten vorgelesen. Onkel Rick war nur zu gerne als Ersatzdaddy eingesprungen. Und Jean, Ceces Mutter, hatte zu sehr unter Brians Einfluss gestanden, um Cece mit all der Zärtlichkeit und Hingabe zu lieben, die ein Kind brauchte, um zu gedeihen.

Es war alles ganz selbstverständlich gewesen, bis zu dem Moment, als Cece in Lebensgefahr geraten war und Rick mit einem Mal wusste, was er zu verlieren hatte: ein nicht ersetzbares Stück seiner selbst.

Wenn er jetzt wenigstens die Zeit gehabt hätte, mit sich und seinem Gefühlschaos ins Reine zu kommen. Aber das war ihm nicht vergönnt. Jean war gestern aus Dublin eingeflogen. Ein Blick von ihr hatte genügt, um Rick spüren zu lassen, wer in ihren Augen die Schuld daran trug, dass ihre Tochter nur knapp dem Tod entronnen war. Also hatte Rick seiner Schwägerin den Platz an Ceces Krankenhausbett überlassen und war so lange spazieren gegangen, bis er müde genug war, um trotz allem ein wenig zu schlafen.

»Guten Morgen, Rick.«

Er fuhr zusammen und verschüttete etwas Tee. Jean stand in der Küchentür, klein, resolut, mehr Platz einnehmend, als man ihr zutraute. Cece hatte ihre Mutter einmal treffend als »zierliche Matrone« beschrieben. Rick rieb sich die Schläfen. »Wie geht es Cece inzwischen?«

»Sie ist immer noch der gleiche Sturkopf. Sie hat sich standhaft geweigert, mit mir nach Irland zurückzukommen, und das nach allem, was passiert ist. Du hast ihr all die Flausen in den Kopf gesetzt. Dass sie Erfolg haben kann, dass sie eine berühmte Autorin wird. So ein Schwachsinn.« Jean ging zur Küchenzeile und lehnte sich gegen die Arbeitsplatte. Mit verschränkten Armen stand sie da, so verschlossen und abweisend, als wäre Ricks Anwesenheit in seiner eigenen Küche eine der vielen Prüfungen, die das Leben ihr auferlegte. »Wenn ich es schaffe, sie deinem schädlichen Einfluss zu entziehen, wird sie endlich eine vernünftige Ausbildung machen.«

»Wenn man so kreativ ist wie Cece, dann ist es das einzig Vernünftige, aus diesem Talent etwas zu machen«, widersprach Rick ohne Nachdruck. Er hatte nicht die Kraft für eine Grundsatzdiskussion, die er sowieso nicht gewinnen konnte.

»Ich hätte ihr nie erlauben sollen, dass sie zu dir nach London zieht. Diese Stadt ist der reinste Sündenpfuhl.«

Eine Reihe provozierender Antworten gingen Rick durch den Kopf. Cece hatte niemanden um Erlaubnis fragen können, als sie nach London kam. Sie hatte keine andere Wahl gehabt. Aber das hatte Jean anscheinend verdrängt. »Sie ist alt genug, um für sich selbst zu entscheiden«, sagte er stattdessen.

»Schreib mir nicht vor, wie ich mein Kind zu erziehen habe.«

Rick zwang sich, gelassen zu bleiben, zumindest nach außen hin. »Möchtest du Frühstück?«

»Lass die Ablenkungstaktik. Damit kannst du deine Kriminellen einlullen, aber nicht mich.« Jeans Augen — so dunkelgrün wie Ceces, aber nicht so leuchtend und lebendig — glühten vor innerem Zorn, den Rick als das erkannte, was er war: schiere Hilflosigkeit. Wenn Jean jemals in ihrem Leben etwas vom Umgang mit ihren eigenen Gefühlen verstanden hatte, so hatte die Ehe mit Brian es zunichtegemacht. »Du hast zugelassen, dass ein durchgedrehter Killer sie als Geisel nimmt«, sagte Jean. »Nur weil du in deinem Beruf ständig mit dem Abschaum der Menschheit zu tun hast, ist sie da hineingeraten.«

Rick London presste die Fingernägel in seine Handflächen. »Du verdrehst die Tatsachen völlig. Cece ist wegen einer Verabredung mit ihrem Lektor dort gewesen. Und wenn ich nicht aufgekreuzt wäre, wäre sie jetzt ... ich meine ...« Er konnte es nicht aussprechen. Nicht einmal denken. Wenigstens für den Bruchteil einer Sekunde waren er und Jean auf einer Wellenlänge, denn er sah, dass sie genauso litt wie er, oder sogar noch mehr, da sie verdrängte Schuldgefühle haben musste, die sehr weit zurückreichten. Am liebsten wäre er aufgestanden und hätte sie umarmt, aber sie steigerte sich immer weiter in ihre eigene Version der Geschehnisse hinein.

»Wie hast du das zulassen können?«

Rick sah zum Fenster hinaus. »Es gibt Täter, Opfer und Gesetzeshüter, aber das heißt nicht, dass Polizisten nicht auch zu Opfern werden können.« Oder zu Sündenböcken, fügte er in Gedanken hinzu.

Jean schnaubte. »Und was ist mit diesem Freak, den sie allen Ernstes zu heiraten gedenkt?«

»Alan ist alles andere als ein Freak.«

»Er ist Tänzer. So was heiratet man nicht.«

Rick musste beinahe grinsen. »Dieser Tänzer hat ihr immerhin das Leben gerettet.«

»Das hat Cece auch behauptet. Aber deswegen muss sie mit ihm ja nicht gleich den Rest ihres Lebens verbringen. Er ist so schrecklich smart.«

Rick hob eine Augenbraue. »Smart? Was soll das bedeuten?«

»Zu nett, als dass man ihm trauen könnte.«

Rick wusste, er würde es für immer bereuen, aber er konnte es sich nicht verkneifen. Er musste Jeans Rechtschaffenheit untergraben. Wenigstens dieses eine Mal. »Glaube mir, Jean. Alan ist ein ganz reizender Mensch.« Er trank den Kamillentee aus, der inzwischen eiskalt war, und fühlte sich sofort erfrischt. »Ich muss es wissen, denn ich hatte eine Affäre mit ihm.«

Jean klappte der Mund auf und ein Schwall entsetzten Schweigens ergoss sich in die Küche. »Du machst Witze«, brachte sie schließlich hervor.

Rick stand auf und stellte die Tasse in die Spüle. »Hier ist mein Angebot. Da Cece nicht mit dir nach Irland will, kannst du dafür hier bleiben, solange du es für nötig hältst.« Cece hatte zwar eine eigene Wohnung, aber die war selbst für eine Person zu klein. Da sie im Haus gegenüber lag, war Cece meistens bei Rick, in dessen Arbeitszimmer sie über ihren Manuskripten saß.

»Bei dir? Das würde Brian nicht gutheißen.«

Brian war immer schon homophob gewesen, jedenfalls seit er wusste, dass sein Bruder schwul war. Solche Äußerungen überraschten Rick nicht mehr, aber sie trafen ihn doch empfindlicher, als er vermutet hätte. Er knöpfte sein Jackett zu, um das Unbehagen zu überspielen. »Dann musst du dir eben überlegen, was dir wichtiger ist: Cece über ihr Trauma hinwegzuhelfen oder nach Brians Pfeife zu tanzen.«

Sie hob zu einer Antwort an, wurde aber unterbrochen, weil Ricks Handy klingelte. Er hörte zu, was der diensthabende Sergeant ihm durchgab. »Ich muss los«, sagte er zu Jean. »Eigentlich wollte ich mir ein paar Tage frei nehmen, aber jetzt haben wir einen neuen Mordfall.«

»Da hast du es!«, triumphierte Jean. »Wo du bist, gibt es immer nur Tod und Verderben.«

 

 

Eileen war erst seit ein paar Wochen Simons Frau, aber es gab bereits so etwas wie eine liebgewonnene Routine. Jeden Morgen, wenn er zur London Clinic fuhr, setzte er sie am Caesar ab, dem Tanztheater, bei dem sie als Sekretärin angestellt war. Er bestand darauf, sie immer bis in ihr Büro zu begleiten.

Auch heute wieder das gleiche Spiel. Wie eine Mutter, die ihr Kind nicht allein im Kindergarten zurücklassen will, gluckte er aufs Liebenswerteste um sie herum. »Vergiss nicht dein Training«, erinnerte er sie unnötigerweise. Er öffnete die Schublade mit ihren Vitamin- und Mineralpillen, um zu sehen, ob ihr Vorrat aufgestockt werden musste, und schob ein Fenster hoch, um zu lüften. Sie mochte seine überbehütende Art, die nie erdrückend wurde. Es war fast paradox, aber je mehr er sich um sie kümmerte, desto freier fühlte sie sich.

Sie gab ihm den fünften Abschiedskuss an diesem Morgen und schaltete ihren PC an, damit er sah, dass sie jetzt wirklich zu arbeiten gedachte. Er ging, warf ihr aber von der Tür noch eine Kusshand zu.

Claudia kam hereingeschwebt. »Guten Morgen, Eileen.« Mit ihrem federleichten Schritt, ihren fließenden, blonden Haaren und den zarten Gesichtszügen glich sie einer Elfe. Sie tanzte die Rolle der Bianca in Taming of the Shoe, ihrer bisher erfolgreichsten Show. Seit Monaten spielten sie drei Vorstellungen pro Woche vor ausverkauftem Haus. Nach Tap As You Like It war das die zweite Inszenierung, in der ein Shakespearestück zum Stepptanz-Musical wurde. Der Medienrummel um Taming of the Shoe hatte allerdings hauptsächlich damit zu tun, dass Jessica Warner, der Star der Show, kurz vor der Premiere gekidnappt worden war. Heute würden die Proben für ihre nächste Produktion beginnen, A Midsummer Night’s Tap.

Eileen öffnete die Datei mit der Szenenliste, die Alan ihr am Freitag zum Abtippen gegeben hatte, und druckte sie aus. Claudia war sicher wegen der Liste gekommen.

»Wie war dein Umzug?«, fragte sie. Claudia war gerade mit ihrem Freund Timothy zusammengezogen, den sie während der Ermittlungen zu Jessicas Verschwinden kennengelernt hatte.

»Ziemlich stressig«, sagte Claudia. »Obwohl ich nicht so viele Sachen habe. Das ist der Vorteil, wenn man bei seinen Eltern wohnt. Man hat keine Möbel, kein Geschirr, keine Bettwäsche. Der Nachteil ist, dass Eltern einen umso schwerer loslassen. Meine Mutter will, dass ich sie jeden Tag anrufe. Meinst du, ich sollte das machen?«

»Allerdings, denn wenn du sie nicht anrufst, ruft sie dich an, und das wahrscheinlich zu den unpassendsten Zeiten.«

Claudia seufzte. »Genauso einen Anruf hatten wir heute Morgen. Allerdings nicht von meiner Mutter, sondern von Tims Chef. Es gibt kaum etwas Unromantischeres, als das morgendliche Kuscheln unterbrechen zu müssen, weil dein Freund zu einer Leiche gerufen wird.«

Eileen stimmte in das Seufzen mit ein. Wenn Timothy Blockley einen Mordfall hatte, dann galt das auch für Rick. Und das zwei Tage nach der Geiselnahme, über die sie in der Zeitung gelesen hatte. Eileen nahm die Blätter aus dem Drucker und reichte sie Claudia.

»Ich bin unheimlich aufgeregt wegen der Proben«, sagte Claudia, die sich in einer geschmeidigen Bewegung von ihrem Stuhl erhob. »Was ich dich noch fragen wollte. Könntest du jemanden finden, der morgen Abend meine Ballettklasse übernimmt? Ich habe mir heute etwas die Wade gezerrt und sollte sie schonen.«

»Wenn Alan Lisas Bauchtanzkurs übernimmt, könnte Lisa deine Ballettklasse unterrichten«, sagte Eileen. Wenn Alan den Bauchtanzkurs leitete, schmachteten die Teilnehmerinnen ihn nur so an.

»Danke.« Claudia hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn und ging, nur ein Duft nach Tautropfen auf Lilien blieb zurück.

Eileen war so daran gewöhnt, ständig bei der Arbeit gestört zu werden, dass sie es kaum registrierte, als wenige Sekunden später Alan zur Tür hereinkam.

»Was hältst du davon?«, fragte er und hielt ein Gemälde hoch, auf dem die Ölfarbe noch feucht glänzte. Alan Caesar Widmark, Besitzer des Caesar, Tänzer, Choreograph, Produzent und Tanzlehrer, war in seiner Freizeit ein begnadeter Maler. Nun, eher wild als begnadet, denn auf seinen Werken war alles in schwindelerregender Bewegung. Das hier musste das Plakat für A Midsummer Night’s Tap sein, denn es zeigte Claudia, Jessica, Victor und Alan selbst in ihren Kostümen als Hermia, Helena, Lysander und Demetrius, die einen ausgelassenen Reigen tanzten.

»Perfekt.«

Alan lehnte das Bild an die Wand und ließ sich schwer in den Besucherstuhl sinken. Sein schwarzes Haar war zerzaust, sein Gesicht unrasiert. In seinen Augen sah Eileen etwas, das über schiere Müdigkeit hinausging.

»Stimmt etwas nicht?«, fragte sie.

»Ja, es ist ... das heißt, es ist nichts passiert, aber es hätte ... also ...«

Eileen beugte sich vor. »Um Himmels willen, was denn?«

»Cece wäre beinahe getötet worden. Diese durchgeknallte Psychologin wollte ihr die Kehle durchschneiden.« Er fuhr sich mit zitternden Händen übers Gesicht und dann durch die Haare. »Ich war dabei. Rick und ich — irgendwie haben wir sie rechtzeitig aus der Gefahrenzone bekommen, aber einen Sekundenbruchteil später -«

Eileen brach der kalte Schweiß aus. Davon, dass die Geisel Ricks Nichte war, hatte in den Zeitungen nichts gestanden. »Wie geht es ihr? Ist sie verletzt?«

»Nein, nein, körperlich ist sie in Ordnung. Seelisch war sie auch weitgehend stabil, jedenfalls bis ihre Mutter aufkreuzte.«

»Und Rick? Wie geht es ihm?«

»Ich weiß es nicht. Bei ihm wird die Schockreaktion wohl verzögert auftreten, ähnlich wie bei mir. Gestern Abend fing ich plötzlich an zu weinen und konnte nicht mehr aufhören. Also habe ich gemalt, bis alle Gedanken übertüncht waren.«

»Oh, Alan.«

Eine Weile sahen sie sich nur an.

»Hoffentlich hat Ricks Vorgesetzter genug Einfühlungsvermögen und halst Rick nicht den neuesten Mordfall auf«, sagte sie schließlich.

»Welchen Fall?«

»Claudia erwähnte, dass Timothy heute Morgen rausgeklingelt wurde.« Eileen ging um den Schreibtisch, setzte sich auf Alans Schoß und zog seinen Kopf an ihre Schulter. Sie hatten gemeinsam so viele Krisen gemeistert, dass sie instinktiv wussten, welche Art von Trost der andere gerade brauchte.

Als das Telefon klingelte, löste sich Eileen langsam von ihm, hob sein Kinn an und sagte sanft: »Und jetzt gehst du duschen, rasierst dich und bereitest dich seelisch darauf vor, morgen Lisas Bauchtanzstunde zu übernehmen.«

Alan lächelte. »Du verstehst es wirklich, mir das Gefühl zu geben, dass mein Leben einen Sinn hat.«

 

 

Dank des strahlend blauen Himmels heizte die Stadt sich schon am Morgen langsam auf. Rick steuerte den Wagen, ohne wirklich bei der Sache zu sein, und landete prompt vor dem Krankenhaus. Obwohl ihm klar war, dass er eigentlich zum neuesten Mordfall in Belsize Park unterwegs sein sollte, stieg er aus und stürmte die Treppen zu Ceces Krankenzimmer hoch, wo er vor der Tür kurz stehen blieb, um zu Atem zu kommen, bevor er anklopfte und eintrat.

Cece saß aufrecht im Bett und frühstückte. Ihre Gesichtsfarbe war überraschend gesund, und sie begrüßte ihn mit einem strahlenden Lächeln. Sie war auf dem besten Weg, wieder sein kleines wildes Teufelchen zu werden. Er setzte sich an die Bettkante und sah ihr beim Essen zu.

»Jetzt bin ich pappsatt«, sagte sie schließlich und hielt ihm eine Gabel mit Ei vor den Mund.

»Danke, ich habe keinen Hunger.« Er schob den Tisch mit dem Tablett zur Seite und umarmte Cece.

»Höre ich da ein Zittern in deiner Stimme? Meine Mutter hat dir wohl eine Moralpredigt gehalten, was? Ich habe sie gestern vor den Kopf gestoßen, und das lässt sie jetzt an dir aus.«

»Sie klang heute Morgen tatsächlich etwas gereizt«, kleidete Rick es in diplomatische Worte.

Cece streichelte seine Hände. »Aber was hätte ich tun sollen? Sie bestand darauf, dass ich in den Schoß meiner Familie zurückkehre. Sie hörte einfach nicht auf, mich zu bedrängen, bis ich ihr gesagt habe, dass sie mich in Frieden lassen soll mit ihren Verheißungen eines Paradieses, das für mich oft die reinste Hölle war.« Sie klammerte sich an ihn. »Ich will nicht nach Hause zurück, wo ich mich den ganzen Tag mit ihr herumzanken muss, weil sie möchte, dass ich mich in ein braves kleines Mädchen zurückverwandle.«

Rick London musste lächeln. Cece war nie ein braves kleines Mädchen gewesen. »Mach dir keine Gedanken. Alan wird dich nicht gehen lassen und ich schon gleich gar nicht. Und jetzt mache ich mich lieber aus dem Staub, bevor Jean aufkreuzt und mich dabei ertappt, wie ich ihre Bemühungen zunichtemache.« Er küsste Cece und ging, erfüllt von Erleichterung und neuen Sorgen.

Fünfzehn Minuten später parkte er an der Polizeiabsperrung, die den Tatort sicherte, stieg aus dem Wagen, lockerte die Muskeln und zwang sich, alles, was sich in seinen Gedanken angehäuft hatte, in einen mentalen Müllschlucker zu werfen.

Police Constable Janice Lake stand vor dem Viktorianischen Herrenhaus in Belsize Park, in dem die Leiche gefunden worden war. Sie strahlte Rick an, als wäre er ein alter Freund, den sie seit Jahren nicht gesehen hatte und jetzt unvermittelt in einer Menschenmenge ausmachte. »Sir«, flüsterte sie. »Wo waren Sie?«

»Bei Cece im Krankenhaus.«

»Ich habe versucht, Sie zu decken, aber es wurde langsam brenzlig.«

Sein Vorgesetzter, Detective Chief Inspector Clen Smithhaven, und Detective Sergeant Timothy Blockley erschienen im Hauseingang.

»Wie geht es Ihnen heute, Sir?«, fragte Janice Rick so laut, dass die beiden es mitbekamen. »Ist Ihnen immer noch übel?«

Er verstand und rang sich ein Lächeln ab. »Danke, es geht wieder.«

»Gleich wird es Ihnen wieder schlechter gehen, fürchte ich.« Ein wütender Zug lag um Blockleys Mundwinkel und er knackte geistesabwesend mit den Fingergelenken. »Wenn ich den Mistkerl erwische, der das getan hat, dann garantiere ich für nichts.«

Rick wusste, dass Blockley keiner von denen war, die das Ausmaß an Grausamkeit anhand der Menge vergossenen Bluts beurteilten, darum war er nicht sicher, welche Art Schrecken ihn erwartete. Zögernd folgte er Blockley und Smithhaven ins Haus und die Treppen hinauf. Janice ging hinterher, als wolle sie ihm den Rücken stärken, vielleicht aber auch nur, um ihn daran zu hindern, auf dem Absatz kehrt zu machen und sein Leben einer anderen Leidenschaft zu widmen. »Wer ist das Opfer?«, fragte er.

Es war Smithhaven, der antwortete. »Ihr Name ist Kyra Callahan.«

Rick blieb auf dem ersten Treppenabsatz stehen. »Wie? Kyra Callahan? Die Opernsängerin?« Sofort war ihm ihr Bild präsent: eine grazile Person, anmutig, zierlich, fast nicht von dieser Welt.

»Also, Opernsängerin ist sie bestimmt nicht«, sagte Blockley über die Schulter. »Jedenfalls hat sie nicht das nötige Körpervolumen für eine Opernstimme.«

Rick fühlte einen Anflug von Schwäche und hielt sich am Geländer fest. »Kyra Callahan! Ich habe sie auf der Bühne gesehen. Sie ist göttlich. So eine klare, tragende Stimme. Dabei ist sie höchstens einsfünfzig groß und sehr zierlich. Sie sieht aus wie ein Engel, mit blonden Haaren, die ihr bis zur Hüfte reichen.« Ein bisschen wie Blockleys Freundin Claudia, fiel ihm ein. Ob das dessen heftige Reaktion erklärte? Mit dem Elan eines Schlafwandlers nahm er die nächsten Stufen.

»Wir haben den Rundgang durch die Wohnung bereits ohne Sie gemacht«, sagte Smithhaven in neutralem Tonfall. Rick hörte den enthaltenen Vorwurf trotzdem klar und deutlich heraus. »Es ist eine Maisonette-Wohnung über zwei Etagen. Zwei Schlafzimmer, jedes mit eigenem Bad. Die Tote liegt in ihrem eigenen Bett.«

Das Erste, was Rick im Wohnungsflur bemerkte, war ein aggressiver Geruch. Er wollte Janice fragen, wo der Geruch herkam, aber Blockleys Redefluss war nicht zu stoppen.

»Die Schlafräume sind auf diesem Stockwerk.« Er deutete auf eine Wendeltreppe. »Nach oben geht es ins Wohnzimmer und in die Küche. Alles sehr groß und nobel, mit Säulen, Podesten und verwinkelten Ecken unterm Dach. Kyra Callahan scheint dort kurz vor ihrem Tod mit jemandem Kaffee getrunken zu haben. Aller Wahrscheinlichkeit nach mit ihrem Mörder.« Blockley wandte sich an einige Leute von der Spurensicherung. »Wir brauchen separate Proben vom Kaffee in der halbvollen Tasse, der vollen Tasse und der Kaffeemaschine.«

Einer der Kriminaltechniker warf Rick einen genervten Blick zu. Rick nickte verständnisvoll. Einzelne Proben zu nehmen war die Standardprozedur, das war nicht der Erwähnung wert. Wollte Blockley sich vor Smithhaven aufplustern?

Jetzt steuerte er bereits den Flur entlang. »Machen Sie sich auf das Schlimmste gefasst, Sir.«

So melodramatisch hatte Rick ihn noch nie reden gehört. Stirnrunzelnd folgte er ihm. Auf jeder Seite des Flurs waren zwei Türen. Die zur Linken waren geschlossen, die zur Rechten standen offen. Der Geruch wurde stechender.

Blockley wartete an der ersten Tür, die in ein Schlafzimmer führte, einen sonnigen Raum mit mediterranem Flair: leuchtende Aquarelle, ein begehbarer Kleiderschrank, ein von Glastischen flankiertes Himmelbett.

Das Opfer lag auf dem Rücken, ausgebreitet auf der pfirsichfarbenen Tagesdecke. Die Haut war cremeweiß, der Körper mager mit hervorstehenden Hüftknochen und flachen Brüsten. Ihre Armgelenke und Knöchel waren mit Seidentüchern an die Bettpfosten gefesselt. Kyra Callahans Schädel war kahlrasiert. Ihre blauen Pupillen starrten blicklos ins Leere wie Puppenaugen, ein Eindruck, der durch das Fehlen von Augenbrauen verstärkt wurde. Ricks Blick glitt behutsam über diese Zurschaustellung von Hilflosigkeit; über den zarten Körper, der so einen demütigenden Tod gestorben war; über die glattrasierte Schamregion. Dann verlor sich sein Blick in den Tiefen eines Zypressenhains über dem zierlichen Schminktisch. Rick ertappte sich dabei, wie er überlegte, was man tun musste, um in einem Gemälde zu verschwinden.

Seine Trance wurde jäh unterbrochen, als O’Leary, der Gerichtsmediziner, den Raum betrat, die Tasche mit seiner Ausrüstung fröhlich schwingend. Er war berüchtigt für seinen gutmütigen, aber völlig deplatzierten Humor. Fast erschreckte es Rick, dass er mit seinen kundigen Händen den filigranen Körper der Toten berühren würde.

»Wenn Sie einen Witz machen, wird Blockley Sie pulverisieren«, warnte ihn Rick, mehr um sein eigenes Unbehagen zu überspielen.

O’Leary streifte Latexhandschuhe über. »Witze? Moi? Es gibt kein undankbareres Publikum als euch Kriminalbeamte. Selbst im Leichenschauhaus habe ich mehr Lacher.«

Blockley sagte: »Die Fotos sind bereits gemacht worden. Fangen Sie endlich an.«

Mit spitzen Fingern löste O’Leary den Schal um Kyras linkes Handgelenk. »Ganz gewöhnlicher Doppelknoten«, stellte er fest, dann beugte er den Arm der Toten, maß ihre Körpertemperatur, tastete sie ab. »Sie ist seit mindestens 24 Stunden tot. Eher seit 30. Das bedeutet, dass sie Samstag in den frühen Morgenstunden starb.«

»Todesursache?«, nahm Blockley Ricks Frage vorweg.

Ohne die Tagesdecke zu berühren, hob O’Leary den Körper seitlich etwas an, hob schließlich den kahlen Kopf der Toten. »Kein Blut, keine offenen Wunden, keine Würgemale. Das einzige Anzeichen für Gewalteinwirkung ist ein länglicher Bluterguss am Hinterkopf. Dieser Schlag ist als Todesursache aber nicht heftig genug gewesen, damit kämen nur noch eine Vergiftung, eine Überdosis oder ein Schockzustand in Frage. Falls der Tod auf natürlichem Weg eingetreten ist, hätten wir Herzschlag, Hirnschlag, Atemlähmung und eventuell eine Embolie zur Auswahl.«

»Könnte es sein, dass sie recht früh das Bewusstsein verloren hat?«, erkundigte sich Rick. »Sonst hätte sie doch das Haus zusammengeschrien.« Kyra Callahans Lippen, die er voll und sinnlich in Erinnerung hatte, waren zu einer dünnen Linie verkrampft.

»Es könnte sein, dass sie nach dem Schlag auf den Hinterkopf das Bewusstsein verloren hat.«

Blockley beugte sich vor und versuchte, die bleichen Lippen auseinander zu ziehen. »Wieso geht das nicht?«

O’Leary tat es ihm nach. »Zusammengeklebt, würde ich sagen. Mit Sekundenkleber. Was für eine fiese Art, jemanden zu knebeln. Noch schlimmer war nur diese Sache mit dem Verrückten, der Frauen erst den Mund und dann die Scheide zugenäht hat. Erinnern Sie sich?«

Stille, so dicht, dass Rick glaubte, die Zeit vergehen zu hören, senkte sich herab. In Sekunden glaubte Rick um Jahrzehnte zu altern, weil er nicht mehr die Wut aufbrachte, den Täter zu hassen. Er fühlte sich selbst als Opfer, als Teil dieses traumatischen Geschehens.

Ganz anders Blockley. Der sprühte förmlich Funken, wie von einem Kurzschluss aus Tatendrang und gerechtem Zorn.

O’Leary nickte abschließend. »Ich mache die Autopsie noch heute Vormittag. Wir sehen uns dann, Rick.« Er streifte die Handschuhe ab, nahm seine Tasche und ging.

Einer Autopsie fühlte sich Rick beim besten Willen nicht gewachsen. »Blockley, könnten Sie das übernehmen?«

Smithhaven sah zwischen ihnen hin und her. »Am besten übernimmt er gleich die operative Leitung des Falles. Sie wirken auf mich etwas unmotiviert, mein Bester.«

Rick akzeptierte die Degradierung, ohne auch nur zu zucken. Er fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. »Wo sind Kyras Haare? All die üppigen, langen, blonden Locken?« Auf dem Bett, in der Nähe ihres Kopfes, lagen nur ein paar dünne Strähnen.

Blockley sagte: »Mit den Haaren hat der Täter etwas ziemlich Eigenartiges gemacht. Kommen Sie mit ins Bad, aber halten Sie sich lieber ein Taschentuch vor die Nase.«

Tatsächlich war der Gestank dort unerträglich. Rick London beeilte sich, ein Taschentuch vors Gesicht zu bekommen. Kyras Bad war elegant in Weiß und Schattierungen von Zyanblau gehalten.

Blockley deutete auf die Badewanne. »Da drin«, sagte er, während er sich mit einer Hand die Nase zuhielt.

Rick sah hinein. In einem blauen Eimer schwamm in einer trüben Flüssigkeit etwas, das wie bleicher Seetang aussah. Neben dem Eimer standen drei geöffnete, leere Plastikflaschen, die Reinigungsmittel, Desinfektionsmittel und Flüssigbleiche enthalten hatten. Rick hatte das vage Gefühl, dass hier der Schlüssel zum Motiv lag. Er ging in den Flur zurück und ließ das Taschentuch sinken. »Wer hat die Leiche gefunden?«

»Der Ehemann.« Blockley nickte in Richtung einer der geschlossenen Türen auf der anderen Seite des Flurs.